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Den Raketenwerfer, der MH17 abgeschossen hat, gibt es jetzt auch als Kinderbett

Für den Shootingstar von morgen: Eine russische Firma verkauft BUK-1-Kinderbetten—und die VK-Nutzer sind begeistert.
Bild: Carobus

Als Teil einer Kindermöbelserie namens „Die zukünftigen Verteidiger unseres Mutterlandes" bietet eine russische Möbelfirma ein brandneues Kinderbett an, das in der Form einem BUK-1-Raketenwerfer entspricht. Das Mittelteil des Bettes lässt sich sogar so hochklappen, als sei es eine Abschussrampe. „Wahrt den Frieden im Himmel seit 1980", bewirbt der Hersteller aus St. Petersburg das Design, das auch in Teilen der russischen Öffentlichkeit sehr gut ankommt.

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„Zeitgemäß", findet der zufriedene Kunde Alexei Koshel in den VK-Kommentaren auf der Produktseite. Recht hat er, denn die unabhängigen Ermittler des Joint Investigation Team (JIT) haben vergangenen Mittwoch erst den finalen Untersuchungsbericht über den Abschuss des Malaysia Airlines-Flug MH17 präsentiert. Eindeutiges Ergebnis der forensischen Rekonstruktion: Die BUK-Raketen, mit denen die Boeing im Juli 2014 über dem ukrainischen Luftraum abgeschossen wurden, kamen aus Russland.

Der grundsätzliche Tenor: Das Bett sei sehr schön und kreativ, und das einzige, was ihm zum wirklich pädogisch wertvollen Raketenwerfer noch fehle, seien ein paar ordentliche Waffen.

Und diese Raketen wurden von einem ebensolchen Raketenwerfer wie das niedliche Kinderbett-Modell des Typs BUK-M-1 abgefeuert, der laut JIT beim Abschuss auf einem Feld nahe Pervomaiskyi stand: ein Gebiet in der Ostukraine, das zu diesem Zeitpunkt von russisch unterstützten Separatisten gehalten wurde.

Nachdem die Nachricht des Raketenwerfer-Betts die Runde in russischen sozialen Medien machte und nicht überall so gut ankam (ein Facebook-Nutzer fragte beispielsweise, ob das Bett denn auch „mit verbranntem Spielzeug geliefert" werde), änderte der Hersteller CaroBus den Produkttitel des BUK-Betts in „Defender". Die URL auf der Website des Möbelherstellers aus St. Petersburg spricht allerdings immer noch von „BUK-M-1". „Auf vielfachen Wunsch wurde der Name in eine neutralere Form geändert", schreibt der Hersteller auf der Website. „Das Raketenwerfer-System „Defender" dient zur mobilen Luftabwehr. Bitte beachten Sie, dies ist eine Defensivtechnik, nicht offensiv."

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Das Bett ist in zwei Größen erhältlich, damit auch schon die Kleinsten von der Defensivtechnik träumen können. Geht man nach dem durchweg begeisterten Zuspruch in den VK-Kommentaren auf der Produktseite, träumen zunächst vor allen Dingen russische Eltern von der Anschaffung. Der grundsätzliche Tenor: Das Bett sei sehr schön und kreativ, und das einzige, was ihm zum wirklich pädogisch wertvollen Raketenwerfer noch fehle, seien ein paar ordentliche Waffen. „Ein gutes Kindergeschenk", lobt Sergey Milaev, „wäre es noch möglich, die T-90 oder Armate in den Katalog aufzunehmen? Gut gemacht, Jungs!!!"

Für umgerechnet 157 Euro gibt es nicht nur einen Abschussrampen-Spezialeffekt für den Shootingstar von morgen, sondern auch ein Nummernschild, auf dem der Name des Kindes gratis eingraviert werden kann. Nur die Matratze oder ein Schussmechanismus sind nicht inklusive, so dass der Rekrut möglicherweise noch von Hand in die Vorschule katapultiert werden muss.

Anton Koppel, ein Sprecher des Herstellers, sieht logischerweise „nichts Ungewöhnliches an diesem Bett. Manche Kinder werden eben Ärzte, andere Bäcker, und manche Soldaten."

„Was soll der Aufruhr, warum regt sich niemand über Motorrad- oder Flugzeugbetten auf?", wundert sich auch VK-Kommentator Alexander Nero und führt in Bezug auf Kritik am Produkt aus: „Und was heißt hier schon ,Gewissen', das beweist doch nur die Tatsache, dass man euch JIT-Propaganda ins Hirn gestopft hat!"

Besagte „Propaganda" ist seit dem 28. September für alle in voller Länge online abrufbar, damit sich jeder selbst von den Argumenten der Untersuchung überzeugen kann. Am 14. Juli 2014 starben durch den Abschuss des Flugzeugs alle 298 Insassen. Russland hat stets bestritten, der Urheber der Rakete zu sein. Daran änderten auch wissenschaftliche Analysen nichts. Russland weist den aktuellen Bericht als nichtig zurück, weil die Ermittler den Urheber des Abschusses nicht namentlich benennen, sich auf eine unabhängige forensische Untersuchung konzentrierten und dafür auch keine „unwiderlegbaren Beweise" aus Russland verwenden wollten.

Natürlich ist CaroBus nicht die einzige Firma auf der Welt, die militärisch inspirierte Kinderbetten verkauft—in den USA kann der Nachwuchs für über 8.000 Dollar Stückpreis und fast 500 Dollar Lieferkosten schon länger ins Panzer-Stockbett kommandiert werden.

Doch manchmal kommt es eben auch in Sachen Marketing aufs Timing an, zumindest, wenn man den Eindruck vermeiden möchte, hier handele es sich um eine zynische Hommage an eine Waffe, die 298 Menschen das Leben gekostet hat, die unschuldig in einen klandestinen Konflikt gezogen wurden.

Auf Facebook wird der Launch des Launchers dagegen schon etwas differenzierter gesehen. „Soll das eine Art Witz sein?", fragt sich dort beispielsweise der russische Journalist Oleg Kashin. Ach was, versichert CaroBus—nur ein ganz normales Jubiläumsprodukt zum 70-jährigen Ende des 2. Weltkriegs.