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Eine Weltraumkanone Marke Eigenbau

Der kanadische Erfinder und Bastler Richard Graf hat eine Kanone gebaut, mit der er die Kosten für Weltraumflüge um ein Vielfaches reduzieren könnte.

Bilder und Videos: Starfire Scientific Inc., (verwendet mit freundlicher Genehmigung)

Allein im vergangen Jahrzehnt hat sich unsere Verbindung zum Weltraum radikal verändert: Das alte Equipment der Space Shuttle Starts steht zum Verkauf, US-Amerikaner fliegen in sowjetischen Soyuz-Kapseln zur ISS und neue Mini-Satelliten starten jetzt in Virginia. Es scheint als sei die einzige Konstante, die immer noch exorbitante Summe, die nötig ist, um irgendwen oder irgendwas in den Weltraum zu schießen—5.000 Dollar pro Pfund für Nachschublieferungen und die unglaublichen Kosten von 60 Millionen Dollar, um eine Person mit den Soyuz-Kapseln ins All zu schießen. Es sind auch die astronomischen Kosten, auf die es ein kanadischer Bastler abgesehen hat mit seiner selbstgebauten 13 Meter großen Weltraumkanone.

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Richard Graf beschreibt sich selbst als Weltraum-Enthusiasten und Erfinder.Er ist bis jetzt der Gründer, Leiter und das einzige Mitglied von Starfire Scientific Inc.—einer Organisation, die sich selbst der „Ermöglichung eines günstigen Zugangs zum All für jedermann“ verschrieben hat. Um Dinge mit einem kleinstmöglichen Budget ins Weltall schießen zu können, plant Graf das alte Modell des Raketenstarts durch eine Kanonenvariante zu ersetzen.

„Um heutzutage ins All zu kommen, brauchst du eine Rakete, die ziemlich groß sein muss“, erklärt Graf auf der Website seiner Starfire Space Canon Kickstarter Kampagne. „Eine Rakete befördert dabei nicht nur die Ladung, sondern muss auch all ihren Treibstoff, den Tank und ihren Antrieb mittragen—das ist ziemlich schwer, und schwer bedeutet auch teuer. Eine Kanone als Startgerät dagegen ist eine Antriebsmöglichkeit, die auf dem Boden verbleibt.“

Während Graf seine Ideen in einem Video erläutert, steht er vor seinem Schuppen außerhalb von Calgery, wo er den Prototyp seiner Starfire Canon erstmal abgestellt hat—ein 13 Meter Rohr montiert auf dem Gestell eines Truck-Anhängers. Das ganze sieht irgendwie vor allem nach einer weitgehend in ihre Einzelteile zerlegten Jahrmarktattraktion aus, aber wenn die Kanone mitten hinein in einen Haufen von Schnee und Dreck feuert, dann donnert ein ziemlich eindrucksvolles Schussgeräusch durch die kanadischen Wälder. Natürlich lässt es sich der Erfinder Graf nicht nehmen das Abfeuern mit einem „3, 2, 1 Starfire“ Signal dramaturgisch anzukündigen.

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Graf ist nicht der einzige der an einer Kanone für den Weltraumflug arbeitet. Im Jahr 2010 hat der Physiker John Hunter vorgeschlagen eine schwebende „Space Canon“ zu bauen, sobald er die notwendigen rund 500 Millionen Dollar dafür beisammen hätte. Graf wiederum hat als Ziel seiner am 1. Februar begonnen Kickstarter-Kampagne lediglich eine Summe von knapp 60.000 Dollar angegeben.

Selbstverständlich habe ich Graf direkt eine Nachricht geschrieben, schließlich geht es hier um eine Welltraumkanone. Meine Hauptfrage war eigentlich ziemlich einfach: Wie kommt man auf die Idee eine gigantische Kanone mitten im Wald zu bauen?

„Ich hatte bisher schon ein interessantes Leben. So habe ich zum Beispiel schonmal als Waffenschmied für das kanadische Militär gearbeitet und ich habe auch einen Abschluss in Robotik“, erzählte er mir.

Zu der naheliegenden Frage zur legalen Situation seiner Erfindung, antworte Graf mir, dass „diese Maschine als nicht-regulierungspflichtige Schusswaffe in Kanada klassifiziert ist—vergleichbar mit einer Jagdwaffe. Der Bau einer Kanone ist eigentlich eine relativ eindeutige Sache, aber es gibt eine signifikante Anzahl an Regularien, die den Betrieb betreffen.“

Bis jetzt hat Graf nur einige „Test Kugeln“ abgefeuert, was letztlich nicht mehr als sandgefüllte Boxen sind. Aber er arbeitet schon an aerodynamischeren, Raketen geformten Trägervehikeln: „Ich rechne erstmal damit einen Testschuss mit mehr als 1500 Metern pro Sekunde abfeuern zu können. Ein Satellit muss letztlich mit etwa 8 Kilometern pro Sekunde unterwegs sein, um den Orbit zu erreichen.“

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Die Physik hinter der Entwicklung ist gar nicht so einfach: Wenn der eigentliche Antrieb auf dem Boden bleibt, dann muss all die Kraft auf einmal wirken—die Ladung wird mit einem Druck von 50.000-60.000 PSI abgeschossen und beginnt dann sofort sich zu verlangsamen. Um dieses Problem zu lösen, gibt Graf an, ein Mehrkammer-Abschusssystem entwickelt zu haben, welches er nur knapp im Video beschreibt. Da es sich um geschützte Technik handelt, möchte Graf nicht zu viele Details preisgeben.

„Ich kann dir zumindest verraten, dass der Grund des Mehrkammersystems darin besteht einen konstanten Druck über die gesamte Länge des Laufs aufrecht zu erhalten“, sagte er.

Sollte seine Kickstarter-Kampagne bis zum zweiten März erfolgreich gewesen sein, dann möchte Graf einen suborbitale Flug noch in diesem Jahr durchführen. „Danach möchte ich ein Vehikel entwickeln um Satelliten starten zu können. Wenn die Finanzierung steht, dann könnte ich schon in etwa zwei Jahren mit Tests für richtige Weltraumflüge beginnen.“

Vielleicht liegt es an seiner zurückhaltenden kanadischen Art, aber ich glaube, wenn irgendjemand sonst mir erzählen würde, dass er in naher Zukunft eine selbstgebaute Weltraumkanone in Betrieb nimmt, würde er für mich wie ein übertreibender Superangeber klingen.

Aber wenn Graf den Bericht über seine Pläne auch noch abschließt mit seinem Wunsch „hiermit am Beginn einer neuen Ära kostengünstiger Weltraumflüge zu stehen“, dann klingt es für mich vor allem entwaffnend. Anstatt ihm zu antworten, dass er damit nie durchkommt, wünschte ich ihm einfach nur alles Gute.

Als ich mir aber noch einmal ein Video von einem Starfire Test angeschaut habe, fiel mir noch ein, dass man vielleicht auch seinen Nachbarn alles Gute für die kommenden Jahre wünschen sollte.