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Interaktives Ranking: Das sind die wertvollsten Staatsangehörigkeiten der Welt

Wir können extrem zufrieden sein, wenn es nach dem jährlich erhobenen „Quality of Nationality Index“ geht. Doch die Ergebnisse zeigen noch etwas anderes—der zukünftige Schlüssel für so manche Staatsbürgerschaft ist: Geld.

„Es geht uns gut, es geht uns sehr, sehr gut." Das ist keineswegs nur eine Textzeile von Eins, Zwo oder ein optimistisches Mantra, sondern lässt sich in Deutschland an vielerlei Faktoren messen: Die Angst vor dem sozialen Abstieg ist stark gesunken, der Staat hat gerade einen Milliardenüberschuss erwirtschaftet, wir sind Exportweltmeister, Fußballweltmeister, und sogar unsere Pässe sind extrem wertvoll. Nun ist noch eine weitere erstaunliche Kennzahl hinzugekommen, die uns an die weltweite Spitze katapultiert. Das zumindest ist das Ergebnis des Quality of Nationality Index (QNI), der im Juni erstmals von der international tätigen Beratungsfirma Henley & Partners erhoben und in eine interaktive Datenvisualisierung verpackt wurde.

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Dabei wird der „Wert" der Staatsangehörigkeit von insgesamt 161 Nationen mit einer Prozentzahl zwischen 1 und 100 gemessen. Diese Bewertung setzt sich aus zwei Faktoren zusammen: dem internen Wert einer Nationalität, also der Lebensqualität innerhalb der Grenzen des jeweiligen Staates, und dem externen Wert, der aus den Möglichkeiten ermittelt wird, die man mit der jeweiligen Staatsangehörigkeit im Ausland hat.

Für das Jahr 2015 gab es aus hiesiger Sicht ein extrem erfreuliches Ergebnis: Die deutsche Staatsbürgerschaft ist im weltweiten Vergleich die wertvollste—und sie ist es auch in den vier Jahren zuvor gewesen, die Henley & Partners gleich mit auswerteten.

Beim internen Wert schnitt Deutschland dabei vor allem aufgrund hervorragender Werte in den Bereichen politische Stabilität, Gesundheits- und Bildungssystem sowie Lebensstandard im eigenen Land so gut ab. Wer Deutscher ist, hat laut QNI weitreichende Möglichkeiten, seinen Wohnsitz und Arbeitsplatz in andere wirtschaftlich stabile Länder zu verlegen und kann weitgehend visafrei Reisen—die externen Werte für die deutsche Staatsbürgerschaft. Wie schon der Passport Power Rank 2016 des kanadischen Finanzberaters Arton Capital ausgewertet hat, liegt der deutsche Reisepass aktuell gemeinsam mit dem schwedischen an der Spitze der Visafreiheit.

Das Ranking dürfte sich jedoch besonders an Investoren richten, die das nötige Kleingeld haben, um sich in einem Land ihrer Wahl einfach einbürgern zu lassen.

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Die internen Werte des QNI, den Henley & Partners gemeinsam mit dem EU-Experten für Staatsbürgerschaftsrecht Dimitry Kochenov erarbeitet haben, setzen sich dabei aus drei Elementen zusammen: Entwicklung (basierend auf Daten des Human Development Index der Vereinten Nationen), wirtschaftliche Stärke (ermittelt anhand von Daten des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank) und dem Faktor „Frieden und Sicherheit" (basierend auf Erhebungen des Global Peace Index).

Die interaktive Datenvisualisierung des QNI erlaubt es, die Entwicklung des Rankings über den Zeitraum 2011 bis 2015 nachzuvollziehen, einzelne Staatsangehörigkeiten miteinander zu vergleichen oder sich einen Überblick über bestimmte politische und wirtschaftliche Räume—wie die Europäische Union, die Arabische Liga oder den südamerikanischen Binnenmarkt Mercosur—zu verschaffen.

Doch wofür, außer für einen fragwürdigen globalen Schwanzvergleich, könnte man dieses Ranking wohl gebrauchen? Gerichtet sind die Informationen des QNI laut Ankündigung auf der Website an „jeden, der wissen möchte, wie sich seine Nationalität im Vergleich zu anderen schlägt und sich für lokale, regionale und globale Möglichkeiten, Lebenschancen und Einschränkungen durch seine Nationalität interessiert". Das dürfte im Prinzip so ziemlich jeder Mensch sein, allerdings möchten Henley & Partners wohl nicht zuletzt die Aufmerksamkeit einer ganz bestimmten Personengruppe erregen: Investoren, die das nötige Kleingeld in der Tasche haben, um sich in einem Land ihrer Wahl einbürgern zu lassen—bei der Auswahl einer geeigneten Nationalität und dem notwendigen Prozedere helfen dann die Anwälte und Rechtsexperten von Henley & Partners in weltweit 25 Büros.

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In ihrem Angebot haben sie dabei unter anderem die österreichische Staatsbürgerschaft und auch die maltesische. Wie Spiegel Online berichtet, bietet Malta seit 2014 im Rahmen seines „Individuellen Investorenprogramms (IIP) all denen eine maltesische Staatsbürgerschaft, die bereit seien, mindestens eine Million Euro in den Inselstaat zu investieren. Allein 2015 habe das Land so 200 Millionen Euro durch die Voraussetzungen für den Pass-Handel eingenommen. Organisiert wurde das Bewerbungsverfahren von Henley & Partners. Doch Malta ist bei weitem nicht der einzige Staat, der Staatsbürgerschaft gegen Bares anbietet.

How much does it take to become a citizen of a country? The answer may surprise you. https://t.co/yl6R3cySxZ pic.twitter.com/KgDodzYh2i
— IMF (@IMFNews) 17. Dezember 2015

Wie der IWF im Dezember 2015 feststellte, sei eine „komplett neue Industrie für die Planung von Aufenthaltsrechten und Staatsbürgerschaft" entstanden. Am günstigsten ist ein Aufenthaltsrecht dabei in Lettland zu haben. Der baltische Staat verlangt nur 35.000 US-Dollar für ein Aufenthaltsrecht, welches die Voraussetzung für eine spätere Einbürgerung ist und ungehinderten Zugang zum Schengenraum ermöglicht. Estland bietet Interessenten sogar eine digitale, virtuelle Einwohnerschaft an, um Investoren die Abwicklung neuer Geschäfte möglichst nahtlos zu erleichtern. Manche interpretierten diese 2014 getroffene Entscheidung des Landes bereits als „Anfang von Ende des Nationalstaats".

Lasst uns alle virtuelle E-Bürger von Estland werden

Eines der ersten EU-Länder, das im großen Stil mit den sogenannten „Goldenen Visa" handelte, war dabei Portugal. Während hier überwiegend Chinesen zu den Kunden zählten, haben sich in Malta laut Henley & Partners vor allem Russen um einen maltesischen Pass beworben.

Das zunächst so schmeichelnde Ranking zeigt also auf zweiten Blick noch eine weitere, deutlich besorgniserregendere Dimension auf globaler Ebene: Die Zukunft der Staatsbürgerschaft ist fließend—vorausgesetzt, man hat genügend Geld in der Tasche.