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Emoji-Analyse: Welche Partei erzeugt auf Facebook welche Emotionen?

Herzen, Daumen, Brechreiz – in den Kommentarspalten der deutschen Politik herrscht eine Achterbahn der Gefühle.
Bild: Screenshot holnburger.com

Der SPD fliegen noch immer die Herzen zu – zumindest auf der offiziellen Facebook-Seite der Partei: 739 waren es zwischen Juli 2016 bis Juli 2017. Denn so häufig haben Nutzer das Herz-Emoji in den Kommentarspalten auf der Facebook-Seite der Sozialdemokraten hinterlassen – bei keiner anderen deutschen Partei war das Liebes-Piktogramm stärker präsent als bei der SPD. Auch wenn es offline derzeit zappenduster für die SPD aussieht – die Partei ist aktuell Gewinner der Emoji-Herzen.

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Zu diesem Ergebnis kommt der Hamburger Politikstudent Josef Holnburger in seiner Emoji-Analyse, die er am vergangenen Freitag auf seinem Blog veröffentlichte. Die AfD-Seite geht in Holnburgers quantitativer Auswertung dagegen als klarer Gewinner beim Gebrauch eines anderen Emojis hervor: Die Inhalte, die von der Partei auf Facebook gepostet wurden, veranlassten die Nutzer, insgesamt 4.529 schmollende Gesichter abzugeben - mehr als bei allen anderen Parteien zusammen.

Wie Facebook-Nutzer auf die Beiträge deutscher Parteien reagieren und welche Emojis sie am häufigsten in ihren Kommentaren posten, habe Holnburger interessiert. Für seine Analyse wertete er 1,3 Millionen Kommentare aus, die auf den offiziellen Facebook-Seiten der CDU/CSU, der SPD, der Linkspartei, der Grünen, der FDP und der AfD gepostet wurden – von insgesamt 230.000 Nutzern. Das selbst geschriebene Analyse-Skript stellt er auf GitHub zur freien Verfügung. Warum Holnburger für seine Analyse statt der Textkommentare lediglich Emojis herangezogen hat, begründet er auf seinem Blog damit, er habe keine 600.000 Kommentare lesen wollen.

Die Emojisierung der deutschen Politik

Und so fällt Holnburger auf, dass "Emojis mit negativer Konnotation", wie das schmollende Gesicht, der Daumen nach unten oder das grüne Brechreiz-Emoji häufiger in den Kommentarspalten konservativer und rechter Parteien vorkommen.

Dabei gibt es durchaus auch Überschneidungen in den Kommentarspalten der Parteien. Laut Holnburgers Auswertung sind die zwei meist genutzten Emojis bei allen Parteien gleich: Das Tränenlach-Smiley und das Daumen-hoch-Smiley sind demnach die beliebtesten Piktogramme in den Kommentarspalten aller sieben untersuchten Parteien.

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Grafik: holnburger.com

Ab Rang drei beginnen jedoch die Unterschiede: Während bei der SPD, den Grünen und den Linken "positiv besetzte Emojis" (Zwinker-Smiley, Klatsch-Emoji) am häufigsten zum Einsatz kommen, säumen Wut-Smileys die Seiten der CDU, der CSU und der AfD. Bei Letzterer kam das Deutschlandflaggen-Emoji auf Platz sieben der meist genutzten Piktogramme. Bei keiner anderen Partei außer der CDU schaffte es das Emoji in die Top 15.

Daraus ergebe sich laut Holnburger sich eine "Emoji-Verteilung" zwischen linken und rechten Parteien in Deutschland. Es sei "durchaus ein Unterschied in der "Emoji-Nutzung" auf den Parteiseiten festzustellen."

In Emojis ausgedrückt: In den Kommentarspalten (Mitte-)linker Parteien finden sich eher Regenbogen-, Herz- und Rosen-Emojis; im politisch rechten Lager eher Wut-, Ärger-, Deutschland-Emojis sowie das blau eingefärbte AfD-Herz.

Grafik: holnburger.com

Facebook-Kommentierer sind nicht gleich Parteianhänger

Auch wenn es durchaus interessant ist, die meist verbreiteten Emojis auf den deutschen Facebook-Parteiseiten zu kennen, liefert die Studie nicht unbedingt ein realistisches Stimmungsbild der jeweiligen Anhängerschaft. Denn zum einen können Facebook-Fans einer Partei nicht automatisch als Anhänger oder Wähler betrachtet werden. Zum anderen wurden die erfassten Emojis teilweise auch von Nutzern abgegeben, die keine Fans der Facebookseite sind.

So wurde der ein oder andere Wut-Smiley unter einem AfD-Post womöglich auch von einem Facebook-Nutzer abgegeben, der seine Antipathie für die Partei kundtun wollte – oder zumindest für den von dieser geposteten Inhalt. Vielmehr zeichnen die verwendeten Emojis ein Stimmungsbild nach, das um die von den Parteien geposteten Inhalte herum existiert.

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"Empörungswettbewerb" auf Facebook

Es lässt sich also aus den reinen Emoji-Zahlen nicht ableiten, dass Rechte von Grund auf wütender sind als Linke. Es überzeugt daher nicht, dass Holnburger in seinem Blogpost schreibt, dass "gerade die Deutschlandfahne in Verbindung mit den wütenden Smileys" zeige, "wie perfekt der Begriff "Wutbürger" doch passen kann".

Denn wer genau die entsprechenden Emojis verwendet hat – ob Sympathisant, Troll oder Vertreter des gegnerischen Lagers – war nicht Gegenstand der Datenanalyse. Ebenso wenig wie die Inhalte, auf die mit Emojis reagiert wurde. Daher lässt sich ein Wut-Smiley auf einer Parteiseite auch nicht zweifelsfrei einer Person mit rechter oder linker Gesinnung zuordnen.

Zuletzt könnte die Vielzahl negativer Emojis auf der AfD-Seite auch damit zu tun haben, dass die AfD bewusst empörungsgeladene Inhalte auf ihrer Facebook-Seite teilt – unter anderem, um den "Empörungswettbewerb" auf der Plattform zu gewinnen und weiter Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, wie Holnburger selbst schreibt. Der Einsatz von Emojis sagt also nicht zwangsläufig etwas über die Gemütslage des Verfassers aus. Anders gesagt: Würden linke Parteien häufiger empörungsgeladene Posts verfassen, könnten negativ konnotierte Smileys womöglich auch auf deren Seiten häufiger auftauchen.

Die quantitative Emoji-Erhebung von Holnburger zeigt anschaulich, welches Stimmungsbild um die Posts der verschiedenen Parteien herum existiert oder teilweise bewusst von den Parteien erzeugt wird. Wer genau hinter den Emojis steckt ist jedoch nicht ersichtlich – ebensowenig ob das Emoji eine emotionale Momentaufnahme oder einen dauerhaft verankerten Gefühlszustand repräsentiert. Vielleicht ist das Gegenstand der nächsten Emoji-Studie.

In diesem Sinne: ✌.