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Antarktis

Wie man einen Job als Koch am Südpol bekommt

Darby Butts ist von Beruf Koch und leidenschaftlicher Weltenbummler. Um seine beiden Vorlieben zu verbinden, hat er kürzlich einen Job in der Antarktis angenommen. Er erzählt uns, wie es ist, am höchsten, trockensten, windigsten, kältesten und...
Photo courtesy of Darby Butts.

„Ich bin von Beruf professioneller Koch und aus Leidenschaft Weltenbummler", sagt Darby Butts, der neue Supervisor der Lebensmitteldienstleistungen der Amundsen-Scott-Südpol-Station in der Antarktis. Per E-Mail erzählt er mir, dass er gerade am südlichsten Punkt der Erde angekommen ist und dass der Handyempfang verständlicherweise ziemlich schlecht ist.

Butts ist kein eingefleischter Polarforscher. Bevor er diese Position letzten Monat annahm, war Butts der Geschäftsführer eines Pubs in Maryland, das für seine Crab Cakes und seine entspannte Atmosphäre bekannt ist. Seine Reise und seine Karriere begannen jedoch 20 Jahre vorher.

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Mit 15 Jahren bekam Butts seinen ersten Job in der Gastronomie als Tellerwäscher. Mit 23 hatte er sich hochgearbeitet und war mittlerweile Küchenchef. 2007 wurde er das erste Mal Geschäftsführer eines Restaurants.

„Ich entdeckte das erste Mal meine Leidenschaft fürs Reisen, als ich sehr jung war, vielleicht sechs oder sieben Jahre alt, als meine Familie die Britischen Jungferninseln besuchte", sagt Butts. Seither ist er viel herumgekommen und hat seine Leidenschaft für die Kulinarik mit seiner Leidenschaft fürs Reisen verbunden.

‚Es ist 24 Stunden pro Tag stockdunkel und es ist draußen so kalt, dass Flugzeuge weder starten noch landen können. Im Grunde steckt man hier fest.'

„Ich hatte das Vergnügen, von Köchen, Gastgebern, Einheimischen, Müttern und Großmüttern in Vietnam, Thailand, Kambodscha, Jordanien, Frankreich, Italien, Jamaica, auf den Bahamas, in Kenia, Tansania, Ecuador, Russland, in der Türkei und wahrscheinlich noch anderen Orten, die mir gerade nicht einfallen, zu lernen und mit ihnen zusammenzuarbeiten", erzählt Butts.

Eine richtige Kochausbildung hat Butts jedoch nie absolviert. Seine Herangehensweise an Essen ist geprägt durch die direkte Verbindung zwischen der Qualität und Herkunft der Zutaten und seinen Fähigkeiten und seinem Wissen, mit dem er diese Zutaten hervorhebt.

Das erste Mal kam Butts die Idee, sich nach einem Job in der Antarktis umzusehen, nachdem er im Februar 2015 in den Amazonas-Regenwald gereist war und ihm bewusst wurde, dass er bereits fünf Kontinente bereist hatte. „Zu diesem Zeitpunkt war mir klar, dass ich meine Liebe für Essen und Reisen in einem Vollzeitjob verbinden möchte. Ich wollte alle sieben Kontinente bereisen und egal, wo man auf dieser Welt ist, die Menschen müssen essen. Wenn man Menschen zu essen geben und sie damit glücklich machen kann, ist das eine bemerkenswerte Fähigkeit."

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Als er sich für den Schritt entschieden hatte, fing Butts an, sich nach Jobs in der Nahrungsmittelbranche am Südpol umzuschauen. „Ich hatte online einige Artikel darüber gelesen, wie es ist, in der Antarktis zu arbeiten, und so erfuhr ich vom United States Antarctic Program (USAP). Google hat mir dann mit dem Rest geholfen."

So funktioniert das Ganze: Die National Science Foundation (NSF) managt das USAP, das nationale Forschungsprogramm auf dem südlichsten Kontinent der Erdkugel. Die NSF subventioniert wissenschaftliche Forschung in der Antarktis, betreibt dort drei ganzjährige Forschungsstationen und übernimmt die komplette logistische Betreuung der Forschungseinheiten. Der logistische Vertragspartner von NSF, Antarctic Support Contract (ASC), sowie Unterauftragnehmer stellen alle möglichen Personen von Mechanikern bis Schreinern und Gastronomiemitarbeitern an.

„So fand ich heraus, welches Unternehmen für Lebensmitteldienstleistungen zuständig war, und daraufhin bewarb ich mich", erinnert sich Butts.

Der Bewerbungsprozess war jedoch mühsam und langwierig.

„Ich wurde zuerst per E-Mai kontaktiert", sagt Butts. „Das war sieben Monate, nachdem ich mich beworben hatte. Ich rechnete also überhaupt nicht mehr damit." Anschließend absolvierte er ein Bewerbungsgespräch per Telefon, auf das wiederum mehrere E-Mails sowie weitere Telefongespräche folgten. Schließlich wurde ihm ein Job für die Sommer- sowie Wintersaison angeboten. Nachdem er ihn angenommen hatte, wurde sein Hintergrund eingehend geprüft und er musste sich einem Drogentest unterziehen.

