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Wie deutsche Hass-Communitys über den Sieg von Trump jubeln

Nach dem Wahlsieg von Donald Trump ist deutlicher denn je zu sehen, dass der Republikaner der kleinste gemeinsamer Nenner neurechter, sexistischer und hetzender Hasskommentatoren und Trolle ist.
Screenshot: pr0gramm.com

Am Morgen nach einer dramatischen Wahlnacht steht fest: Die meisten von uns haben falsch gelegen. Donald Trump ist neuer US-Präsident. Es ist somit der Fall eingetreten, den viele Deutsche nicht für möglich gehalten hätten. Und sie hätten Trump auch zu überwiegender Mehrheit nicht gewählt: Nur 4 % der Deutschen gäben ihre Stimme für Trump ab, hatte der ARD Deutschlandtrend noch vergangene Woche herausgefunden.

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Für bestimmte User ist Donald Trumps Wahlsieg allerdings kein Grund für Entsetzen und Verzweiflung, sondern vor allem eines: Ein willkommener Anlass, um Content in einer ganz eigenen Sprache zu kreieren. Neben Unverständnis zirkuliert in Form von Memes und Text-Posts nämlich auch allerhand Trump-verherrlichender Jubel-Content, den deutschsprachige Trolle und Hasskommentatoren aus verschiedenen Lagern munter verbreiten.

Tatsächlich konzentrieren sich die Posts mit einer sehr speziellen Troll-Rhetorik auf wenige Plattformen, wie 4chan, die Sifftwitter-Szene, einige Facebook-Gruppen oder das Image-Board pr0gramm. Allerdings sind noch lange nicht alle User dieser Websites Trump-Unterstützer oder gar Rassisten; vielmehr bilden sich auf den Seiten eigene Mini-Communities. Während es gerade auf pr0gramm auch viele Clinton-Unterstützer gibt diskutieren auf Twitter viele Nutzer schlicht über politische Kontroversen nach der Wahlnacht. Doch es gibt sie, die Trolle und Hetzer, die Trumps Wahlerfolg genüsslich ausschlachten.

Ob die polarisierende Figur Donald Trump und sein Wahlsieg den Trollen nur als willkommenes Provokationsinstrument dienen oder sich hier tatsächlich Trump-Anhänger zu Wort melden, ist nicht immer eindeutig zu erkennen. Die beleidigenden und hetzerischen Posts zeigen jedoch vor allem eins: Trump ist zum verbindenden Symbol von all denjenigen geworden, die im Netz gerne hetzen und beleidigen, wie ein Blick auf die unterschiedlichsten Sub-Communities, in denen sich einige der Hetzer und Trolle herumtreiben, zeigt—ob nun „for the lulz" oder aus ernstgemeinter politischer Ideologie.

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Trumps Wahlsieg als sexistische Hetze gegen Frauen

Die Kommentare im Forum Pr0gramm zu dem Video einer Frau, die nach den Wahlergebnissen hysterisch erklärt, sie sei kurz davor sich umzubringen, sind voller sexistischer, frauenfeindlicher Beleidigungen, inklusive orthogra̱phisch mangelhaftem Bodyshaming. Sexisten nutzen Trumps Wahlsieg, um auf den Plan zu treten.

Trumps Wahlsieg als Feier des Siegs über Political Correctness und „Gutmenschen"

In der Facebookgruppe „GutmenschenKeule" werden zahlreiche Trump-Memes gepostet, in denen ein übermächtiger Trump die „Liberalen" vernichtet und der Niedergang der „political correctness" gefeiert wird.

Gleichzeitig träumt man von Frauke Petry als Bundeskanzlerin 2017. „Gutmenschen"-Hasser nutzen Trumps Wahlsieg also, um den Rückenwind des Wahlsiegs auf die deutsche Politik zu übertragen.

Trumps Wahlsieg als Hetze gegen die Presse und vermeintliche Nicht-Patrioten

Auch Vertreter der „Lügenpresse"-Fraktion nutzen die Gelegenheit, um auf den Plan zu treten—und alle Kritiker Trumps als „Volksverräter" zu beschimpfen.

Der obige Post beispielsweise stammt aus der Facebook-Gruppe „Gender mich nicht voll", wo normalerweise Vertreter genderneutraler Sprache angefeindet werden, jetzt grade aber vor allem die Schadenfreude über die Trauer der „Gutmenschen" mit Hilfe zahlreicher Trump-Memes ausgekostet wird.

Auf der VKontakte-Seite von Anonymous.Kollektiv kann man diese Begeisterung unterdessen teilen:

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Screenshot: VKontakte

Trumps Wahlsieg wird als Legitimation für Hetzer jeglicher Art gedeutet

Screenshot: anonymousnews.ru

Die Rhetorik auf anonymousnews.ru und den Kommentarspalten der Seite ist eindeutig: Man wertet den Wahlsieg von Donald Trump als gerechte Abstrafung aller Feindbilder, die sich nur finden lassen: „Lügenpresse", „Gutmenschen", Frauen, Flüchtlinge, Homosexuelle, Linke etc. Netter, aber wohl wenig stichhaltiger Versuch, wenn man sich die gerade in Deutschland weitreichende Kritik an Trumps Politik anschaut.

Trump als beliebtestes Meme deutscher Trolle

Nachdem Pepe der Frosch im Zuge des US-Wahlkampfs zum beliebtesten Meme der alt-right Bewegung geworden war, begannen auch immer mehr deutsche Trolle, nicht zuletzt die Sifftwitter-Ecke, Pepe und Trump für sich zu entdecken.

Schon lange vor Trumps gestrigen Wahlsieg verkündeten Sifftwitterer in ihrer Selbstbeschreibung beispielsweise „Trump = Daddy" und verbreiteten haufenweise Pepe-Memes. Heute dominieren vor allem Schadenfreude und Ironie.

Fazit:

Auch wenn Donald Trumps Sieg in großen Teilen der deutschen Öffentlichkeit mit Entsetzen aufgenommen wird, so gibt es auch eine nicht unerhebliche Zahl deutscher Online-Usern, die Trump glorifizieren. Sie verteilen sich auf sehr unterschiedliche Communities wie Pr0gramm oder Twitter, in denen immer auch der anarchische Humor von 4Chan mitschwingt, aber auch bierernste Blogs wie Anonymousnews.ru, auf denen sich Hass-Poster zusammentun, die zwar häufig anonym agieren, aber schon lange nichts mehr mit dem Kern der Anonymous-Bewegung zu tun haben. Die Szenen mögen zwar zahlenmäßig klein sein, aber sie haben genau verstanden, wie sich die Sprache des Internets in gleichermaßen virale wie politische Posts übersetzen lässt—sie zu ignorieren wäre ein Fehler.