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Warum Jaguare dem Duft einer bestimmten Parfüm-Marke nicht widerstehen können

Forscher sprühen den Duft auf Wildkameras, um Raubkatzen anzulocken und zu beobachten. Auch einige Menschen fahren auf den Geruch ab.
Bild: imago | Steffen Schellhorn

Calvin Kleins berühmter Duft "Obsession for Men" wirbt mit seiner unwiderstehlichen Anziehungskraft. Zumindest Tierforscher können das bestätigen: Sie setzen das Parfüm mit Erfolg in der Feldforschung ein, um Raubkatzen vor die Linse ihrer Wildkameras zu locken.

Die Biologin Allison Devlin, Forscherin bei der Organisation zum Schutz von Raubkatzen Panthera, weiß, was den Duft für die Tiere so unwiderstehlich macht. Es ist weder die "emotionale Deutlichkeit" noch "spritzige Frische", mit der das Parfüm beworben wird. Tatsächlich liegt das Geheimnis wohl im Bindemittel. Das ist nämlich eine synthetische Version von Zibeton, dem Hauptbestandteil des natürlichen Duftstoffes Zibet – dem Analsekret der Afrikanischen Zibetkatze.

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"Zibetkatzen produzieren Zibeton in dem Pheromon, das sie über die Drüsen nahe ihres Afters aussondern. Sie reiben sich damit an Bäumen, um ihr Revier zu markieren oder Partner anzulocken", sagte Devlin im Interview mit Motherboard. "Das ist eine sehr dicke, gelbe Substanz mit einem penetranten Geruch. Dieser Inhaltsstoff weckt meiner Meinung nach die Neugier der Katzen."

Bereits seit der Jahrtausendwende ist bekannt, dass "Obsession for Men" eine große Anziehungskraft auf bestimmte Raubkatzen ausübt. Die New York Times berichtete 1999, dass Tierpfleger im Dallas Zoo den Duft bei Ozelots einsetzten, um sie zur Paarung zu animieren.

Im Jahr 2005 führten Wissenschaftler der Wildlife Conservation Society Experimente mit Raubkatzen im Bronx Zoo durch. Sie wollten herausfinden, auf welches Parfüm Geparden, Ozelots, Schneeleoparden und Sibirische Tiger am stärksten reagieren, um dieses Wissen in der Feldforschung anzuwenden.


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Raubkatzen wollen sich an duftenden Gegenständen reiben

Die Forscher fanden heraus, dass die männlichen Geparden im Zoo durchschnittlich fast 15 Minuten lang ihren Kopf an den Objekten rieben, die vorher mit "Obsession for Men" besprüht worden waren. Das Reiben ist laut Devlin ein natürliches Verhalten von Raubkatzen: Sie wollen den Duft mit ihrem eigenen Geruch überdecken. Die Forschungsergebnisse aus der Bronx wurden anschließend in mehreren Studien mit Jaguaren reproduziert.

Im Zoo von Toronto nutzen die Tierpfleger verschiedene Düfte, um den Alltag für die Tiere abwechslungsreicher zu gestalten. Das beschrieb uns die Tierpflegerin Hollie Ross in einer E-Mail. "Wir benutzen einige natürliche Düfte, wie Gewürze oder Blut und einige synthetische, wie Parfüm. Vor allem die Raubtiere reagieren auf verschiedene Düfte, indem sie sich an den besprühten Gegenständen reiben." Die Tierpfleger benutzen die Gerüche jedoch nicht, um die Tiere an eine bestimmte Stelle im Gehege zu locken, erklärte Ross. Stattdessen werden sie verwendet, um "natürliches Verhalten auszulösen und zu fördern".

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Devlin sagte gegenüber Motherboard, dass Duftköder bei der Erforschung von Wildtieren weit verbreitet sind. "Da Raubkatzen so selten und scheu sind, nutzen wir eine Reihe nicht-invasiver Methoden wie Wildkameras, um sie zu studieren", schrieb Devlin. "Manchmal setzen Forscher Duftstoffe bei einer Wildkamera ein, weil sie hoffen, dass die Wildkatze den ungewöhnlichen Duft spannend findet und sich länger filmen lässt."

Wenn sich die Wildkatze länger vor der Kamera aufhält, haben es die Forscher auch leichter, sie anhand ihrer Musterung zu identifizieren – denn die sei so einzigartig wie ein menschlicher Fingerabdruck, erklärte Devlin. Sie fügte hinzu, dass Jaguare sich von "Obsession for Men" angezogen fühlen, weil sie neugierig sind und ihr Revier markieren wollen.

Auch der Jaguar Junior im Belize Zoo kann nicht genug von dem Duft bekommen.

Da das Parfüm sehr teuer ist, haben sich die Wildtierforscher einige Tricks einfallen lassen, um den Duft länger zu erhalten. "Ich habe schon gesehen, dass Forscher ein Stück Teppich besprühen, das sie dann an einem Baum oder in der Nähe der Kamera befestigen", sagte Devlin. "Oder sie besprühen Wattebäusche, die sie dann in eine leere Filmdose stecken."

Damit sie nicht ihr gesamtes Forschungsbudget in der Drogerie ausgeben müssen, verlassen sich die meisten Forscher laut Devlin entweder auf Spenden oder bekommen finanzielle Förderung dafür, dass sie verschiedene Duftköder testen.

Für alle, die sich nun vor dem nächsten Zoobesuch fürchten, gibt es Entwarnung: Devlin erklärt, dass es an viel besuchten Orten wie Zoos genug konkurrierende Gerüche gibt, um die Jaguare von einer bestimmten Fährte abzulenken.

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