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Auch Elliot Rodgers digitaler Geist wird noch gemobbt

Es gehört wohl zum Internet, dass auf den Fall eines mutmaßlichen Mörders mehrerer Frauen mit hämischen Memes geantwortet wird.
Bildausschnitt aus der YouTube Botschaft, die seit dem Tod von Elliot Rodger zigfach im Internet diskutiert wurde.

Wenn seine Mitbewohner keine Nerds gewesen wären, hätte es Elliot Rodger leidgetan, sie zu töten. Das schrieb er zumindest in seinem Manifest „My Twisted World: The Story of Elliot Rodger". Weil sie sich aber so verhalten, wie Nerds das eben tun, schrieb Elliot Rodger, „bereue ich diese Aussicht nicht. Tatsächlich würde ich es sogar genießen, sie zu erstechen, während sie schlafen." Nerds scheinen nicht besonders viel Wert zu sein, in Elliots „verdrehter Welt."

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Die Studentinnen der Verbindung von nebenan haben in Elliots Welt zwar auch keinen Wert an sich, aber als Objekte bedeuten sie ihm alles:

„Am Tag der Vergeltung werde ich in das Haus der heißesten Verbindung der UCSB gehen und jede einzelne, verwöhnte, hochnäsige blonde Schlampe schlachten, die ich darin sehe."

Er will sie töten, weil er nie einer Frau nahe gekommen ist.

Elliot Rodgers hat einiges an Material im Internet hinterlassen: Foreneinträge, YouTube-Videos und natürlich das Manifest, dass er seinen Eltern und seinem Therapeuten schickte. Einige seiner Accounts sind noch aktiv und führen im Netz ein seltsames Eigenleben, wie die Facebook-Profile verstorbener Teenager. Nur, dass sein YouTube-Channel noch wesentlich aktiver ist und einiges mehr an Hass und Narzissmus zu bieten hat.

Rodgers Spuren im Netz, seine Chat-Protokolle verraten aber nicht nur, was in seiner eigenen „Twisted Reality" abging, sondern auch, auf welchem Boden diese Ideen gewachsen sind, der Frauenhass, der Rassismus, der trotzige Protz und letztlich der Hass gegen sich selbst.

„Ich habe heute im College einen kleinen, hässlichen Inder in einem Honda Civic gesehen. Er hatte eine heißes, blondes Mädchen auf dem Beifahrersitz. Was um alles in der Welt ist das?!?!?" So eröffnet Elliot Rodger einen Thread auf Bodybuilding.com. „Ich würde 10 mal auf den Mount Everest klettern, nur um so ein Mädchen bei mir zu haben. Ich fahre einen BMW Coupé und ich habe mein ganzes Leben versucht, eine Freundin zu kriegen. Was ist verkehrt mit dieser Welt?" (2)

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Mainstream-fucking-Hollywood

Tja, was ist wohl verkehrt mit deiner Welt, Elliot? Elliot Rodger kommt aus Hollywood, sein Vater war bei „Hunger Games" Regie-Assistent, seine Mutter spielt bei einem französischen „Desperate Housewifes"-Abklatsch mit. In College-Filmen gewinnen zwar immer die Außenseiter, aber die College-Kino-Welt ist doch bipolar, eingeteilt in die coolen, gut aussehenden, wohlhabenden Typen mit den heißen Freundinnen—und die Looser.

Wo passt da einer wie Elliot rein, der Kohle hat, gut aussieht, intelligent ist aber nicht so behandelt wird, wie er es nach den ungeschrieben Gesetzten des College-Films verdient hätte? Schließlich hat er mit 22 Jahren noch nicht einmal eine Frau geküsst. Und das, obwohl ja jeder weiß, dass im College dauernd alle alle flachlegen, wie er in einem seiner Videos sagt.

Das Internet kann wohl nicht anders als in Meme-Manier zu einem Gegenschlag auszuholen.

Hollywood hat darauf keine Antwort. Aber wenn man seinen digitalen Geistern folgt, führen sie in eine Ecke des Internets, in der seine Fragen beantwortet wurden. „MRM" (Men's Rights Movement) steht über dieser Ecke, in der es nach Testosteron, Pisse und verletztem Stolz riecht.

