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DIY-Propagandaschlacht um die Krim

„Ich bin Juristin und kein Pokémon“: Auch wenn der russischen Anime-Anwältin ihr viraler Hype nicht geheuer ist, geht die Meme-Schlacht weiter.
Bild via KnowYourMeme

Die neue Oberstaatsanwältin der Krim ist von dem japanischen Medien-Hype um ihre Person vollkommen überrascht und sichtlich verwirrt. Zur Absicherung des Meme-Triumphs haben sich auf Facebook in den vergangenen Tagen zahlreiche weitere standfeste Web-Propagandagruppen wie die „Revolutionary Nataliaist Worldwide Party" gegründet. Natalia Poklonskaya ist ohnehin nur ein Beispiel für die eskalierende Do-It-Yourself-Propaganda-Schlacht zwischen Russland, der Ukraine und dem Rest der Welt. Abgehörte Telefonate und Sex-Boykott sind weitere Waffen der Wahl.

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Als Natalia Poklonskaya im russischen Fernsehen darauf angesprochen wurde, dass sie „Russlands neues Sexsymbol" sei, sagte [sie lediglich](http://Link: http://www.youtube.com/watch?v=XX4JCQViRKg): „Davon habe ich noch nichts mitbekommen." Irgendwie scheint ihr das ganze aber nicht geheuer zu sein: „Ich bin doch Juristin und kein Pokémon!" empörte sich Poklonskaya. Mir scheint als wäre hier jemand nicht vertraut mit der Agenda-Setting-Macht des Internet.

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Weil sie nach eigenen Angaben auf gar keinem sozialen Netz angemeldet ist, wundert sie sich allerdings, wie schon jetzt so viele private Fotos von ihr den Weg ins Internet gefunden haben. Zu der Wirkung der Bilder als heiß und bis weilen verführerisch, sagte Poklonskaya nur: „Ich hoffe, dass sie die Wachsamkeit meiner Feinde abstumpfen." Abgesehen davon hofft sie allerdings auch, dass „Schönheit die Welt rettet."

Ob es bei dem Hype unbedingt nur um Schönheit geht ist eine andere Frage: Auf einem der aufgetauchten Privatfotos tauchte schon unten rechts in der Ecke das Logo der YouPorn-Produktionsfirma „Brazzers" auf. Nebenbei gibt es natürlich auch schon etliche Magic-Karten mit Poklonskaya-Kreaturen.

Selbstverständlich ist der Poklonskaya-Kult längst auch aus der digitalen Welt in die analoge zurückgeschwappt: Vor ein paar Tagen tauchten Bilder von einem Cosplay auf, dass wiederum die Manga-Bilder von Poklonskaya imitierte.

Natalia Poklonskaya 3 by OneEyedDragonParty on deviantART

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Natalia Poklonskaya ist aber nur ein Teil der DIY-Medienschlacht. Propaganda zum Mitmachen, scheint neben den professionelleren Cyber-Kriegsstrategien im Krim-Konflikt schwer in Mode zu sein. Außer dem Poklonskaya-Anime-Meme machen auch jede Menge Putin-verherrlichende Bildchen die Runde.

Überhaupt scheinen in der Medien-Schlacht um die Krim in der Ukraine neue Methoden entdeckt worden zu sein: Gestern veröffentlichten russische Medien ein Telefonat zwischen Julia Timoschenko und ihrem Partei-Freund Nestor Schufritsch. Sie wolle „dem russischen Führer in die Stirn schießen," ist ihre Stimme darauf zu hören.

Die acht Millionen Russen in der Ukraine wolle sie mit Atomwaffen platt machen. Die Echtheit des Mitschnittes bestätigte Timoschenko mittlerweile - allerdings seien die entscheidenden Passagen, wie die mit den Atomwaffen, gefälscht. In Wahrheit habe sie gesagt, „Die Russen in der Ukraine sind auch Ukrainer." Dass sie Putin gerne in den Kopf schießen wolle, dementierte sie allerdings nicht.

Was an diesem Telefonat echt ist, lässt sich schwer einschätzen. Dass Timoschenko selbst auf dem Gebiet der Ukraine gerne Atomwaffen einsetzten möchte, ist jedoch ziemlich unwahrscheinlich. Mal ganz abgesehen, davon dass sie gerade kein höheres politisches Amt bekleidet und die Ukraine gar keine Atomwaffen hat.

Verdächtig ist nur, dass immer öfter abgehörte Telefonate in russischen Medien auftauchen, die Russland wie gerufen kommen. Ganz prominent war vor kurzem Victoria Nulands „Fuck the EU". Auch der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan kam vor kurzem wegen eines Abgehörten Gesprächs mächtig in die Bredouille, woraufhin er sich nur mit einem Gegenschlag via Twitter-Sperre zu helfen wusste. Während die Twitter-Sperre für jeden Nutzer ziemlich einfach zu umgehen ist, so ist es schon sehr viel schwerer zu erkennen was Sache ist, bei den pseudo-demokratisch arragierten Web-Leaks à la Timoschenko-Telefonat.

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Der neuste Dreh im Krim-Konflikt ist übrigens eine Gruppe ukrainischer Frauen, die dazu aufruft, russischen Männern den Sex zu verweigern. Sie berufen sich bei ihrer Kampagne auf den ukrainischen Dichter Taras Schewtschenko, der 1838 in seinem Gedicht „Katerina" schrieb: „Verliebt euch, dunkelhaarige Jungfern, aber nicht in die Russen."

Beitrag von Не дай русскому.

Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, haben sie ordentlich Fan-T-Shirts gedruckt und eine Facebook-Gruppe gegründet. Auf den T-Shirts sind zwei Hände zu sehen, die eine Vagina formen. Darunter steht: „не дай русскому". Was so viel bedeutet, wie „lasst die Russen nicht ran".

Dem Frieden und der Völkerverständigung zu liebe rufen die Aktivistinnen auch Russinnen auf, den Sex zu verweigern. „Unsere Männer sind zu Hause, eure sind im Krieg," schreiben sie den russischen Frauen auf Facebook—weitere thematische Fortpflanzung als Meme nicht ausgeschlossen.