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Dein Online-Einkaufsverhalten bestimmt den Preis, den du bezahlst

Bostoner Forscher wollen Licht in die undurchsichtigen Vorgänge zu Generierung von Preisen im Internet bringen.
E-Commerce. Bild: Fosforix, FlickrCC BY-ND 2.0 

Jeder Klick und jede Googlesuchanfrage gibt unserem persönlich generierten Internet ein wenig mehr über unsere Vorlieben preis. So ist es nur ein logischer Schritt, wenn sich meine Angebote im Onlineshopping in mehr oder weniger starken Nuancen von deinen unterscheiden. Oder anders ausgedrückt: Onlinehändler bieten die gleichen Produkte unterschiedlichen Kunden zu unterschiedlichen Preisen an. Das fand eine aktuelle Studie der Northeastern University heraus.

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Die Ergebnisse publizierten die Wissenschaftler vom Institut für Computer and Information Science der Bostoner Hochschule unter dem vielsagenden Titel „Measuring Price Discrimination and Steering on E-Commerce Web Sites" und stellten fest, dass bei Reisewebseiten die größten Unterschiede zu finden waren. Der Anbieter Travelocity beispielsweise berechnete Nicht-iOS-Nutzern einen Aufschlag von zwölf Euro und die Hotelübernachtungen wurden bei Cheaptickets überraschenderweise um knapp zehn Euro teurer, wenn die User nicht auf der Webseite eingeloggt waren.

Alle Bilder aus der Studie von Aniko Hannak

Christo Wilson, Co-Autor der Studie, erklärte bei  CoExist: „Auf kaum einer Seite werden die Ergebnisse nach irgendwelchen objektiven, metrischen Variablen gefiltert. Das ist völlig undurchsichtig." Die Wissenschaftler untersuchten zehn der größten amerikanischen Onlinehändler. Amazon nahmen sie nicht in ihre Forschungen auf, weil dort viele unterschiedliche Verkäufer ihre Angebote einstellen, und Unternehmen wie Apple schlossen sie aus, weil dort nur eigene Produkte angeboten werden.

Für die Untersuchung schickten die Wissenschaftler 300 freiwillige Teilnehmer durch das Netz und erstellten zusätzliche Fake-Accounts als Kontrollelement. Jede Aktion schien eine kleine Auswirkung zu haben: Zum Beispiel, ob du von einem Smartphone oder einem Desktopcomputer aus die Seite besuchst, auch dein Klickverlauf und deine vorherigen Einkäufe spielen eine Rolle. Dass die Preisanzeige lokalisiert erfolgt, wurde bereits belegt. Doch die Forscher wollten noch einen Schritt weiter gehen und andere Faktoren der Preisfestlegung ermitteln—zum Beispiel, welche Server welche Daten verarbeiten.

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Die Grafik zeigt, dass die realen Nutzer weitaus öfter Preisdifferenzen ausgesetzt waren als die Kontrollelemente. Ein Zeichen für die Preisdiskriminierung echter User.

Es ist nicht illegal für ein Unternehmen, unterschiedliche Preise anzubieten, doch besonders fair ist es auch nicht—vor allem, weil die Käufer überhaupt keine Kenntnis darüber haben, wie viel sie jeweils sparen oder draufzahlen. Während ein Rabatt in einem konventionellen Kaufhaus ausgezeichnet oder im Gespräch vereinbart wird, leben wir im Internet in unserer eigenen  Filterblase mit unseren ganz persönlichen Angeboten, die auf undurchsichtig generierten Variablen beruhen. „Es ist ja in Ordnung, wenn ein Unternehmen so vorgehen will, aber dann sollte es auch erklären, nach welchen Faktoren, die Entscheidungen gefällt werden.", so Wilson.

In der Studie kristallisierte sich außerdem ein interessantes Muster heraus. Nicht jeder Onlinekäufer bekam unterschiedliche Preisangebote, doch diejenigen, bei denen das der Fall war erlebten die Differenzen gleich bei einer Anzahl von E-Commerce-Anbietern. Diese Grafik demonstriert dieses Ergebnis:

Die x-Achse steht für die Nutzer und die Punkte in der Grafik stellen dar, wo die Kunden personalisierte Preise von den Unternehmen auf der y-Achse angeboten bekamen. Die vertikalen Linien zeigen nun die Fälle an, in denen ein bestimmter Nutzer auf mehr als einer Seite personalisierte Ergebnisse erhielt.

Wilson hat folgenden Ratschlag für der Suche nach dem besten Preis: Zuerst solltest du dich in die Webseite einloggen und den Artikel suchen, danach stellst du deinen Browser auf Privates Surfen (Inkognito-Modus) und guckst dir den Preis auf diese Weise noch einmal an. Dann überprüfst du auch noch, was dir auf deinem Smartphone angezeigt wird. Natürlich könntest du auch noch zwei oder drei Freunde anrufen und diese um die gleiche Prozedur bitten. Aber das solltest du selbst von guten Freunde nnicht allzu regelmäßig verlangen.

Im Anschluss an ihre Studie möchten die Forscher ein Tool entwickeln, mit dem die Methoden der Verkäufer offen gelegt werden sollen. Leider wird dem Kunden dadurch trotzdem nicht der günstigste Preis angezeigt, doch die Kriterien der Anbieter bei der Preisgestaltung würden dadurch zumindest transparenter. Letztlich kann die Preisdiskriminierung wohl doch wieder nur durch offizielle Regelungen aufgehoben werden.