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Roboter-Anzüge könnten vielen Fabrikarbeitern ihren Job retten

Exosuits könnten schon bald auf Schiffen der US-Navy für Reparatur- und Wartungsarbeiten zum Einsatz kommen. Aber auch in Fabriken und Werften bieten sich vielerlei Verwendungsmöglichkeiten.

​Egal, wo du auch hinschaust: Roboter drängen immer mehr Menschen aus Fabriken, ​einfachen Jobs und sogar vom ​Kriegsfeld. Doch vielleicht können wir diese automatisierte Revolution—zumindest vorübergehend—aufhalten, indem wir selbst alle ein bisschen mehr Roboter werden.

Die Rede ist hier von Roboter-Anzügen aka Exosuits. Durch sie wirst du zwar nicht gleich zum ​Iron Man (aber vielleicht eines Tages, wer weiß)—dafür kommt der Träger in den Genuss von bestimmten Superkräften. In der Regel beschert dir das Technikskelett enorme Kräfte, es ist kann dich auch in einem Superschweißer oder Superbohrer verwandeln.

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Schon in naher Zukunft werden Cyber-Anzüge dieser Art bei der US-Army zum Einsatz kommen—vorerst jedoch wohl nur bei Wartungsarbeiten und noch nicht in Kampfeinsätzen.

Wenn es nach dem militärischen Berater Andrew Herr geht, soll Roboter-Anzügen an Bord von Schiffen der US-Navy eine wichtige Rolle zukommen. Dem kann Scott Cheney-Peters—ein Reserveoffizier für Oberflächen-Seezielbekämpfung bei der US-Navy—nur zustimmen. Erst vor Kurzem haben die beiden einen Bericht zu dieser neuen Technologie vorgelegt, der den klangvollen Namen ​„Between Iron Man and Aqua Man") trägt und vom Center for a ​New American Security veröffentlicht wurde.

Stellt euch einfach folgendes Szenario vor: Eine Rakete schlägt in ein amerikanisches Kriegsschiff ein und hinterlässt ein Leck im Rumpf des Schiffes. Sofort springt ein Team von Navy-Soldaten in ihre Roboter-Anzüge, hüpft ins Wasser und stopft dank der eingebauten Dichtungswerkzeuge umgehend das Loch.

Roboter-Anzüge sind die ideale Kombination aus Mensch und Maschine und darum so interessant für die US-Navy. Doch auch für den Privatsektor bieten sich spannende Anwendungsmöglichkeiten.

„Menschen in Roboter-Anzügen sind ferngesteuerten Robotern weit überlegen, da sich letztere nur langsam bedienen lassen und den Anwendern nicht dieselbe Lageerkennung bieten", so die beiden Autoren in ihrem Bericht. „Außerdem haben Roboter noch lange nicht den Entwicklungsstand erreicht, um auch bei den Missionen zur Anwendung zu kommen, bei denen Roboter-Anzüge schon heute glänzen würden."

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Zeitnahe Einsatzmöglichkeiten wären bei der humanitären und Katastrophenhilfe (etwa zur Trümmerbeseitigung bei der Suche nach Verschütteten), bei der Schiffswartung und -reparatur, beim Beladen von Containerschiffen oder etwa in Fabriken.

Das US-Militär kann dem nur zustimmen. Gill Pratt—verantwortlich für ein Programm der​ US-Behörde DARPA), das die Entwicklung von Roboter-Anzügen für Soldaten erforscht—erzählte der​ MIT Technology Review) in einem Interview, dass Roboter in vielen Situationen einfach ungeeignet wären.

„Nur weil der äußere Aufbau eines Roboters dem eines Menschen ähnelt, heißt das noch lange nicht, dass das künstliche Gehirn der Maschine nur ansatzweise so gut ist", sagte er.

Was nach Zukunftsmusik klingt, ist bereits (fast) Wirklichkeit. Denn die US-Navy experimentiert schon längst mit unbestromten Roboter-Anzügen aus Metall, mit denen das Aufheben und Transportieren von schweren Gegenständen zum Kinderspiel werden soll; und auch wenn die bestromten Varianten noch in den Kinderschuhen stecken, sollen sie über kurz oder lang dafür sorgen, dass man schneller—oder überhaupt wieder—laufen kann. Denn Roboter-Anzüge könnten auch solchen Personen helfen, die​ infolge von Unfällen oder altersbedingt ​ihre Mobilität verloren haben. Herr erzählte mir, dass die Navy in spätestens fünf Jahren auf ihren Kriegsschiffen und Flugzeugträgern über einsatzfähige Roboter-Anzüge verfügen wird.

„Wenn wir unsere Forschung darauf ausrichten, Anzüge für spezifische Aufgaben herzustellen, könnten wir das in rund fünf Jahren bewerkstelligen", sagte er. „Es gibt natürlich gute Gründe dafür, auch Iron-Man-Anzüge herzustellen, die so ziemlich alles können. Dann müssten wir uns zwar damit abfinden, dass ihr Akku nur für rund zwei Stunden läuft und danach die Batterien ausgetauscht werden müssen, aber es wären hocheffiziente Anzüge."

Und sollte das Militär wirklich in der Lage sein, Anzüge herzustellen, die sich bei bestimmten Aufgaben noch nützlicher erweisen als Roboter, ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis auch erste Fabrikarbeiter einen tragen werden. In einigen Fällen ist die Technik bereits so weit—wie etwa im Fall von ​Hondas spezieller High-Tech-Gehhilfe. Auch in der Werft des südkoreanischen Mischkonzerns ​Daewoo tragen Arbeiter schon Anzüge), die es ihnen ermöglichen, mehr als 30 Kilo fast ohne jegliche Kraftanstrengung hochzuheben.

„Die Anzüge werden auch den Sprung in die Privatwirtschaft schaffen", sagte Herr. „So kann man sich beispielsweise gut vorstellen, dass—sobald die Preise erstmal runtergehen—Menschen damit auch noch im hohen Alter ohne größere Probleme weiterarbeiten können. Außerdem haben auch Fabrikbesitzer ein Interesse daran, dass bei ihnen Menschen und nicht Roboter arbeiten. Schließlich bringen wir nicht nur eine deutlich bessere Lageerkennung mit, sondern verstehen viele Dinge einfach besser. Mit diesen Hilfsmitteln können wir Menschen nun noch effizienter werden."

Wir brauchen die menschliche Rasse also wohl doch noch nicht anzählen. Wir müssen nur ein wenig mehr zur Mensch-Maschine werden.