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Dann flog Butts zum Hauptsitz von ASC für ein weiteres Gespräch und eine eingehende psychiatrische Einschätzung. Nach weiteren gründlichen Checks—wie einer körperlichen und zahnärztlichen Untersuchung, Blutbild, Röntgenaufnahmen, Ultraschall und EKGs—hatte er den Job offiziell bekommen und das Datum seines Einsatzbeginns wurde ihm mitgeteilt.

Während des Sommers ist die Antarktis-Station von etwa 150 Personen bewohnt. Die Saison dauert etwa dreieinhalb Monate, während derer es 24 Stunden pro Tag hell ist. Frachten wie frische Nahrungsmittel werden täglich verschickt und in Empfang genommen.

Während des Winters sinkt die Zahl auf etwa 45 Personen. Während der achteinhalb Monate wir das Buffet hauptsächlich aus gefrorenen Nahrungsmitteln zubereitet, die im wohl größten Gefrierschrank des Planeten aufbewahrt werden.

GeoPoleChef (1)

Darby am geographischen Südpol. Foto mit freundlicher Genehmigung von Darby Butts.

„‚Es ist 24 Stunden pro Tag stockdunkel und es ist draußen so kalt, dass Flugzeuge weder starten noch landen können", erzählt Butts über die Wintersaison in der Antarktis. „Im Grunde steckt man hier fest. Die, die über den Winter bleiben, nennen wir winter-over. Weil sich winter-overs ganz alleine am abgelegensten Ort auf Erden befinden, müssen sie komplett selbständig sein."

„Jeder ist Teil des Emergency Response Team (ERT)", fügt Butts hinzu. „Bevor man entsandt wird, bekommt meine eine medizinische Schulung oder eine Schulung als Feuerwehrmann. Ich entschied mich für die Feuerwehr." Butts nimmt auch an einem Teambildungs- und an einem Sicherheitstraining teil, die er über die Laufzeit seines einjährigen Vertrages absolvieren wird.

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„Sie legen viel Wert darauf, dass sie Leute einstellen, die in ihrem Bereich viel Erfahrung haben", sagt Butts, „weil die Herausforderung, am höchsten, trockensten, windigsten, kältesten und abgelegensten Ort der Welt zu arbeiten, eigentlich schon groß genug ist." Zusätzlich zu seiner Verantwortung als Teil des ERT sind Butts Tage sehr lang. Fast jeden Tag leitet er die Küche.

„Meine Aufgaben als Supervisor der Lebensmitteldienstleistungen sind sehr ähnlich wie die Aufgaben von damals als Geschäftsführer eines Restaurants", erklärt er. „Ich manage die Mitarbeiter, die drei Mahlzeiten pro Tag, plus sonntags Brunch, zubereiten und servieren." Während des Sommers hat er sieben Mitarbeiter: zwei Sous-Chefs, einen Produktionskoch, einen Bäcker und drei Kellner. Im Winter sind es, inklusive Butts, nur vier Mitarbeiter.

‚Ich verbringe ein Jahr unter den härtesten Bedingungen am abgelegensten Ort der Welt, fast neun Monate davon im kompletter Dunkelheit und Isolation mit nur 45 anderen Personen.'

„Das, was dieses Commitment anders macht, ist das Commitment selbst", sagt er. „Ich wusste, dass ich, um wirklich glücklich sein, weiter nach neuen Abenteuern suchen musste. Ich wusste, dass ich nie erfüllt sein werde, wenn ich meine Komfortzone nicht verlasse. Aufgrund meiner Tätigkeiten verbringe ich die meiste Zeit drinnen, aber in meiner Freizeit versuche ich, so viel wie möglich rauszukommen", sagt Butts. „Das ist der wunderschönste und beeindruckendste Ort dieser Welt und das will ich ausnutzen."

Alle Wohnräume befinden sich in der Station, darunter auch die Küche, die Anlegeplätze, die wissenschaftlichen Abteilungen, der Computerraum, die Büros, die Aufenthaltsräume, ein Fitnesscenter, ein Musikzimmer und Filmräume. Butts hat ein eigenes Schlafzimmer, das aussieht wie im Studentenwohnheim mit einem Schrank, einem Schreibtisch und einem Bett. Die Küche ist eine normale Gewerbeküche—sauber und mit den nötigsten Geräten ausgestattet.

Butts ist sich bewusst, dass er trotz allem Komfort der Station großen Herausforderungen gegenüberstehen wird. „Ich verbringe ein Jahr unter den härtesten Bedingungen am abgelegensten Ort der Welt, fast neun Monate davon im kompletter Dunkelheit und Isolation mit nur 45 anderen Personen. Ob ich will oder nicht, diese Leute werden meine Ersatzfamilie sein."

Und die Familie spielt für ihn eine wichtige Rolle. Die größte Herausforderung war für ihn, so weit von seiner Mutter entfernt zu sein, die vorher nur sechs Häuser weiter lebte und ihn während seiner Reise immer unterstützt hat. „Sie hat meinen Hund, Dash. Sie passt auf ihn auf", sagt er.

Was das Leben nach dem Südpol anbelangt, wird Butts nach Vertragsende finanziell erst mal versorgt sein und weitere Reisen planen können, da er auf der Station keine Ausgaben hat. „Diese Ort ist magisch. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie toll er ist", sagt er. „Diesen Moment, als ich aus der Lockheed C-130 ausgestiegen bin und auf das Polarplateau blickte, werde ich nie vergessen. In diesem Moment fühlte ich mich, warum auch immer, zu Hause. Zumindest für das kommende Jahr."