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Gamer schlägt offenbar Partnerin im Livestream, als sie ihn bittet, mit 'Fortnite' aufzuhören

Nach dem Livestream rückte die Polizei an. Viele Gamer verurteilen die mutmaßliche Gewalt. Doch auf YouTube zeigt sich, warum Teile der Szene immer noch als frauenfeindlich gelten.
Twitch-Streamer MrDeadMoth beim Fortnite-Stream​
Bild: Screenshot | YouTube | tamus

Ein australischer Gamer ist vor laufender Kamera ausgerastet, nachdem seine Partnerin ihn aufgefordert hatte, eine Fortnite-Partie zu unterbrechen und zum Essen zu kommen. Auf YouTube und Twitter kursieren Ausschnitte des mittlerweile gelöschten Twitch-Streams. Das knapp fünfminütige Video zeigt den Gamer Luke M., bekannt als MrDeadMoth, beim Fortnite-Spielen. Eine Frauenstimme verlangt mehrfach, dass er damit aufhört. Schließlich steht M. auf, ein klatschendes Geräusch ertönt, die Frau fängt an zu weinen.

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Die Szene ist nur zu hören, nicht zu sehen, dennoch beschreiben Nutzer auf Twitter und Reddit das Video als "verstörend" und "entsetzlich". Luke M. und die Frau, die er Grace nennt, schreien sich an und beschimpfen sich gegenseitig. "Hörst du mir nicht zu? Ich habe gesagt, dass ich gleich komme", sagt er auf Englisch. "Kein Computer", antwortet Grace. "Ich habe diesen Scheiß satt." Später nennt sie ihn einen Frauenschläger und spricht die Zuschauer direkt an: "Hört ihr das? Er hat mich ins Gesicht geschlagen!" Angeblich habe MrDeadMoth schon stundenlang gespielt und weigere sich seit einer Stunde, zum Essen zu kommen, das sie gekocht habe.

Bevor der Streamer ausrastet, wirft seine Partnerin offenbar mit einem Stück Pappe nach ihm, das im Bildausschnitt der Kamera zu sehen ist. Später sagt die Frau, dass sie schwanger sei und fordert den Streamer auf, sich zu entschuldigen. M. steht ein zweites Mal auf, es ertönt ein dumpfes Poltern, lautes Weinen und später Schreie. Offenbar sind auch Kinder in der Wohnung: Mehrfach sind Kinderstimmen zu hören, einmal sagt ein Mädchen “Daddy, Daddy”. Als die Frau in Tränen ausbricht, weinen und schreien auch die Kinder.

Die örtliche Polizei bestätigt Fall von häuslicher Gewalt

Die lokale Polizei hat in einer Pressemitteilung vom 10. Dezember bestätigt, dass am Sonntagabend australischer Zeit in Camden im Bundesstaat New South Wales westlich von Sydney ein 26-jähriger Mann festgenommen wurde, der eine 21-jährige Frau geschlagen haben soll. Die Beamten wurden von einem Zeugen auf den Livestream aufmerksam gemacht und hätten daraufhin gehandelt. Zum Zeitpunkt der Festnahme waren nach Polizeiangaben zwei Mädchen im Alter von 20 Monaten und drei Jahren zuhause. Der Mann wurde demnach unter Auflagen freigelassen und soll am kommenden Donnerstag vor Gericht erscheinen. Die Angaben decken sich mit der Szene, die in dem Video zu sehen ist.

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Trotzdem ist es nicht völlig ausgeschlossen, dass das Video ein perfider Fake ist. In der Vergangenheit haben Influencer bereits mehrfach glaubhaft Wutausbrüche inszeniert. Theoretisch könnte das Video auch dazu dienen, Aufmerksamkeit zu bekommen, Medien bloßzustellen und die Gamer-Community zu triggern. Zumindest die Aufmerksamkeit hat M. bereits sicher, Ausschnitte seines mittlerweile gelöschten Twitch-Streams, die den Vorfall abbilden sollen, sind weltweit auf sozialen Netzwerken und in großen Medien wie der BBC oder australischen News-Portalen zu sehen.

Mehrere Indizien sprechen jedoch dafür, dass die Szene reale häusliche Gewalt dokumentiert. Die zahlreichen Medienberichte über den Vorfall hat M. bisher nicht dementiert. Motherboard hat die örtliche Polizei am 10. Dezember via E-Mail gefragt, ob es sich bei dem von den Beamten festgenommenen Streamer um M. handelt. Wir werden die Artikel, wenn es Neues gibt, entsprechend updaten.

Viele Accounts des Streamers sind offline

Aktuell sind auch die Twitch-, Twitter- und Facebook-Auftritte des Streamers offline. Auch den Streamer MrDeadMoth selbst haben wir kontaktiert. Auf eine Anfrage von Motherboard hat er bislang nicht reagiert.

Motherboard hat zudem die Pressestelle von Twitch gefragt, ob der Account von MrDeadMoth aufgrund des mutmaßlichen Gewaltvideos gesperrt wurde. "Aus Respekt vor der Privatsphäre unseres Nutzers kommentieren wir keine Verletzungen der Nutzungsbedingungen", antwortete ein Sprecher in einer E-Mail.

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Auf Twitter verurteilen jede Menge Nutzer die mutmaßliche Gewalt des Streamers. Allein unter einem mittlerweile gelöschten Tweet mit dem Videomitschnitt sammelten sich 3.000 Kommentare. Viele Nutzer bedanken sich bei den Gamern, die den Stream öffentlich gemacht haben, und wünschen M.s Partnerin und den Kindern alles Gute.

Frauenfeindliche Kommentare auf YouTube und Reddit

Auf Reddit und YouTube zeigt sich dagegen, warum es oft heißt, dass es in der Gaming-Szene ein Problem mit Sexismus und Frauenfeindlichkeit gibt. Ein Reddit-Thread wurde geschlossen, in einem anderen Thread behaupten viele Nutzer, dass die Frau ihren Teil dazu beigetragen habe. Schließlich habe sie keine Ruhe gegeben und ein Stück Pappkarton nach ihm geworfen.


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Besonders übel fallen die mehr als 5.600 Kommentare auf YouTube aus, wo ein Ausschnitt des Twitch-Streams mittlerweile knapp 680.000 Mal angeschaut wurde. Mindestens zehn weitere Kopien des Clips wurden im Lauf des 10. Dezember auf YouTube hochgeladen. Die Frau sei selbst schuld, habe die Eskalation bewusst provoziert und heule nach dem ersten Schlag wie ein Kind, schreiben einige Nutzer in den Kommentarspalten. Innerhalb weniger Sekunden lassen sich Dutzende ähnliche Bemerkungen finden.

Andere YouTube-Nutzer halten dagegen: "Sofern dein Leben nicht wirklich bedroht ist, gibt es keinen Grund, eine Frau zu schlagen", sagt etwa der Nutzer Joker Delirious in einem Video und adressiert ausdrücklich alle, die versuchten, die häusliche Gewalt zu relativieren. "Wer glaubt, das ist irgendwie zu rechtfertigen, soll verdammt nochmal erwachsen werden."

Wer Opfer von Stalking oder häuslicher Gewalt geworden ist, kann sich an die Koordinierungsstelle des Bundesverbandes Frauen gegen Gewalt e.V. wenden, deren Datenbank hilft, die richtige Ansprechperson für eine Beratung zu vermitteln. Erfahrung im Umgang mit privater Spyware hat auch das Stalking-Hilfezentrum SOS Stalking .

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