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Diese mysteriösen Albino-Bäume wollen einfach nicht sterben

Wie riesige Zombies stechen sie aus dem Wald heraus. Der Botaniker Zane Moore hat nun eine Theorie, wie die Bäume den Gesetzen der Natur trotzen.
Moore mit einem der Albino-Bäume | Bild mit freundlicher Genehmigung von Zane Moore

Die Küstenmammutbäume in Kalifornien, auch Redwoods genannt, gehören zu den faszinierendsten Pflanzen auf unserem Planeten. Sie können bis zu 1.800 Jahre alt und über 110 Meter hoch werden. So beeindruckend jeder einzelne Baum dieser Spezies ist – es gibt eine Handvoll von ihnen, die selbst hartgesottene Botaniker ins Staunen versetzen: die sogenannten Albino-Redwoods.

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Im Waldgebiet der Redwoods, das sich entlang der Pazifikküste erstreckt, finden sich vereinzelt Mammutbäume mit schneeweißen Zweigen und Nadeln. Einige haben nur ein paar einzelne weiße Zweige, andere sind halb weiß und halb grün, und ein einige wenige sind tatsächlich vom Stamm bis zur mächtigen Baumspitze komplett weiß.

Bild mit freundlicher Genehmigung von Zane Moore

Für Botaniker sind diese auffälligen Bäume ein Mysterium, denn ihnen fehlt Chlorophyll, der Stoff, der bei Pflanzen eigentlich für die grüne Farbe verantwortlich ist. Außerdem ist Chlorophyll unabdingbar für die Photosynthese, der Prozess, mit dem Pflanzen Sonnenlicht in Energie umwandeln. Ohne Chlorophyll sollten die Bäume also eigentlich gar nicht leben können.

"Sie müssten eigentlich sterben, aber das tun sie nicht", erklärt Zane Moore gegenüber Motherboard. Der Doktorand an der University of California erforscht die weißen Mammutbäume.

"Das ist wie eine Schwermetallvergiftung, wie eine Bleivergiftung beim Menschen"

Im Sommer, wenn die Bäume in der Wachstumsphase sind, wird jeder Ast von der Versorgung des restlichen Baums abgeschnitten und muss für sich allein sorgen. Da die weißen Äste ohne Chlorophyll keine eigene Energie produzieren können, müssten sie eigentlich absterben und abfallen. Bei den Albino-Bäumen ist das jedoch offensichtlich nicht der Fall.

Moore mit einem Mammutbaum, der zum Teil Albino ist | Bild mit freundlicher Genehmigung von Zane Moore

Bisher ist nur sehr wenig über die seltenen, geisterhaften Bäume bekannt. Als Moore mit dem Studium der Pflanzengenetik begann, hoffte er, mehr über die Bäume lernen zu können, die ihn schon in seiner Jugend faszinierten.

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"Ich hörte 2008 zum ersten Mal von den Bäumen. Ich beschloss, einen von ihnen zu finden und mich selbst davon zu überzeugen, ob sie wirklich so seltsam waren, wie alle behaupteten", erinnert sich Moore.

Gemeinsam mit dem Baumpfleger Tom Stapleton, einem der wenigen Experten, der die Bäume bisher untersucht hat, begann Moore die Standorte der 441 bekannten Albino-Bäume aufzuzeichnen. Bei ihrer Arbeit fiel ihnen etwas auf: Alle Albinos waren in den äußeren Gebieten des Redwood-Waldes angesiedelt.

Bild mit freundlicher Genehmigung von Zane Moore

Darum begannen Moore und Stapleton die Erde in den Randgebieten zu testen. Sie wollten herausfinden, ob sie sich vom Boden im Herzen des Waldes unterschied. Tatsächlich entdeckten sie signifikante Unterschiede: Die Erde in den Randgebieten wies eine höhere Konzentration an Schwermetallen wie Nickel, Kupfer und Cadmium auf. Als Moore die Zweige der weißen Bäumen mit denen der grünen Bäume verglich, stellt er auch hier eine deutlich höhere Konzentration der Metalle fest. In der Regel war die Belastung bei den Albinos doppelt so hoch.

Für einen grünen Baum wäre diese hohe Konzentration an Schwermetallen tödlich, erklärt Moore, denn sie würden die Bahnen vergiften, die das Chlorophyll bilden. Somit könnte der Baum keine Photosynthese mehr durchführen. "Das ist wie eine Schwermetallvergiftung, wie eine Bleivergiftung beim Menschen", sagt Moore.

Hört euch in unserem englischsprachigen Podcast ‘Science Solved It’ weitere Hintergründe zu den Albino-Bäumen an:

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Da die Albino-Zweige jedoch kein Chlorophyll produzieren, können die Metalle bei ihnen auch keinen Schaden anrichten. Moore glaubt, dass die weißen Zweigen eine symbiotische Verbindung zu ihren grünen Nachbarzweigen bilden könnten: Die weißen Zweige nehmen all die giftigen Metalle aus dem Boden auf, und als Gegenleistung teilen die grünen Zweige ihre Energie mit den Chlorophyll-losen weißen Zweigen. Das könnte erklären, warum einige Bäume sowohl grüne als auch weiße Zweige aufweisen. Komplett weiße Bäume könnten über das Wurzelsystem von ihren grünen Nachbarn mitversorgt werden.

"Für den Baum ist das wie eine Investition in die Zukunft", sagt Moore. "Man muss sich das so vorstellen: Die Pflanze verwendet einen Teil ihrer Energie, um diese weißen, scheinbar nutzlosen Strukturen zu bilden. Wenn die Pflanze dann dank dieser Strukturen schneller wachsen kann, wird sie diesen Vorgang wiederholen. Über die Jahre hinweg wachsen die Strukturen immer weiter und so kommt es zu diesen großen Albino-Zweigen."


Ebenfalls auf Motherboard: Die Wiederauferstehung des Mammuts


Momentan versucht Moore, seine These über die Entstehung der Albino-Bäume durch Experimente zu belegen. Doch selbst, wenn sich seine Theorie als falsch herausstellen sollte, wird sie uns ein Stückchen näher an die Wahrheit über die geisterhaften Riesen im Redwood-Wald bringen.