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Dieses Dinner wird im All geliebt—und auf der Erde gehasst

Die Schwerelosigkeit verändert auch den Geschmacksinn von Astronauten. Die Weltraumköche der NASA steuern mit eigenen Strategien dagegen.

Mhmm, lecker, Space-Shrimps | Bild: NASA

Mit der Weltraumnahrung ist das so eine Sache: Die Mahlzeiten der Raumfahrer sind häufig entweder sehr trocken oder unangenehm schleimig und erinnern meist nur entfernt an die Zutaten, aus denen sie einmal zubereitet wurden. Das Glamouröseste an einem Dinner im Weltraum ist noch immer der Ausblick beim Essen.

Klar, Weltraumnahrung muss fürs All so präpariert werden, dass sie nicht auseinanderfällt, in wichtige Bordmaschinen gerät oder versehentlich unkontrolliert herumfliegt—aber sollte das Essen deshalb eine Strapaze für die Geschmacksnerven der Astronauten sein?

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„Die Astro-Lebensmittel werden stark pasteurisiert und zigfach bearbeitet, damit sie verpackt werden können und um die Sicherheit und Haltbarkeit zu gewährleisten", erläutert die US-Autorin Mary Roach bei TED. Die All-Menüs dürfen außerdem nicht zu schwer sein, damit das Raumschiff einen Vorrat mitnehmen kann, mit dem die Besatzung im Notfall auch Engpässe überstehen kann. An die ISS wird zum Beispiel alle 90 Tage neue Nahrung geschickt. Erst vor einem halben Jahr explodierte jedoch eine Rakete, die eine über 1800 kg schwere Essenslieferung an Bord hatte—die Gaumen der Astronauten mussten warten.

„Dein Kopf bläht sich im All auf, als würde jemand einen Ballons eindrücken"—ein Problem auch für die Geschmacksnerven.

Es gibt jedoch nicht nur technische, sondern auch sehr menschliche Gründe dafür, dass es den Astronauten nicht mehr schmeckt: Auf Missionen wiederholt sich der Speiseplan mindestens alle acht Tage—häufig sogar in kürzeren Zyklen. Diese Monotonie sorgt oft dafür, dass einem nach einem Jahr sogar das köstlichste Essen zum Halse heraus hängt.

Doch neben all diesen erschwerten Gourmet-Bedingungen gibt es im All einen Umstand, der sich sehr direkt und wahrscheinlich am intensivsten auf die gastronomischen Erfahrungen von Astronauten auswirkt: Die Schwerelosigkeit. Ohne die Erdanziehung verstopfen die Nasennebenhöhlen der Raumfahrer. „Dein Kopf bläht sich im All auf, als würde jemand die Unterseite eines Ballons eindrücken", beschreibt es der ehemalige kanadische Astronaut Chris Hadfield gegenüber dem Atlantic.

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Ein irdischer Shrimp-Cocktail. Bild: Wikimedia | Suresh Shahi. Lizenz:CC BY-SA 4.0.

Die Mittel gegen die Weltraum-Malaise? Viel Soße, Pesto oder Barbecue-Dip. Und: Shrimp-Cocktails. Ja genau, diese rote Soße in Martini-Gläsern, aus denen die rosafarbenen Garnelenkörper wie Spinnenbeine über den Rand hinausragen. „Der Shrimp-Cocktail ist wirklich beliebt", sagt Roach. „Er ist das Lieblingsessen vieler Astronauten. Der Geschmack der gefrorenen Garnelen und der Cocktailsoße halten sich im All ganz gut."

Die Mannschaftsspeisepläne beweisen den Hype um das scharfe Gericht: Auf der Mission zur ISS im Jahr 2000 zum Beispiel stand der Cocktail jeden Tag auf dem Speiseplan des Kommandanten Terry Wilcutt. Der Missionsspezialist John Grunsfeld gönnte sich auf dem Flug STS-103 der Discovery im Jahr 1999 sogar mindestens zwei der Leckerbissen pro Tag.

„Wann immer wir das essen mussten, hat jeder gestöhnt und gesagt: ‚Oh nein, nicht schon wieder eine Dose davon'"

Essen im All ist mehr als nur Nahrungsaufnahme, das weiß auch die NASA. Es ist auch immer ein irdisches Ritual, dass die Raumfahrer an das Leben auf dem Heimatplaneten erinnert. Astronauten haben deshalb einen Tisch, an dem sie sitzen und gemeinsam essen können. Der erste koreanische Astronaut Ko San brachte Kimchi ins All. Und andere Crew-Mitglieder lassen sich auf längeren Missionen zu besonderen Anlässen Essen von zu Hause schicken, um das Heimweh zu bekämpfen.

Bis der Shrimp-Cocktail das All eroberte, hat es übrigens ein wenig gedauert: Ein erster Versuch, leckeres Essen herzustellen, war „Kung Pao Chicken". Das scharfe Gericht kam in der Weltraum-Version überhaupt nicht gut an. „Wann immer wir das essen mussten, hat jeder gestöhnt und gesagt: ‚Oh nein, nicht schon wieder eine Dose davon'", erzählt der Crew-Leiter der Mars-Simulationsmission gegenüber TED. Ein zweiter Fail: All-Eis—getrocknet. „Nur drei Astronauten der Apollo 8-Mission haben das je im Weltraum gegessen—und alle nicht viel", sagte der ehemalige NASA-Ernährungswissenschaftler Charles Bourland gegenüber BoingBoing. „Ohne das cremige, kalte Element des normalen Speiseeis war es bei der Crew einfach nicht beliebt."

Insbesondere im Hinblick auf lange Missionen, wie zum Beispiel einer fünf Jahre dauernden Marsreise, will die NASA sicher gehen, dass sich ihre Raumfahrer kulinarisch nicht langweilen. Wissenschaftler wollen deshalb unter anderem Essen entwickeln, dass die Astronauten mit 3D-Druckern im Raumschiff herstellen können.