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Warum die ersten Oscars für Netflix und Amazon eine Zeitenwende markieren

Seit Jahren investieren beide Unternehmen Milliarden in ihre Eigenproduktionen. Jetzt zahlen sie sich aus – wortwörtlich.

Es war die womöglich politischste Oscar-Verleihung der jüngeren Vergangenheit. Im Klima einer angespannten Weltlage nutzte Hollywood die Bühne der 89. Academy Awards, um klare Statements zu setzen: gegen nationale Abschottung, für freiheitlich-demokratische Werte. Abseits pflichtbewusster Trump-Witze durch Moderator Jimmy Kimmel verlief das diesjährige Tête-à-Tête Hollywoods erwartungsgemäß routiniert. Während die Filmwelt jedoch eifrig die Auszeichnungen des hochgelobten Filmmusicals La La Land zählte (es waren derer sechs), spielte sich die eigentliche Überraschung des Abends in drei weniger beachteten Kategorien ab: Erstmals sicherten sich Netflix- und Amazon-Produktionen einen Goldjungen.

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Der iranische Film The Salesman gewann den Titel als bester fremdsprachiger Film, das US-Drama Manchester by the Sea hingegen ging sogar in jeweils zwei Kategorien als Gewinner hervor. Rechteinhaber beider Filme: Amazon. Die Netflix-Eigenproduktion The White Helmets wurde mit dem Preis als bester Dokumentar-Kurzfilm geadelt.

Die Streaming-Anbieter sind Auszeichnungen gewohnt: Produktionen beider Unternehmen wurden bereits mehrfach mit verschiedenen Trophäen prämiert – ein Oscar war bislang allerdings, trotz mehrerer Nominierungen, nicht darunter. Die gestrigen Auszeichnungen sind nun die Bestätigung für jene Anstrengungen, die Netflix und Amazon seit Jahren unternehmen: Den Streaming-Diensten geht es längst nicht mehr nur darum breit aufgestellter Anbieter von Inhalten zu sein, sondern selbst zu Produzenten hochwertiger Filme, Serien und Dokumentation zu werden – und von der Öffentlichkeit dafür anerkannt zu werden. Ein Ziel, das die Konzerne nun endgültig erreicht haben.

Auf welchem Niveau sich Amazon und Netflix inzwischen bewegen, zeigt sich bereits an der hochkarätigen Konkurrenz, die sie vergangene Nacht ausgestochen haben. So gewann The Salesman etwa gegen das international hochgelobte Toni Erdmann, während Manchester by the Sea den Überflieger La La Land in der Kategorie „Bestes Originaldrehbuch" ausstechen konnte.

Doch das ist erst der Beginn einer neuen Qualitätsoffensive. Welchen Stellenwert die Konzerne ihren Eigenproduktionen beimessen, zeigt ein Blick auf die Zahlen: Allein 2017 will Netflix eigenen Angaben zufolge beträchtliche 6 Milliarden US-Dollar in die Produktion eigener Formate investieren, während Amazon im vergangenen Jahr 3,2 Milliarden laut eigenen Angaben in die Hand nahm (zum Vergleich: Die Produktionskosten des aktuellen Star-Wars-Films Rogue One beliefen sich auf 200 Millionen Dollar). Die dadurch geförderten Inhalte sollen den Unternehmen helfen, sich von anderen Anbietern abzugrenzen und mit exklusiven Produkten neue Kunden zu akquirieren. Welchen Einfluss diese Investitionen langfristig auf die Sehgewohnheiten des Publikums haben werden, lässt sich aktuell nur schwer vorhersagen. Wie Statistiken zeigen, sind sowohl die durchschnittliche Fernsehdauer als auch der Kinoumsatz in den vergangenen Jahren in Deutschland konstant. Anstatt alte Medienangebote zu verdrängen, scheinen Video-on-Demand-Dienste diese zu ergänzen. Klar ist jedoch: Beide Streaming-Anbieter sind mit diesem Geschäftsmodell bislang äußerst erfolgreich unterwegs. Netflix baute seine Nutzerbasis als Marktführer im vierten Quartal 2016 um 7,05 Millionen Abonnenten aus, 5,12 davon stammen aus internationalen Märkten. Die Oscars 2017 waren die ersten für Netflix und Amazon. Es werden nicht die letzten bleiben – und je mehr Anbieter sich um hochwertige Produktionen kümmern, umso besser für uns als Zuschauer