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Für diese Promi-Seiten wurden Likes auf Facebook gekauft

Wir haben getestet, welche Facebookseiten mit gekauften Likes größer gemacht werden, als sie eigentlich sind. Die Recherche führte uns auf sehr unterschiedliche Fanseiten.
Während der Recherche forderte uns das System von FacebookTausch24 auch auf, die Fanseite von Axel Schulz zu liken | Screenshot: Facebook

Was haben der ehemalige Box-Profi Axel Schulz, ein Intimchirurg und eine Wahrsagerin gemeinsam? Sie alle tauchten auf, als wir uns auf dem Online-Portal FacebookTausch24.de anmeldeten, um uns dafür bezahlen zu lassen, Likes auf fremden Facebookseiten zu hinterlassen.

Theoretisch ist es nämlich denkbar einfach, Likes für eine Facebook-Seite zu kaufen: "Ab 0.04 € pro Fan; echte Facebook-Fans für Ihre Fanpage", so verspricht es das Online-Portal FacebookTausch24. Das Ganze soll sogar nur wenige Minuten dauern.

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Wie das Geschäft mit den gekauften Likes in der Praxis funktioniert, hat Motherboard in einer heute veröffentlichten Recherche getestet: Dazu registrierten wir uns als Like-Arbeiter auf dem Portal und verteilten im Februar an mehreren Tagen "Gefällt mir"-Angaben auf fremden Facebookseiten. Denn die "echten Fans", die FacebookTausch24 verspricht, sind letztlich Nutzer, die sich mit einem Klick auf die Seiten der Kunden ein paar Cent dazu verdienen wollen.

"Ich selbst habe mich mit Follower kaufen oder ähnliches nie beschäftigt"

Im internen System von FacebookTausch24, wo gekaufte Likes verteilt werden sollen, tauchten während unserer Recherche unter anderem der Facebook-Auftritt von Axel Schulz, die Fanseite des ehemaligen Fußball-Bundesligaspielers Thorben Marx und die Fanseite des Protagonisten einer deutschen Auswanderer-TV-Soap auf. Auch die Facebook-Seite "Switzerland First", für die laut Impressum die Schweizer Auto-Partei verantwortlich zeichnet, wurde uns angezeigt, damit wir auf der Seite einen falschen Like hinterließen.

Ob Axel Schulz, Thorben Marx und die anderen Betreiber der Seiten tatsächlich selbst dafür verantwortlich sind, dass die Likes auf ihren Seiten manipuliert wurden, lässt sich durch unsere Recherche nicht abschließend sagen. Theoretisch ist es nämlich auch möglich, dass ein Dritter auf FacebookTausch24 Likes für die Seiten gekauft hat. Das verbieten die AGB von FacebookTausch24 zwar, in der Praxis funktionieren solche "Like-Spenden" dennoch, wie wir überprüfen konnten. Betrieben wird die Plattform von Maik Satzer. Auf unsere Rückfrage schiebt er die Verantwortung für von Dritten gekaufte Likes auf die Kunden seiner Plattform: "Wenn sich die Leute nicht an die Regeln halten, machen sie sich strafbar."

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Mit unserer Recherche konfrontiert, erklärte Ex-Bundesligaprofi Thorben Marx, er habe seine Facebook-Seite bis April dieses Jahres von einem "ehemaligen Geschäftspartner" betreiben lassen. Von diesem habe er sich jedoch mittlerweile getrennt, sagt er uns am Telefon. Er könne jedoch nicht ausschließen, dass dieser die Likes für ihn gekauft habe. Nennen möchte er uns den ehemaligen Administrator seines Facebook-Auftritts nicht. "Ich selbst habe mich mit Follower kaufen oder ähnliches nie beschäftigt", schreibt er uns später in einer E-Mail.

Auch der frühere Star der Auswanderer-Show erklärt uns am Telefon, seine Facebook-Seite nicht selbständig zu betreiben. "Bezüglich ihrer Presseanfrage teile ich Ihnen mit, dass der Bearbeiter meiner drei Facebook Seiten zu keinem Zeitpunkt Likes gekauft hat", erklärt er uns außerdem per E-Mail.

Der Betreiber der Facebook-Fanpage von Axel Schulz, die Berliner Firma iSchulz GmbH, war auch nach mehrmaliger telefonischer und schriftlicher Kontaktaufnahme für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Gleiches gilt für die Schweizer Auto-Partei, deren Facebook-Seite "Switzerland First" ihre 90 Fans fast komplett an einem einzigen Tag einsammelte. Sollten wir eine Rückmeldung erhalten, werden wir diesen Text entsprechend aktualisieren.

An dem Tag, an dem wir ein Like auf der Facebookseite "Switzerland First" hinterließen, verbuchte die Seite einen überporportionalen Fanzuwachs. Screenshot: Facebook

Neben diesen prominenten Facebook-Auftritten versorgten wir während unserer Recherche jede Menge weiterer Seiten mit einem Like: Lokale Baumärkte und Autohändler, Provinz-Diskotheken, die eingangs erwähnte Wahrsagerin, eine Praxis für Intimchirurgie, einen Versand für Latex-Kleidung und verschiedene Informationsportale für Kryptowährungen.

Neben einigen unbekannten Kleinunternehmern wie Fotografen, Musikern oder DJs scheinen sich auch ganz gewöhnliche Facebook-Nutzer Likes gekauft zu haben: zum Beispiel für die privaten Fotos, auf denen sie vor ihren Sportwagen posieren.

Insgesamt 94 verschiedene Kunden konnte Motherboard während der Recherche zur Like-Arbeit einsehen. Lediglich vier Seiten sind so bekannt, dass sie von öffentlichem Interesse sind. Unsere Recherche zeigt damit noch etwas anderes: Auch private Seiten werden mit gekauften Likes nach oben getrieben. Weniger als 10 Euro für 100 Likes scheinen für so manchen Facebook-Nutzer ein ziemlich guter Deal zu sein.

Redaktionelle Mitarbeit: Caspar Clemens Mierau