FYI.

This story is over 5 years old.

Tech

Lieber Elektroschocks als Langeweile

Menschen versetzen sich lieber selbst elektrische Schläge als alleine still vor sich hin zu denken.
Ein gelangweilter Mann
Der Taser lockt | Bild: Dan Ox | Flickr | Lizenz: CC BY 2.0

Bevor du diesen Artikel weiter liest, setz dich mal 15 Minuten hin und erfreu dich einfach an deinen eigenen Gedanken! Drei, zwei, eins—los. Kein Bock drauf? Damit bist du nicht allein. Eine heute im Journal Science veröffentlichte Studie zeigt, dass Menschen es offenbar generell unangenehm bis schrecklich finden, mit den eigenen Gedanken allein zu sein. Viele Teilnehmer der Studie gaben sich sogar lieber selbst Elektroschocks als einfach nur da zu sitzen.

Anzeige

Die Autoren der Studie hatten insgesamt 146 ihrer Studenten an der Universität von Virginia gebeten für 6-15 Minuten in einem ungeschmückten, objektarmen Laborraum zu sitzen und sich einfach nur mit ihren Gedanken zu beschäftigen. Danach beurteilten sie das Erlebnis auf einem einfachen Fragebogen: sie sollten auf einer Zahlenskala ankreuzen wie freudvoll das Alleinsein war, ob es ihnen dabei schwer fiel sich zu konzentrieren und ob ihre Gedanken herumgedrifteten.

Die Resultate waren ziemlich deutlich. Etwas mehr als die Hälfte (57,5%) der Teilnehmer fand es schwer, sich zu konzentrieren, 89% berichteten von richtungslosen Gedanken und 49,3% waren sich einig, dass das Erlebnis zumindest leicht unangenehm war. War es im Labor einfach zu öde? Zur Kontrolle wurden weitere 44 Studenten gebeten, zu Hause das gleiche (nicht) zu tun: 15 Minuten still sitzen und lediglich denken. Ein Drittel dieser Gruppe berichtete, dabei geschummelt zu haben und die restlichen waren zu Hause noch unglücklicher, abgelenkter und verwirrter als im Labor.

Handelt es sich vielleicht einfach um eine Studentenkrankheit? Auch diese mögliche Erklärung räumten die Autoren aus der Welt. Sie baten 15 Teilnehmer, die sie auf einem Bauernmarkt und in einer Kirche aufgetrieben hatten, das Experiment zu wiederholen mit dem gleichen Ergebnis.

Der nicht ausgebildete Geist ist nicht gern mit sich selbst allein.

Es gab jedoch leichte Unterschiede zwischen den Teilnehmern. Hatten einige das Geheimnis des freudvollen Alleinseins entdeckt? Insgesamt stellte sich heraus, dass weder Einkommen noch Alter die Variationen im Urteil der Teilnehmer erklärten. Allerdings zeigte ein weiterer Fragebogen eine leichte Tendenz, dass negative Tagträume die negativsten Urteile provozierten. Oh, Wunder.

Anzeige

Aus diesen Ergebnissen schließen die Forscher, dass Menschen „ihre eigenen Gedanken allein nicht besonders angenehm finden und es bevorzugen, etwas zu tun." Also gaben sie einer weiteren Gruppe von 55 Probanden eine weitere nette Handlungsoption: Sich selbst Schmerzen zuzufügen.

Erstaunlicherweise gaben sich 67% der Männer und 25% der Frauen, wenn sie die Chance hatten, einen bis vier Elektroschocks in den 15 Minuten, in denen sie mit sich selbst allein waren. Alle 55 Teilnehmer hatten sogar vorher die Elektroschocks getestet und übereinstimmend angegeben, sogar Geld dafür zu zahlen, während der Zeit allein keinen weiteren Schock zu bekommen.

Der extremste Teilnehmer war ein Student, der sich in den 15 Minuten unglaubliche 190 Elektroschocks versetzt hatte—allerdings war er eine masochistische Ausnahme.

Die Forscher erklären, dass es für Menschen generell hart sei, die eigenen Gedanken zu steuern und deswegen vielleicht schwierig, diese im Positiven zu halten. Sie vermuten, dass viele Menschen aus diesem Grund versuchen, sich mental mit Persönlichkeitstrainings oder Meditation zu trainieren. „Der nicht ausgebildete Geist ist nicht gern mit sich selbst allein", schließt der Artikel.

2e3309b301784be49c6943311b4da8e3