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Bundestagswahl 2017

Der Steuer-O-Mat zeigt dir, mit welcher Partei dir am meisten Geld bleibt

Die egoistische Alternative zum Wahl-O-Maten.
Foto: imago | mm | images | Neudert

Ein Haarschnitt bei Merkels Friseur: 65 Euro. Ein "London, New York, Paris, Würselen"- Poster: 16,25 Euro. Deine Stimme bei der Bundestagswahl: unbezahlbar? Ob das wirklich so ist, versucht das Portal Steuer-O-Mat auszutesten. "Ist deine Stimme käuflich?", fragen die Macher auf der Seite ironisch. Wer bei der Wahl danach entscheiden will, dass es dem Großteil des Landes am Ende besser geht, wird vermutlich mit Nein antworten. Wer die Bundestagswahl aber lieber im Hamstermodus verfolgt und am Ende einfach nur Geld anhäufen möchte, kann mit dem Steuer-O-Mat herausfinden, welche Partei es ihm ermöglicht, den größtmöglichen Teil seines Gehalts zu behalten.

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Dazu muss der Nutzer nur drei Dinge angeben: das eigene Einkommen, das Einkommen des Ehepartners, falls es einen gibt, und wie viele Kinder er oder sie hat. Der Steuer-O-Mat spuckt dann aus, wie viele Steuern man – im Vergleich zu den aktuellen Steuersätzen – sparen könnte, sollte eine bestimmte Partei ihre Pläne in der kommenden Wahlperiode durchsetzen. Verglichen werden auf dem Portal allerdings nur SPD, CDU und Linke, da die anderen Parteien so unkonkrete Steuerpläne vorgelegt haben, dass die Macher der Seite daraus die Ersparnis für einzelne Menschen nicht ablesen konnten.

Die Versprechen der Linken sind fast immer am lukrativsten

Ein Beispiel: Wer aktuell in etwa das Durchschnittseinkommen verdient (das im vergangenen Jahr in Deutschland bei 3.703 Euro brutto im Monat lag), nicht verheiratet ist und keine Kinder hat, sollte laut dem Steuer-O-Mat die Linke wählen.

Foto: Screenshot steuer-o-mat.de

Für die kommende Wahlperiode haben auch CDU und SPD wieder eigene Steuerkonzepte entwickelt, die sich von den aktuellen Steuersätzen ihrer aktuellen Regierungskoalition geringfügig unterscheiden. Geht man nach den Wahlprogrammen von CDU und SPD, würden Durchschnittsverdiener auch bei diesen beiden Parteien sparen, jedoch deutlich weniger als bei der Linken:

Foto: Screenshot steuer-o-mat.de

Tatsächlich kommt bei dem Test fast immer heraus, dass man die Linke wählen soll, wenn man Steuern sparen will – es sei denn, man gehört zu den Top-Verdienern des Landes. "Die Linke ist anders als die anderen Parteien bei ihrem Steuerkonzept radikal rangegangen", erklärt der Mitgestalter der Seite Björn Waide, der gleichzeitig Geschäftsführer einer Website für Online-Steuererklärungen ist. So plant die Partei deutliche Erhöhungen des Kindergeldes, der monatliche Steuerfreibetrag soll erhöht werden, Spitzenverdiener werden dafür von der Linken stärker belastet.

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Aktuell liegt der Spitzensteuersatz bei 42 Prozent, er muss ab einem Einkommen von 54.000 Euro gezahlt werden. Die Linke will den Spitzensteuersatz um elf Prozentpunkte erhöhen: Ab einem zu versteuernden Einkommen von 70.000 Euro sollen 53 Prozent jedes Euros, der darüber verdient wird, abgegeben werden.

Überraschung: Spitzenverdiener sind bei der CDU gut aufgehoben

Wer allerdings deutlich mehr, zum Beispiel 80.000 Euro brutto im Jahr, verdient, für den ist die CDU die richtige Adresse. Hier gibt es keine großen Neuerungen. Aber die Partei will den Solidaritätszuschlag schrittweise abschaffen und den Spitzensteuersatz erst ab 60.000 Euro geltend machen. Steuern sollen generell nicht erhöht werden.