In diese Ecke scheint Elliot Rodger sich wohl zu fühlen, weil er hier als weißer, wohlhabender Student alles Richtig gemacht hat. Die Frauen sind hier die bösen, er hat ja alle Rahmenbedingungen erfüllt. Und trotzdem verwehren sie ihm, was ihm als weißem, wohlhabenden Mann seiner Meinung nach zusteht: Sex.

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Elliot Rodger hat auf „puahate" geschrieben, einem Onlineforum, dass es sich zum Ziel gesetzt hat, die falschen Tricks von Pick Up Artist zu entlarven. Puhate steht für Pick-Up-Artist-Hate. Auf „puahate" hated man allerdings nicht, weil so genannte pick-up-artists in der Regel frauenfeindlich sind, sondern weil Typen wie Elliot Rodger die dämlichen Tricks ausprobiert haben und trotzdem gescheitert sind. Was davon in Elliots Kopf hängen geblieben ist, ist sein „Recht auf Sex" und die Frauen, die ihm das verweigern.

Leider, oder Gott sei dank, ist die „puahate" inzwischen down. Laut „The Harpin" tauchten dort gelegentlich auch Threads auf ,wie "Sind hässliche Frauen für die Gesellschaft komplett nutzlos?" Ein anderer User schlug laut The Harpin vor, übergewichtige Frauen sollten zu Hause bleiben, bis sie einen gesünderen Body-Mass-Index erreicht hätten.

Feminismus ist böse

Die Website Daily Kos hat die Verbindung zwischen Elliot Rodger und den Men's Rights Activists ziemlich schnell herausgearbeitet: Mit seinem YouTube-Channel folgte Elliot der fast historisch beispiellosen Idiotie von „ThePlayerSupremeshow". Das Video handelt von Männern, die vom Feminismus unterworfen wurden. Auch Elliot Rodger schreibt in einem Post auf Bodybuilder.com über Feminismus: „Frauen bestimmen, welche Männer Sex kriegen und welche Männer nicht (…) Feminismus hat Frauen die Macht über die Zukunft der menschlichen Spezies gegeben. Feminismus ist böse."

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Amerikanische Journalisten streiten gerade darüber, welchen Beitrag das „Men's Rights Movement" und „puahate" an Elliots Tat haben. Auf seinen Post, dass er nicht versteht, warum „eine heiße blonde Frau bei einem kleinen Inder im Auto sitzt" sind die Reaktionen im Forum gemischt:

Einige erklären ihm kumpelhaftig-verständnisvoll, dass es nicht nur um Autos und Geld geht, und dass der Inder vielleicht einfach ein supernetter Typ ist und die Blonde deswegen mit ihm abhängt, obwohl er einen Honda Civic fährt. Andere mutmaßen, sie hätte vielleicht eine Geschlechtskrankheit. Wieder andere wollen wissen, wo denn diese Uni sei, in der „phaggots" anderen „phaggots" die Frauen ausspannen. „Ich will da hin … sofort," schreibt 's1ckpsycho', ein Typ, der nach eigenen Angaben im Forum knapp 1,60 groß ist und 80 Kilo wiegt.

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Beitrag von Cold Dead Hands.

Selbstverständlich lief in den USA auch schnell eine Debatte um Schusswaffenbesitz an, die eben auch nicht ohne ein paar obligatorische Pro-Gun-Memes auskommt.

Seinen „Tag der Vergeltung" schien Rodger laut seinem Manifest schon länger zu planen. Zumindest scheint ihn „puahate" in diesem Gedanken aber bestärkt zu haben. Er schriebt, er hätte dort Leute getroffen, „die seinen Hass auf Frauen teilen, aber zu ängstlich sind, um zu handeln."

Elliots Accounts spuken aber nicht einfach so durch das Internet. Trotz allem wird der digitale Geist des Elliot Rodgers noch gemobbt - mit dem gleichen Macho-Selbstverständnis und der gleichen College-Bipolarität von cool und uncool, in der Elliot nie seinen Platz gefunden hat. Auf einem Meme ist Beavis von Beavis und Butthead an einem Grab zu sehen. Auf dem Stein steht: „Hier ruht Elliot. Er wurde niemals flachgelegt."