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Vasalgel kommt wirklich: Verhütungsspritze wird noch dieses Jahr getestet

2018 soll endlich die „Pille für den Mann“ auf den Markt kommen.
Bild: Parsemus Foundation

Während für die Frau schon lange Zeit unterschiedliche Verhütungsmethoden auf dem Markt sind, kann sich der Mann in seinem Beitrag zur kontrollierten Familienplanung lediglich zwischen Kondom oder Sterilisation entscheiden. Da bisher jedoch alle Entwicklungen in diesem Bereich nicht zum gewünschen Erfolg führten, ist Verhütung noch immer allzu oft Frauensache. Schon bald könnte dieses Dilemma jedoch der Vergangenheit angehören, denn die Verhütungsspritze Vasalgel, die oft auch als „Pille für den Mann" bezeichnet wird, ist nun erwiesernermaßen wirksam.

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Bei der Methode handelt es sich um ein nicht-hormonelles Gel, das in den Samenleiter injiizert wird und dort den Spermienfluss blockiert. Die Ergebnisse einer nun veröffentlichten Studie mit männlichen Kaninchen zeigte, dass das Ejakulat der Rammler bereits kurz nach der Injektion von Vasalgel keine Spermien mehr aufwies. Diese Wirkung hielt während der gesamten, zwölf Monate dauernden Studie, an. Die „Pille für den Mann" war gefunden. Eine kostengünstige, minimal invasive Verhütungsmethode, die auch noch vollständig rückgängig zu machen ist.

Dieser Brandenburger verhütet mit einem DIY-Samenleiterventil auf Knopfdruck

Damit ist der Weg frei für die ersten Vasalgel-Tests am Menschen, die bereits Ende diesen Jahres vorgenommen werden sollen. Die Markteinführung des Gels ist für 2018 geplant. Die Studie ist auch deshalb ein Meilenstein, weil sie die erste ist, die in den USA durchgeführt wurde und nach den Hürden der dortigen Medikamentenzulassungsbehörde FDA gültig ist.

„So, wie Wasser auch durch Gelatine sickern kann", erklärt Elaine Lissner, Direktorin der Parsemus Foundation, das Prinzip. In einem 15 Minuten dauernden Eingriff wird das synthetische Gel in den Samenleiter nicht weit außerhalb des Hodens injiziert, setzt sich dort fest und funktioniert wie ein Filter, der Flüssigkeit, aber keine Spermien durchlässt.

Infografik: Parsemus Foundation

Für zehn Jahre verbleibt der Spermienfilter dann an der entsprechenden Stelle. Sollte sich der Mann schon vor Ablauf des Zeitraums dafür entscheiden, doch Kinder haben zu wollen, braucht es nur eine weitere Injektion, um das Gel aufzulösen. Innerhalb weniger Tage ist er dann wieder fruchtbar.

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„Die Ergebnisse unserer Studie mit Kaninchen waren sogar noch besser als wir erwartet hatten", so der Leiter der Untersuchung Donald Waller, Pharmakologe an der University of Illinois in Chicago. „Vasalgel produziert sehr schnell eine verhütende Wirkung, welche dank ihrer einzigartigen Hydrogel-Eigenschaften während der gesamten Studie anhielt. Diese Merkmale sind wichtig für ein Verhütungsmittel, das im Menschen eingesetzt wird."

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Zwölf Kaninchen wurde das Gel in unterschiedlichen Dosen eingesetzt. Bei elf von ihnen wurde umgehend eine Azoospermie, das vollständige Fehlen von Samenzellen im Ejakulat, diagnostiziert. Bei dem verbleibenden Kaninchen stellte sich die Azoospermie ebenfalls ein, nachdem für kurze Zeit noch Spuren von Spermien gefunden worden waren. Kein Weibchen konnte während der Studie von den Rammlern befruchtet werden und die Tiere zeigten auch keine Verhaltensauffälligkeiten oder körperliche Veränderungen.

Der kleine Eingriff mit dem fachlichen Namen RISUG (Reversible Inhibition of Sperm Under Guidance) wurde bereits 1970 in Indien von Sujoy Guha entwickelt, einem Professor für Medizintechnik am Indian Institute of Technology. 2010 hatte die amerikanische Parsemus Foundation—eine NGO, die „kostengünstige Alternativen für Verfahren entwickelt, welche von der Pharma-Industrie nicht weiter verfolgt werden"—das RISUG-Patent für 90.000 Euro gekauft. Das Vasalgel ist eine leicht abgeänderte Variante des ursprünglichen Patents.

Weltweit werden jährlich 85 Millionen ungewollte Schwangerschaften verzeichnet und die Nachfrage nach Verhütungsalternativen steigt. Die Einführung von Methoden wie Vasalgel könnte eine neue technisch Lösungsmöglichkeit für ein zentrales gesellschaftliches Problem aufzeigen—zumindest erhöht es die Wahlmöglichkeiten, die in Sachen Verhütung auch fünf Jahrzehnte nach Einführung der Pille noch immer erstaunlich beschränkt sind.