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Tübinger Institut für Bio-Kybernetik kündigt Ende der Affenversuche an

Nach Anfeindungen und Drohmails will der Leiter des Institus zukünfig nur noch mit Nagetieren arbeiten.
Ein Affe im Tübinger Labor. Bild: SOKO Tierschutz, buav

Auf dem Boden kauernde Affen mit riesigen Implantaten im Kopf und blutverschmierten Schädeln, beschmutzt von ihrem eigenen Erbrochenen. Die heimlich aufgenommenen Bilder, die die SOKO Tierschutz im September 2014 veröffentlichte, gehörten zu den Ergebnissen einer investigativen Recherche am Institut für biologische Kybernetik in Tübingen. Der unter dem Decknamen Pawel eingeschleuste Aktivist hatte ein halbes Jahr lang als Tierpfleger in dem Max-Planck-Institut gearbeitet und grausame und verstörende Belege der dort stattfindenden Tierversuche an die Öffentlichkeit gebracht.

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Besonders die Aufnahmen von Affen, denen die Schädel aufgesägt und Elektroden ins Gehirn gesetzt worden waren, nahm die Öffentlichkeit mit großem Entsetzen auf. Das zuständige Max-Planck-Institut in Tübingen wurde von Tierschützern stark kritisiert.

Noch im Januar 2015 verkündete das zuständige Regierunspräsidium nach einer Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft, dass keine Verfehlungen statt gefunden hätten und das Max-Planck-Institut seine Grundlagenforschungen an Affenhirnen fortführen könne. Nur in einem Fall habe man überlegt, die Forschung zu untersagen. Ein entsprechendes Verbot wurde jedoch nicht ausgesprochen, da das Institut ohnehin plane, diese Versuche einzustellen.

Die Affen werden für Versuche an Hals und Kopf in einem Primatenstuhl fixiert. Immer wieder gehen sie nicht freiwillig aus ihren Käfigen in diese Fixierung (wie es eigentlich gesetzlich verlangt wird), sondern müssen gezwungen werden. Bild: SOKO Tierschutz, buav

Doch nun scheint sich der Einsatz der aufgebrachten Kritiker doch noch auszuzahlen: Das Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik wird seine Versuche an Affen auf Eis legen. Grund seien die extreme Kritik sowie die Drohungen und Beschimpfungen, denen das Institut seit den Veröffentlichungen durch die SOKO Tierschutz ausgesetzt gewesen sei, so eine Stellungnahme der Max-Planck-Gesellschaft am 30. April. Nikol Logothetis, Direktor des Instituts, ziehe entsprechende Konsequenzen und wolle zukünftig nur noch mit Nagetieren arbeiten.

Allerdings ist mit einem Ende der Affen-Versuche nicht sofort zu rechnen. „Das wird noch zwei, drei Jahre dauern, bis die Experimente abgeschlossen sind", erklärte der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer der Deutschen Presse-Agentur. Weiterhin bedauerte der Grünen-Politiker die Entscheidung des Neurowissenschaftlers. „Die Experimente, die Logothetis durchführt, sind absolute Weltspitze." Er halte die Einstellung der Affenversuche für einen „schwerer Rückschlag" in der Forschung.

Unabhängig von den Ereignissen in Tübingen wird das Max-Planck-Institut an anderen Standorten weiterhin Versuche an Affen durchführen. „Dies ist nach wie vor der einzige Weg, Behandlungsansätze für neurologische Gehirnerkrankungen wie Alzheimer, Parkinson oder psychiatrische wie Schizophrenie zu entwickeln", so die Forschungseinrichtung. „Die immer wieder aufkeimenden Anfeindungen, die Vielzahl an Drohmails und Beschimpfungen über die vergangenen Monate hinweg waren jedoch eine große Belastung für alle Beteiligten."

Dennoch könnte sich die Entscheidung des renommierten Forschers Logothetis als exzellentes Beispiel anführen lassen. Wenn selbst er die chronisch-invasiven Neurokognitions-Experimente an Rhesusaffen für entbehrlich hält, stellt sich schließlich generell die Frage, ob die Notwendigkeit solcher Vorgehensweisen überhaupt noch gerechtfertigt werden kann.