Ups: Hat die US-Regierung gerade aus Versehen Wikileaks-Informationen bestätigt?
Bild: Carl Court | Getty Images

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Ups: Hat die US-Regierung gerade aus Versehen Wikileaks-Informationen bestätigt?

Die US-Regierung möchte nicht, dass geleakte Vault-7-Dokumente vor Gericht verwendet werden – warum sie damit indirekt ihre Authentizität bestätigen könnte.

Anfang März veröffentlichte Wikileaks über 8.000 interne CIA-Dokumente. Darin werden nicht nur Spionage-Operationen und Hacking-Tools des Geheimdienstes ausführlich beschrieben, sondern auch operationale Details, die eine eine enge Verbindung zwischen hackenden Agenten und dem Frankfurter US-Konsulat nahelegen. Für die CIA waren die Bericht über das Leak ein schwerer Schlag – umso rigoroser die Reaktion der Behörde: Man lehnte jeden Kommentar zur Echtheit der Dokumente ab. Doch scheint die US-Regierung die geleakten Daten teilweise doch aus Versehen verifiziert zu haben: Ein Gerichtsdokument lässt vermuten, dass zumindest einige der Wikileak-Daten echt sind.

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Verraten hat sich das die US-Regierung durch eine prozessuale Kleinigkeit: Das US-Justizministerium hat in einem unzusammenhängenden Verfahren verboten, dass Wikileaks-Dokumente vor Gericht als Beweismittel verwendet werden. Die Begründung der Regierungsanwälte allerdings ließ aufhorchen: Denn diese behaupteten, dass es sich dabei um klassifizierte Informationen handelte. Damit könnte sich die Regierung jedoch unfreiwillig verplappert haben, denn nur authentische Regierungsdokumente können als klassifiziert eingestuft werden, bestätigte uns der Anwalt für Staatssicherheit Bradley P. Moss in einer E-Mail.

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Kurzer Rückblick auf die Vault7 getauften Enthüllungen, die Anfang des Monats Schlagzeilen machten: Die Wikileaks-Dokumente legen Details über den Hacking-Werkzeugkasten der CIA offen. So habe die CIA angeblich Malware für Samsung-Smart-TVs entwickelt, iOS-Sicherheitslücken ausgenutzt und öffentlich zugängliche Malware-Codes verwendet.

Tatsächlich geht es in dem Gerichtsdokument, das die US-Regierung nun ins Schwitzen bringt, gar nicht mal um die CIA sondern um Hacking-Operationen des FBI. Bei dem Fall geht es um eine Aktion im Februar 2015 bei der das FBI eine Kinderpornografie-Website im Darknet namens Playpen gehackt hatte. Damals setzten die Ermittler eine Schadsoftware ein, um Besucher der Seite zu identifizieren.

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Der FBI-Hack zog hunderte Festnahmen nach sich – aber auch zahlreiche Gerichtsverfahren, die das Vorgehen des FBI anfechten. Seitdem wird vor Gericht darüber gestritten, ob der richterliche Beschluss für den Cyber-Zugriff auf mehr als 8.000 Computer legal war. Außerdem fordern die Verteidiger detailliertere Angaben über den Exploit-Code, mit dem die Computer ihrer Klienten gehackt wurden.

In einem dieser Fälle hat der Pflichtverteidiger Colin Fieman nun beantragt, einige der Wikileak-Dokumente als Beweismittel vor Gericht zuzulassen. Damit will er beweisen, dass man selbst nach einer forensischen Untersuchung nicht ausschließen könne, dass jemand anderes Kinderpornografie auf dem Computer seines Klienten platziert haben könnte. Mit den Wikileak-Dokumente möchte er belegen, dass die US-Regierung in der Lage sei, „sich in einen Computer zu hacken, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen", heißt es dazu im Gerichtsdokument des Bezirksrichters Robert J. Bryan.

Ob das Argument von Fieman tatsächlich wasserdicht ist, ist für die Frage nach der Authentizität der Wikileaks-Dokumente erstmal nebensächlich. Die Reaktion der US-Regierung spricht für sich: Die US-Regierung wollte gar nicht erst, dass die Wikileak-Dokumente vor Gericht verwendet werden. „Die Regierung verlangte, dass die beantragten Beweisstücke vom Verfahren ausgeschlossen werden, weil sie klassifizierte Inhalte enthalten", berichtet Bryan gegenüber Motherboard.

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Für Anwalt Moss ist das Beweis genug: „Allein aus den Formulierungen in der gerichtlichen Anordnung schließe ich, dass die Regierung (ob nun absichtlich oder unwissentlich) die Echtheit der Dokumente, die vom Verteidiger vorgebracht wurden, bestätigt."

Der ACLU-Anwalt Patrick Toomey wollte sich nicht dazu äußern, ob die CIA-Dokumente durch das Gerichtsdokument seiner Meinung nach verifiziert werden. Den Bürgerrechtsanwalt stört jedoch, dass die Regierung sich öffentlich so zugeknöpft gibt: „Die Regierung weigert sich auf der einen Seite zwar, die Echtheit der veröffentlichten Dokumente zu bestätigen. Auf der anderen Seite behaupten sie dann aber, dass die Dokumente klassifiziert seien, um sie als Beweismittel vor Gericht zu verbieten."

Wikileaks gegenüber Motherboard, dass man über die vermeintliche Bestätigung der Dokumente nicht überrascht sei: „Wenn du dich in Sachen Glaubwürdigkeit mit Wikileaks anlegst, kannst du nur verlieren", ließ man per Twitter-Nachrichten verlauten.

Scheinbar versucht das Justizministerium nun, die Gerichtsakten rückwirkend unter Verschluss zu halten, da sie angeblich Hinweise zu Vorgängen enthalten, die nicht öffentlich zugänglich sind. Die CIA jedenfalls gab in einer öffentlichen Stellungnahme Anfang März keinen Kommentar zur Echtheit der geleakten Dokumente ab. Stattdessen appellierte sie an die US-amerikanische Bevölkerung: „Die amerikanische Öffentlichkeit sollte über jede Wikileaks-Enthüllung sehr besorgt sein, die die Plattform die Geheimdienste in ihrer Fähigkeit schwächen möchte, die USA gegen Terroristen und andere Gegner zu schützen."

Der Sprecher des Justizministeriums Peter Carr sagte gegenüber Motherboard: „Die rechtlichen Vertreter der Regierung, die an diesem Fall arbeiten, waren mit den Beweisstücken nicht vertraut, die der Verteidiger in letzter Minute einbrachte. Somit waren sie auch nicht in der Position, ihre Echtheit zu bestätigen. Sie äußerten gegenüber dem Gericht allerdings Bedenken, dass es sich um klassifizierte Dokumente handeln könnte. Dabei bezogen sie sich lediglich auf Kennzeichnungen, die auf einigen der Dokumente zu sehen waren."