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Neue GPS-Methode kann die Herkunft deiner Vorfahren vor 1000 Jahren ermitteln

Forscher haben eine neue Methode zur Lokalisierung deiner Vorfahren entwickelt, die nebenbei auch noch Thesen rassischer Genetik widerlegt.
Eine neue Methode verfolgt deine genetische Spur mit erstaunlicher Genauigkeit. Bild: WikimediaPublic Domain

Ein neues „GPS" für DNA kann die genetische Färte deiner Ahnen bis zu 1000 Jahre zurückverfolgen, und das viel zielgenauer als bisherige Methoden—oft sogar bis in einzelne Dörfer.

Hier ist GPS ein Akronym-Spiel und steht für Geografische Populationsstruktur—eine genetische Ermittlungsmethode, die einem statt des TomTom den Weg in die Heimat weist. Umgemünzt wurde die Abkürzung von Ehran Elhaik von der University of Sheffield und Tatiana Tatarinova von der University of Southern California.

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In ihrem Artikel im Journal Nature berichten die beiden Autoren, dass ihre neue genetische Ortung zu 98% genau sei. Frühere Methoden lagen oft bis zu 700 Kilometern neben dem Lebensort einer Testperson. Hingegen ermittelte die neue Methode bei 50 von 200 Sardiniern die Herkunft dorfgenau und bei den restlichen 150 Testpersonen lag die Trefferquote immerhin noch in einem Umkreis von 50 Kilometer.

Diese verbesserte Genauigkeit beruht auf einer Annahme, die so simpel wie auch wissenschaftlich umstritten ist: Dass es unter Menschen keine genetischen Rassen, keine klar voneinander abgegrenzten genetischen Gruppen (Genpools genannt) gibt: „Das Rassenmodell ist inkorrekt und sollte abgelehnt werden," schrieb mir Elhaik in einer E-Mail.

Bisher wurde bei der Suche nach einer genetischen Herkunft angenommen, dass einzelne Menschen entweder einem klar definierten Genpool angehören oder ein Mix aus zwei oder drei dieser genetischen Gruppen darstellen. Dahinter steckt die Annahme, dass es beispielsweise auch biologisch so etwas wie eine „europäische" Identität gibt, erläutert Elhaik. „Im Gegensatz dazu fordert unser GPS einen Paradigmenwechsel in der Populationsgenetik, wonach alle Bevölkerungen selbst Mischpopulationen sind."

Im ersten Schritt ihrer Methode durchsuchen die Forscher eine globale Population auf genetische Muster. Wenn also bestimmte DNA-Abschnitte häufig genug auftauchen werden diese als Muster gespeichert.

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Im zweiten Schritt wird die weltweite Population dann in geografische Gruppen unterteilt, z.B. in die Gruppe der Menschen deren Familien seit vielen Generationen in einer bestimmten Region leben, zum Beispiel in Deutschland. Diese geografischen Gruppen werden jetzt auch genetisch analysiert mit der Frage, wie häufig die Muster aus dem ersten Schritt auftreten.

In der Grafik unten zeigt eine einzelne Farbe die prozentuale Häufigkeit eines bestimmten genetischen Musters in einer geografischen Gruppe an. Die Untergruppen bestehen nur aus Menschen deren Familien schon über viele Generationen in derselben Region leben. Man kann sofort sehen, dass genetische Muster nirgendwo auf eine Region beschränkt sind, und dass keine Region nur ein einziges Muster aufweist.

„Wir haben diese These entwickelt, um zu zeigen, dass menschliche Populationen nie eine unabhängige Evolution durchlaufen haben, was manche Genetiker glauben. Vielmehr sind sie ständig umhergezogen und haben sich, wenn sie auf eine andere lokale Population getroffen sind, auch gleich mit dieser vermischt." sagt Elhaik. „Ein realistisches Modell menschlicher Genetik sollte von Mischpopulationen ausgehen, anstatt sich auf vereinfachende Annahmen einzulassen."

Aber erst die Vorhersagen nach dem neuen Modell zeigen, dass es tatsächlich über das alte Rassenmodell triumphiert. Dabei wird festgestellt, welche genetischen Muster eine einzelne Person mit sich herumträgt. Dieser genetische „Fingerabdruck" kann dann derjenigen Region zugeordnet werden deren Mix dem Fingerabdruck am stärksten ähnelt. Und wenn ein Muster bekannt ist, dass eine sehr alte Population trägt, wie etwa Wikinger-DNA, die nordeuropäische Gruppen teilen, dann wird auch dieses alte Muster vom GPS-Verfahren erkannt.

Das allerdings funktioniert in genetischen Cocktailmixern wie New York, Berlin oder London natürlich schlechter, weil sich das menschliche Genom dort so sehr und fortwährend durchmischt, dass man diesen Regionen keine klaren genetischen Kombinationen zuordnen könnte. In italienischen Dörfern sind dagegen seit vielen Jahrzehnten kaum Gene aus anderen Regionen hinzugekommen.

„Es ist sehr schwer eine genetische Signatur zu finden, die es erlaubt die Einwohner Londons eindeutig London zuzuordnen, so wie es mit den Dorfbewohnern auf Sardinien funktioniert."

Die neue Methode ist eine bahnbrechende Neuerung für die DNA-Peilung. Sie findet Anwendung in Forensik, Genforschung und personalisierter Medizin. Genauso bedeutend aber ist die neue Klarheit, dass menschliche Rassen genetischer Unsinn sind. Schon Darwin bezweifelte 1871, ob „es eine einzelne Eigenschaft gibt, die immer einer Menschenrasse angehört und nur dieser Rasse".

„Ich hoffe, dass unser Arbeit dabei hilft Leute davon zu überzeugen, dass alle Menschengruppen genetisch sehr ähnlich sind—obgleich unser Genom von Migrationen, Sklaverei und Zufallsmutationen geprägt wurde."