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Arbeitsamt

Ein gewaltbereiter Dortmunder Neonazi muss nicht mehr ins Jobcenter

Statt sich morgens in die Warteschlange zu stellen, kann der Neonazi sich nochmal im Bett umdrehen.
Symbolfoto: imago | Müller-Stauffenberg

Wer Hartz IV bekommt, muss beim Jobcenter erscheinen, wenn er oder sie eingeladen wird. Eigentlich. Für einen Dortmunder Neonazi gilt das nicht. Wie der WDR berichtet, muss ein 63-jähriger Rechtsextremist wegen seiner "bedenklichen Haltung zum Grundgesetz" nicht persönlich bei seinem Sachbearbeiter vorsprechen. So stand es in seiner Akte. Das Amt regelt mit ihm alles schriftlich oder per Telefon. Es ist ein bisschen so, als bekäme man einen Schulverweis und die Hausaufgaben per Telefon durchgesagt oder per Mail.

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Es handele sich hierbei "um einen wohl bedachten Abwägungsprozess der schutzwürdigen widerstreitenden Interessen", schreibt das Jobcenter Dortmund auf Nachfrage von VICE. Übersetzt bedeutet das: Das Jobcenter möchte seine Mitarbeiter schützen. Bei dem Verbannten handelt es sich um einen stadtbekannten, vorbestraften Neonazi. Ob der auf Distanz gehaltene Mann schon körperlich übergriffig wurde, dazu sagt das Jobcenter nichts: Datenschutz.


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Aus dem Nichts kommt eine Verbannung allerdings nicht. Zunächst gebe es persönliche Vorsprachen vor zwei oder drei Mitarbeitern und "in Extremfällen Gefährdungsansprachen durch die Polizei", heißt es in dem Statement des Jobcenters. Das Dortmunder Amt ist für etwa 87.000 Hartz-IV-Empfänger verantwortlich, 2016 erteilte es 22 Hausverbote. Wie viele davon an Neonazis gingen, ist nicht bekannt.

Auch nicht bekannt: Wurde der Mann sanktioniert? Keine Antwort, auch hier versteckt sich das Jobcenter hinter dem Datenschutz. Und das, obwohl das Amt selbst dagegen verstieß: Nach den WDR-Recherchen kam raus, dass Vermerke zur politischen Gesinnung in Akten von Jobcenter-Kunden nicht zulässig sind. Gegenüber VICE äußerte sich eine Sprecherin: "Dies gilt auch, wenn sie sehr extrem und mit dem Grundgesetz offensichtlich nicht vereinbar ist."

Die Vermerke wurden gelöscht. Die Verbannung bleibt bestehen. Folge VICE auf Facebook, Instagram und Snapchat.