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In England könnte in wenigen Wochen der erste CRISPR-Embryo im Labor entstehen

Dank einer effektiven Genmanipulation lassen sich Eingriffe in die DNA ganz leicht vornehmen. Ob das bald auch am Menschen geschieht, wird gerade entschieden.
Bild: imago/ Jochen Tack

Ob demnächst die ersten genveränderten, menschlichen Embryonen in der Petrischale gezüchtet werden, hängt in Großbritanien lediglich noch von einer behördlichen Genehmigung ab. Seit gestern diskutiert die unabhängige britische Kontrollbehörde Human Fertilisation and Embryology Authority (HEFA) über den erstmaligen Einsatz des Gen-Editing-Tools CRISPR an menschlichem Erbgut. Sollte der Ausschuss dem Antrag der Wissenschaftler stattgeben, könnten die Arbeiten an der DNA umgehend in Angriff genommen werden, erklärten Wissenschaftler des Francis Crick Institute in London.

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Nach einer Freigabe würden bereits in wenigen Wochen oder Monaten einige überschüssige In-Vitro-Embryonen ausgewählt und mit CRISPR bearbeitet werden. Sie dürfen allerdings nicht länger als zwölf Tage am Leben gehalten werden, und die Einpflanzung in eine Gebärmutter ist gesetzlich verboten.

Die Molekularbiologen wollen sich der Erforschung solch transgener Embyonen widmen, um Mutationen und Krankheiten bei In-Vitro-Schwangerschaften einzuschränken. Sie hoffen weiterhin auf eine Anpassung der derzeit in England geltenden Gesetze, so dass genetische Eingriffe in die Keimbahn, welche beispielsweise die Fruchtbarkeit erhöhen, erlaubt sind. Durch den zellularen Entwicklungsprozess der Keimbahn werden die jeweiligen Charakteristika eines Individuums weitergegeben. Das Besondere ist, dass hier eingefügte Mutationen tatsächlich in den Genpool eines Menschen geraten und damit auch potentiell an Nachfahren vererbt werden können.

„Wenn du herausfindest, dass Menschen eine gewisse Mutation in sich tragen, die verhindert, dass sich ihre Embryos in der Gebärmutter festsetzen, dann könnte man darüber nachdenken mit Hilfe des Gen-Editings Veränderungen in der Keimbahn vorzunehmen, durch die sich auch die Nachkommen der Frau problemlos fortpflanzen könnten", erklärte Robin Lovell-Badge vom Crick Institute gegenüber dem Independent. Die Forschung will also vorerst Fehlgeburten und Mutationen vorbeugen sowie die Fruchtbarkeit unterstützen.

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CRISPR kann sogar den Menschen genetisch rapide verändern—aber ist das gut?

Mit Hilfe des extrem einfachen Gen-Editing-Tools CRISPR, dessen revolutionäres Potential sich die Forscher in ihrem Projekt zu nutze machen, ließen sich jedoch theoretisch auch noch weitere Veränderungen am Erbgut von Embryonen vornehmen: So könnten beispielsweise positiv vererbbare Eigenschaften wie eine hohe Intelligenz oder gesunder Haarwuchs mittels des simplen Copy-Paste-Verfahren in die Gene eingesetzt werden.

Auch wenn solche Eingriffe in dem Forschungsvorhaben der britischen Wissenschaftler nicht vorgesehen sind, so rückt damit die theoretische Möglichkeit, den menschlichen Nachwuchs zu verändern oder ihn mit Wunscheigenschaften auszustatten, in greifbare Nähe. Manche Bio-Ethiker haben außerdem bereits ein allgemeines Moratorium für die Anwendung von CRISPR insgesamt gefordert.

„Fehlgeburten und Unfruchtbarkeit kommen extrem häufig vor, sind jedoch kaum erforscht", erklärt die Molekularbiologin Kathy Niankan, die das Forschungsteam leitet. „Du kannst nie wissen, wo die Forschung dich hinführt, doch wir hoffen, bei Fruchtbarkeitsbehandlungen langzeitig davon profitieren zu können."