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Anonymous-Hacker kritisieren Kollegen wegen jüngster Operation gegen den IS

„Wenn ihr wirklich etwas tun wollt, dann lasst euren Worten Taten folgen.“​
Screenshot via YouTube.

Nicht alle Mitglieder von Anonymous teilen die allgemeine Begeisterung über die jüngste Operation, mit der Anons nach den Anschlägen von Paris den IS „angreifen wollen." Während Anonymous-Hacker am Dienstag begonnen haben, persönliche Informationen mutmaßlicher IS-Mitglieder zu leaken, läuft unter verschiedenen internationalen Anons eine Debatte darüber, wie sinnvoll #OpParis eigentlich sei.

Warum konnten die Geheimdienste die Pariser Anschläge nicht vereiteln?

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Der Anon Discordian beispielsweise kritisierte, dass die Operation schädlich für den Ruf von Anonymous sein könnte. In einem PasteBin wies er darauf hin, dass es diesmal kaum gelingen wird, das Anonymous-Credo „immer abliefern", einzuhalten: „Wie genau wollen die [Anons] denn eine internationale Terror-Organisation aufhalten, die trotz geheimdienstlicher Massenüberwachung überall auf der Welt Angriffe planen konnte?"

Make no mistake: #Anonymous is at war with #Daesh. We won't stop opposing #IslamicState. We're also better hackers. #OpISIS
— Anonymous (@GroupAnon) November 15, 2015

Auch Mitglieder der Anon-Gruppe, deren Kriegserklärungs-Tweet inzwischen über 14.000 mal geteilt wurde, gestanden ein, dass die aktuelle Kampagne mehr schaden als nutzen könnte.

Ein Großteil der beteiligten Anons bemüht sich bisher vor allem um das Melden und Abschalten mutmaßlicher IS-Twitter-Accounts. Das jedoch könnte auch bedeuten, dass wichtige Informationsquellen über den IS verloren gehen: „Wir haben in der Vergangenheit mit verschiedenen Geheimdiensten zusammengearbeitet und ihnen gerne die Daten weitergegeben, die wir gesammelt haben, in dem wir die Netzwerke der Dschihadisten infiltrierten", erklärte der Anon mit dem Namen Backlash.

„Es geht bei #OpParis um das Ego von Anonymous; ein verzweifelter Versuch, relevant zu sein."

Vor allem aber zeigten sich die kritischen Anons überrascht, warum überhaupt eine neue Operation ausgerufen wurde. Tatsächlich ist bereits seit dem vergangenen Jahr eine Operation gegen den IS im Gange, wie Anons schon im September gegenüber Motherboard ausführten. Backlash warf einigen Anons dann auch vor, einfach nur auf einen fahrenden Zug aufzuspringen und scharf auf den medialen Ruhm zu sein.

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Die Anon-Forscherin Biella Coleman weiß genau, um die Vielfalt und die internen Grabenkämpfe von Anonymous

„Es ist beängstigend wie sehr die Mainstream-Medien diese Operation lieben. Die Operation hat nichts mit dem Kampf gegen den IS zu tun, es geht um das Ego von Anonymous; ein verzweifelter Versuch, relevant zu sein", fügte Discodian hinzu.

Interne Auseinandersetzungen sind nichts neues unter Mitgliedern des losen Hacker-Kollektivs Anonymous. Auch in Deutschland gibt es unter Anons immer wieder Streit um die ideologische Ausrichtung und darüber, welche Operationen man verfolgen solle.

Motherboard hat in den vergangenen Tagen mit verschiedenen an #OpParis beteiligten Anons gesprochen. Tatsächlich zeigte sich dabei, dass die anlaufenden Aktionen nicht immer strategisch zu Ende gedacht und teilweise auch chaotisch koordiniert sind. Die schnelle Reaktion der Anonymous-Operation, an der theoretisch jeder teilnehmen kann, sorgte in sozialen Netzwerken in den vergangenen Tagen bereits unabhängig von der bisherigen Wirksamkeit der Angriffe für Begeisterung.

„Anonymous sollte immer gegen den Terror kämpfen. Aber wenn ihr wirklich etwas tun wollt, dann lasst euren Worten Taten folgen."

Neben zahlreichen Twitter-Accounts sind es vor allem Websites von IS-Unterstützern die laut den Hackern bisher angegriffen wurden. Ob es sich dabei in allen Fällen um wichtige IS-Accounts handelt, lässt sich bisher nur schwer verifizieren. Motherboard wird den aktuellen Stand der Operationen in Kürze in einem weiteren Text zusammenfassen.

Auch Twitter hat gegenüber VICE News bisher nicht bestätigt, dass momentan überhaupt mehr mutmaßliche IS-Accounts als zuvor offline genommen werden—und es ist nicht klar, ob die Accounts nicht in der Mehrzahl von den Nutzern selbst abgeschaltet oder umbenannt werden.

Was die jüngste Anonymous-Operation bringt, und welche Taktiken die hunderten beteiligten Anons weiter verfolgen, wird sich erst in den nächsten Tagen zeigen. Klar ist, dass sich auch die kritischen Anons dem Kampf gegen den IS verpflichtet fühlen: „Anonymous sollte immer und überall gegen den Terrorismus kämpfen. Allen, die jetzt mitmachen, rufen wir zu: Wenn ihr wirklich etwas tun wollt, dann lasst euren Worten Taten folgen."