Foto: Screenshot steuer-o-mat.de

Die Steuerpläne der SPD sind ebenfalls wenig radikal: Die Sozialdemokraten wollen den Spitzensteuersatz auch erst ab 60.000 Euro geltend machen. (Wobei sich die Frage stellt, warum der Spitzensteuersatz nicht schon jetzt erst ab 60.000 Euro fällig ist, wenn beide Parteien der Großen Koalition dafür sind.) Genauso wie die CDU wollen die Sozialdemokraten schrittweise den Solidaritätszuschlag abschaffen. Dafür soll der Spitzensteuersatz linear erhöht werden, sodass er ab 76.000 Euro 45 Prozent und somit drei Prozentpunkte mehr als bisher beträgt.

Auch die Reichensteuer will die SPD anheben. Die Reichensteuer könnte man als den wahren Spitzensteuersatz bezeichnen. Sie wird derzeit ab einem Einkommen von 250.000 Euro im Jahr fällig, betrifft also nur die Superreichen. Alles, was über dieses Einkommen hinausgeht, wird in Deutschland nämlich mit mehr als dem üblichen Spitzensatz besteuert, nämlich mit 45 Prozent.

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Ist deine Stimme käuflich?

Das Problem des Steuer-O-Maten ist, dass die Steuerpläne vieler Parteien momentan noch zu unkonkret sind, um sie auf Einzelpersonen runterzubrechen. Im Wahlprogramm der CDU steht beispielsweise, dass die Partei die Einkommenssteuer um 15 Milliarden Euro senken will. Wer genau durch die Steuersenkungen Geld sparen würde, schreibt sie konkret aber nicht. Ein anderes Beispiel: Die AfD fordert, die progressive Steuer (also ein kontinuierlich mit dem Einkommen steigender Steuersatz) durch Steuerstufen abzulösen. Konkret heißt das oft, dass Geringverdiener stärker besteuert werden. Solange aber keine genauen Zahlen vorliegen, ist das Konzept wenig (an)greifbar. Am Ende kann der Nutzer also nur drei Parteien vergleichen – und selbst bei denen werden nicht alle Pläne berücksichtigt.

Eine weitere Schwäche: Das Portal zeigt nicht, inwieweit die Steuerpläne der Parteien tatsächlich finanzierbar sind. Der Nutzer erfährt nur, wieviel mehr Geld er am Ende zur Verfügung hätte. Im Prinzip könnte eine Partei Steuersenkungen für alle versprechen und würde beim Steuer-O-Mat jedes Mal gewinnen. Dass die Linke beim Steuer-O-Maten für so viele Einkommensklassen gewinnt, könnte für Kritiker darauf hindeuten, dass sie genau dies tut. Das Ziel sei aber auch nicht, den Nutzern die Wahlentscheidung abzunehmen, sagt Björn Waide. Ganz uneigennützig ist das Ganze jedoch nicht: Auf der Seite des Steuer-O-Maten wird seine Firma vielfach durch Links und Twitter-Beiträge beworben. "Wir wollen die Steuerkonzepte greifbarer machen." Denn der Steuer-O-Mat macht aus den Versprechen der Parteien zumindest eine konkrete Zahl. "Die Milliarden-Entlastungen, die dem Wähler versprochen werden, sagen den meisten Leuten nämlich nichts", so Waide.

Am Ende ist das Portal sinnvoll, um einen einfachen Überblick über die Steuerkonzepte der Parteien zu bekommen. Wer auf die Frage "Ist deine Stimme käuflich?" instinktiv mit "Nein" geantwortet hat, der kann die Steuerberechnung einfach für jemanden mit einem geringeren Gehalt durchspielen und sich überlegen, welches Konzept das sozial verträglichste ist.

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