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Die anti-soziale App Cloak gibt dir deine Real-Life-Privatsphäre zurück

Eine neue App durchsucht deine sozialen Netzwerke nach den Aufenthaltsorten von Personen, die du nicht treffen willst.
Bild: Cloak

Die ultimativ „anti-soziale“ App Cloak, die gestern für iOS veröffentlicht wurde, erscheint auf den ersten Blick als perfektes Beispiel für alles, was in der Start Up-Branche falsch läuft: Statt Kreativität und neuen Lösungen kommt Cloak wie eine weitere Version von schlecht getarntem Data-Mining daher. Auf den zweiten Blick wird aber deutlich, dass die Tarnkappen-App ihren Nutzern eine ganz spezifische Art von Privatsphäre schenkt: Ruhe in der guten alten analogen Realität. Und die App kritisiert im Vorbeigehen auch noch clever die etablierte Praxis des kommerziellen Datensammelns.

Besucher der Cloak-Webseite werden mit dem Slogan „Incognito-Einstellungen fürs echte Leben“ begrüßt. Und das ist mehr als nur ein zynischer Geniestreich. „Gehe deiner oder deinem Ex aus dem Weg, vermeide ungeliebte Mitarbeiter und den Typen, der dich immer voll quatscht—einfach jeden, den du nicht treffen willst,“ heißt es auf der Homepage. „Cloak durchforstet Instagram und Foursquare und lässt dich wissen, wo sich deine ganzen sogenannten „Freunde“ und Nicht-Freunde aufhalten—und das ganze kontinuierlich, so dass du auf keinen Fall zufälligerweise auf jemand unangenehmes triffst. Stell es dir als ein anti-soziales Netzwerk vor.“ (Update: Inzwischen durchforstet Cloak auch Twitter und Facebook, sowie Instagram)

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Das Durchsuchen anderer Apps ist einer der wesentlichen Knackpunkte im Konzept von Cloak. Die App selbst besorgt sich keine Informationen, sondern setzt einfach nur auf die anderen sozialen Dienste auf, die die (un)geliebte Zielperson ohnehin verwendet. „Dein Telefon benutzt die Instagram- und Foursquare-Daten deiner Freunde, nicht wir.“ nehmen die Entwickler von Cloak, Brian Moore und Chris Baker in einer E-Mail dazu Stellung. „Diese Daten befinden sich lokal direkt bei dir, wir bei Cloak können sie nicht einsehen.“

Wir empfehlen die umfangreiche Nutzung von „Hate Follow“.

Damit Cloak einwandfrei läuft müssen Geo-Tags, Posts, Updates und soziale Check-Ins bei Foursquare, Instagram und allen anderen Netzwerken eingeschaltet sein. Das ist die Vorrausetzung für das Funktionieren der Suche—ohne diese Daten oder bei erhöhten Privatsphäreeinstellungen ist Cloak nutzlos. Es ist allerdings nahezu unmöglich, den durchschnittlichen Smartphone-Benutzer dazu zu bringen Geo-Tagging und andere Location-Dienste dauerhaft abzuschalten oder bestimmte Apps (wie z.B. das in Amerika weit verbreitete Foursquare) nicht zu benutzen. Mit Cloak heisst es dann jetzt eben einfach: „Zur Hölle damit, sollen sie doch meine Daten haben.“

„Privatsphäre kann zwei Bedeutungen haben“, sagten mir Baker und Moore. „Ich kann ein Bild von meinem letzten Restaurantbesuch bei Instagram posten und taggen, und finde es absolut in Ordnung, dass alle diese privaten Daten von mir einsehen können. Aber es könnte auch genauso gut sein, dass dabei direkt gegenüber am Tisch meine Ex mit ihren besten Freundinnen sitzt, dann sieht die Sache schon anders aus.“

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Baker und Moore behaupten, dass wir heute an einem Punkt angelangt sind, an dem es ohnehin keine Privatsphäre in sozialen Netzwerken mehr gibt. „Die Menschen posten alles und jeden in sozialen Netzwerken ohne die geringste Befürchtung zu haben“, fügten sie hinzu. „Das ist nichts neues. Alles was Cloak macht ist, dieses Verhalten in den sozialen Netzwerken zu nehmen und etwas mehr Privatsphäre im echten Leben zu bieten.“ Mit dieser cleveren Umdeutung des Privaten geben Baker und Moore zu, dass Privatsphäre in sozialen Netzwerken möglicherweise verloren ist—aber auch, dass sie im wahren Leben noch zu retten ist.

Um Cloaks volle Leistung auszuschöpfen, müssen die Nutzer die Eingaben in den sozialen Medien von den Personen verfolgen, die sie nicht mögen. Das ist das Gegenteil von allem, was wir über soziale Medien denken:

„Wir empfehlen die ausgiebige Nutzung von dem, was wir Hate Follow nennen.“ sagten Baker und Moore. „Foursquare ist großartig für die Hassverfolger, weil niemand diese Daten so sehr im Auge behält wie Instagram.“

Im Gegensatz zur Datensammlung also haben die Cloak-Nutzer ein wachsames Auge auf die, die sie am wenigsten mögen und benutzen schon gesammelte Informationen zur Lokalisierung derjenigen, die sie meiden wollen. Ein eigenes aufwendiges Observieren von Gewohnheiten, Lieblingsplätzen und urbanen Bewegunsmustern ist nicht mehr notwendig.

Baker und Moore betonen ebenfalls, dass Daten für sie kein Geschäftsmodell sind. „Cloak sammelt in keiner Form Nutzerdaten und ganz sicher verkaufen wir keine Informationen—wir bekommen ja sowieso auch gar keine“, so die Geschäftsführer. „Und wir haben auch keine Pläne, das in Zukunft zu ändern“ Als Ergebnis davon sind die Privatsphäreeinstellungen von Cloak ziemlich simpel:

  • Wir werden nie E-Mail-Adressen oder andere Informationen an irgendjemanden weitergeben, leihen, teilen oder verkaufen, außer es ist in den Privatsphäreeinstellungen ausdrücklich erwähnt.
  • Unsere App benutzt deine Instagram und Foursquare Accounts um Lokalisierungsdaten über Personen, die du kennst für dich bereitzustellen. Wir sammeln, sichern oder sehen jedoch keine Informationen über deine Inhalte. Die App arbeitet nur auf deiner Seite, ohne etwas an uns weiter zu kommunizieren.

Obwohl Cloak vielleicht ein wunderbarer satirischer Kommentar ist und in der Praxis für ein wenig mehr Privatsphäre im echten Leben sorgen kann, ist das Zusammenstellen von Daten (auch wenn Cloak es nicht direkt ausführt) kein reiner Spaß. Der einzige Trost ist, dass Cloak für die Nutzer, die ihre Privatsphäre per Foursquare und Instagram freiwillig missbrauchen keine große Gefahr darstellt. Es kann gut sein, dass die Leute Cloak für ein paar Lacher benutzen—nur um dann festzustellen, wie viele ihrer Daten in der Welt überhaupt herumschwirren. Oder sie genießen einfach die Vorzüge des „Hate Follow“.