Wie Polygamie die Evolution des Penis verändert hat

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Wie Polygamie die Evolution des Penis verändert hat

Der männliche Kampfesgeist setzt sich in der Anatomie des Phallus fort.

Bild: Shutterstock

Der menschliche Penis ist in seiner Form in der Welt der Säugetiere einzigartig. Er ist im Vergleich zu anderen Primaten relativ groß und dick und besitzt auch keinen Penisknochen. Doch die Form des männlichen Phallus ist nicht zufällig entstanden, sondern hat sich im Laufe der Zeit so an die evolutionären Verhältnisse angepasst, dass er einige für das Überleben der eigenen Blutlinie äußerst praktische Fähigkeiten entwickelte.

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Als erstes büßte das gute Stück dabei möglicherweise seine Stachel ein, die dem Höhlenmenschen noch die besonders schnelle Erregung für einen Quickie versprachen. Heute hält der Mann mit seinem Penis nun ein praktisches und spezialisiertes Werkzeug in der Hand, dessen Eigenschaften kaum einem seiner Besitzer so richtig klar sein dürften.

Doch weder der relativ lange Schaft, noch die eigentümlich geformte Eichel bergen die wahre Besonderheit des Menschenpenis. Der Star der Fortfplanzungshistorie ist der ringförmige Eichelkranz am unteren Teil der Penisspitze. Eine Forschungsgruppe um den Evolutionspsychologen Gordon Gallup von der New York State University fand in einer Studie heraus, dass sich der männliche Kampfesgeist auch während des Geschlechtsverkehrs fortsetzt.

Der Penis dient in der These der Forscher also nicht nur dazu, das eigene Sperma abzusondern, sondern soll gleichzeitig fremden Samen aus dem Körper der Frau entfernen. So hat der Krieg der Spermien das männliche Geschlechtsteil im Laufe der Jahrtausende auf entscheidende Weise geprägt. Dabei fungiert der Eichelkranz wie ein Saugkolben, der fremdes Sperma hinausbefördert.

Bei Experimenten mit einem Latexpenis, einer künstlichen Vagina aus einem Sexshop und einem spermaähnlichen Wasser-Stärke-Gemisch stellten die Wissenschaftler fest, dass ein einzelner Hin- und Rückstoß mehr als 90 Prozent der Stärkemixtur entfernen kann. Ein Penis ohne Eichelkranz bewältigte dagegen gerade einmal 35 Prozent. Vielleicht sollte in diesem Zusammenhang noch angemerkt werden, dass eine Frau nicht innerhalb eines Tages mit mehreren Männern Geschlechtsverkehr haben muss. Sperma überlebt im Körper der Frau mehrere Tage lang und während dieser Zeit hat ein neuer Mann somit evolutionsbiologisch gesehen immer noch die Möglichkeit, seine eigenen Vaterschaftsansprüche durchzusetzen.

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„Wir gehen davon aus, dass es sich bei der Entwicklung dieser einzigartigen Form des Penis um eine Konsequenz des Wettkampfes um die Vaterschaft handelt", so Gordon Gallup gegenüber der BBC. Bei Gallups Arbeit handelt es sich um eine biologische Variante des Reverse Engineering, in dem von dem aktuellen Zustand Rückschlüsse auf die Entwicklungsgeschichte und die jeweilige Funktion in den unterschiedlichen Stadien gezogen werden.

Ganz unumstritten ist die Theorie der Evolutionspsychologen jedoch nicht und sie wird von anderen Wissenschaftlern wie beispielsweise dem Urologen Derek Manchin als „weit hergeholt" abgekanzelt oder in die gleiche Schublade wie eine mystische Existenz von Killerspermien gesteckt.

Dennoch lässt sich trotz aller Skepsis eine Parallele zur Fauna herstellen, in der einige Tierarten Mechanismen an ihren Fortpflanzungsorganen aufweisen, die eine ähnliche Eliminierung von Fremdsperma bezwecken. Der Mensch würde sich mit seiner Saugfunktion als grundsätzlich polygame Spezies in die Reihe anderer Lebewesen mit Spermienkonkurrenz einreihen. Einige Libellenarten bedienen sich beispielsweise einer Schaufel am Penis, um die Spuren des Vorgängers zu entfernen.

Ein weiteres Ergebnis der Studie, das aus Umfragen zu ihrer sexuellen Vorgeschichte unter Studenten zustande kam, besagt, dass der Mann beim Sex viel energischer und dynamischer vorgeht, wenn die Frau länger nicht da war oder er sie des Fremdgehens verdächtigt. Unbewusst will der Mann die fremden Hinterlassenschaften möglichst gründlich aus seiner Partnerin entfernen und legt sich ganz intuitiv besonders energiegeladen ins Zeug.

Hat die eigene Ejakulation stattgefunden, zieht der Mann seinen Penis klassischerweise schnell zurück und empfindet eine weitere Stimulation des Geschlechtsteils als unangenehm. Evolutionär gesehen ist das eine logische Folge, denn würde der Mann weitere Stöße durchführen, entfernte er dadurch sein eigenes Sperma aus dem Inneren der Frau.

Allerdings gibt es auch noch einen kleinen Störenfried am männliches Sexualorgan, der die ganze schöne Eliminierungsfantasie durchkreuzt. Es handelt sich dabei um die Vorhaut. Da Gallup seine Versuche mit Latexpenissen durchgeführt hatte, erzielte er hervorragende Ergebnisse in der Saugwirkung, denn Dildos besitzen keine Vorhaut. Ist ein Penis jedoch im Besitz eines solchen Schutzes für die Eichel, was jedes unbeschnittene gute Stück ist, dann puffert dieses kleine anatomische Detail die Rückwärtsbewegung des Penisses ab, indem sie sich hinter dem Eichelkranz aufstaut. Was neben der Befeuchtung und dem Schutz die sexuelle Bedeutung der Vorhaut ist, ist noch eine offene Frage. Doch ein kleines Geheimnis muss der Penis ja auch noch haben.