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Gefahrengut

Berliner Polizisten haben Kollegen versehentlich mit Drogenspritzen verletzt

Mindestens ein Beamter infizierte sich mit Hepatitis C – auf dem Postweg. Jetzt warnt die Polizei vorm Griff in den Briefkasten.
Illustration: VICE

Mit Post von der Polizei ist es so wie mit einer Tupperdose voll Blumenkohlauflauf, die man vor drei Monaten im Kühlschrank vergessen hat: Keiner will sie aufmachen. In Berlin geht das allerdings auch einigen Polizisten so. Laut einer neuen Dienstbroschüre der Polizei Berlin erhalten Beamte immer wieder hochgradig gefährliche Post von ihren Kollegen. Wenn es ganz dumm läuft, stecken sie sich dabei mit Krankheiten wie Hepatitis C an.

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Das derzeit unter Hauptstadtpolizisten verteilte Informationsblatt Polizei Aktuell warnt vor "Gefährlicher Dienstpost". "In der Vergangenheit gab es folgenschwere Hepatitis-C-Infektionen im Kollegenkreis", zitiert die Berliner Morgenpost aus der Broschüre. Die Absender hätten kontaminierte Spritzen nicht korrekt verpackt: Kanülen von Heroin-, Meth- und Crackspritzen, die etwa aus Ermittlungen gegen Drogenhändler stammen, landeten ungesichert in normalen Umschlägen. Die Empfänger griffen ahnungslos in den Briefkasten oder den morgendlichen Poststapel und verletzten sich an herausstehenden Nadeln..

Wie ein Sprecher der Polizei gegenüber VICE sagte, handle es sich dabei um Einzelfälle. Tatsächlich sei ihm nur ein Polizist bekannt, der auf diese Weise an Hepatitis C erkrankt war. So ein "schwerwiegender Vorfall" sei allerdings Anlass genug, nochmals im großen Stil auf die Dienstvorschriften aufmerksam zu machen, immerhin regeln die bereits seit elf Jahren den Versand von Spritzbesteck und anderem Gefahrengut. Demnach müssen Beamte die Kanülen in spezielle Plastiküberzieher stecken.


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Bodo Pfalzgraf, Landesvorsitzender der Berliner Polizeigewerkschaft, hat ebenfalls keine genauen Zahlen darüber, wie viele Kollegen einschneidende Erfahrungen machen mussten. "Generell gibt es aber immer wieder mal Probleme beim Verschicken von Asservaten", sagt er zu VICE, "allerdings nur bei einem geringen Teil aller Sendungen." Auch Handyakkus würden nicht immer sicher verpackt, die könnten allerdings explodieren.

Der Nationale AIDS-Beirat des Gesundheitsministeriums empfahl letztes Jahr allen Polizeibeamten eine Hepatitis-B-Impfung. Allerdings: Gegen den C-Virus kann man sich nicht impfen lassen. Sofern die Betroffenen von ihrer Infizierung wissen, kann die Krankheit leicht therapiert werden. Andernfalls kann sie aber schnell chronisch werden und schweren Schaden an der Leber anrichten.

Die Bundespolizei und die Polizeibehörden der einzelnen Bundesländer sorgen deshalb vor: In ihrer gemeinsamen Datenbank sammeln sie auch Hepatitis-B-, Hepatitis-C- und HIV-Infizierte, unabhängig davon, ob es sich um Straftäter handelt. Die Betroffenen erhalten dort den Zusatz "ANST" – wie "ansteckend" –, Beamte und Rettungskräfte sind also gewarnt, wenn sie diese festnehmen oder versorgen wollen. Im Land Niedersachsen allein hat die Polizei deshalb mehr als 4.000 Menschen ein "ANST" verpasst. Die Deutsche AIDS-Hilfe kritisiert die Erfassung, die Behörden würden die Virusträger stigmatisieren.

Postboten müssen die Spritzen-Briefe übrigens nicht fürchten: Die Polizei organisiert ihre Dienstpost selbst. Bissige Hunde, stressige Arbeitszeiten und aggressive Autofahrer bleiben für sie die größten Gesundheitsrisiken. Und der infizierte Berliner Polizist ist dank frühzeitiger Behandlung bereits wieder gesund.

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