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Olympia 2016

Deutscher Sport in 2016: Andere Sportarten müssen sich den Respekt von Fußballern abholen

Fußballstars wollten mit dem #unserRespekt-Werbevideo für mehr Aufmerksamkeit für deutsche Olympia-Nachwuchsathleten sorgen. Eine Frage: Warum sind in dem Clip nur Fußballer zu sehen?
Foto: Screenshot Youtube

Kürzlich flackerte der Hashtag #UnserRespekt auf meinem Bildschirm auf. Nach kurzer Recherche eröffnete sich mir die Thematik: Bundesligaprofis wie René Adler, Ilkay Gündogan oder André Hahn machen Werbung für Nachwuchsathleten der Deutschen Sporthilfe. Die Aktion der Bundesliga-Stiftung findet im Hinblick auf Olympia 2016 statt und dient dazu, unbekannte Sportler zu pushen.

Die Bundesligaprofis nutzen ihren Bekanntheitsgrad also, um Leistungssportler von olympischen Randsportarten zu unterstützen. Anstatt Werbespots für überteuerte Getränkemarken oder Autos zu drehen, vertreten zehn Fußballprofis zehn unbekannte Gesichter des Spitzensports, die vor der Olympiade etwas Aufmerksamkeit gut vertragen können. Das Projekt #unserRespekt ist mit einem Werbespot aufgebaut, der bei Sky, Sport1 und bei der ARD seit dem sechsten Februar rauf und runter läuft. In dem Video sieht man die Fußballprofis, wie sie ihre Schützlinge auf eine mehr oder weniger kreative Art und Weise präsentieren: Ilkay Gündogan schüttelt die Spraydose und malt Martynas Trajdos Namen an die Wand, Stefan Kießling wischt sich dramatisch mit seinem T-Shirt den Schweiß aus dem Gesicht und entblößt dabei den Namen Alexander Wieczerzak auf dem Unterhemd, während Patrick Hermann ein paar Klimmzüge macht, um den Schriftzug Matyas Szabo in Form eines Tattoos auf dem Arm zu präsentieren. Die Namen der Sportler sind also klar, doch wer und wo sind die Talente?

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Spitzenfußballer Gündogan vertritt etwa die Judoka Martyna Trajdos. Die 26-Jährige ist eines der größten Judo-Talente in Deutschland, im Sommer holte sie bei den Europaspielen den ersten EM-Titel der deutschen Mattenkämpfer seit sieben Jahren.

Nun tritt sie bei den Olympischen Spielen 2016 für Deutschland an und hofft auf eine Goldmedaille. Davon sieht man allerdings nichts. In dem Werbeclip stehen lediglich die Fußballhelden im Vordergrund, die wir sowieso schon kennen. Wenn man also nicht weiß, worum es in diesem Video geht, könnte man denken, es handle sich um einen Werbespot für eine Kreativbude oder den nächsten Bastelladen samt unbekannten Max-Mustermann-Fantasienamen.

Erst am Ende des Spots wird deutlich, dass die Namen zu den deutschen Nachwuchselite-Athleten gehören. Die Athleten bleiben für die Zuschauer also gesichts- und belanglos, obwohl sie die Stars des Werbespots sein sollten. Im Kopf bleibt höchstens, dass Gündogan eine Anzeige wegen Graffiti-Sachbeschädigung droht und sich Patrick Hermann ein verdammt hässliches Tattoo stechen ließ. Der Clip will mit der Prominenz der Profi-Kicker Aufmerksamkeit auf die unbekannten Leistungssportler lenken, aber scheint nur eine Abfeierei der eigenen Großzügigkeit zu sein. Die Aufmerksamkeit bleibt nämlich bei den Fußballstars.

unserRespekt ist eine sinnvolle und gut gemeinte Aktion des Profifußballs, der jede andere Sportart in Deutschland in den Schatten stellt. Nur durch den Fußball kann eine weniger populäre Sportart scheinbar außerhalb von Großturnieren noch Aufmerksamkeit bekommen und sich vermarkten. So traf es auch die Handball-Nationalmannschaft, die nicht mal einen Monat nach ihrem EM-Titel an einem nieseligen Montagabend bei einem Fußball-Zweitligaspiel gelangweilt vor der Kamera stand. Und auch Torwart-Held Andreas Wolff spielte tapfer die Losfee für die Halbfinalspiele des DFB-Pokals. Um dem Handball noch ein wenig mediale Aufmerksamkeit zu bescheren und nicht kurz nach der Europameisterschaft wieder komplett von der Bildfläche zu verschwinden, müssen die gefeierten EM-Helden in der Fußballwelt Klinken putzen. Denn wo ein Fußball ist, da sind auch Fans, Kameras und Scheinwerferlicht.

Fußballer werden gefeiert wie Rockstars, müssen beinahe vor der Presse flüchten und verdienen sich ein goldenes Näschen mit dem Sport. Sie haben die Aufmerksamkeit von den Medien und den Menschen und wollten genau diese in dem Clip weitergeben. Sie wollten den Fokus auf junge Nachwuchstalente im Radsport, im Judo oder im Fechten setzen, auf Sportler, die genauso hart trainieren wie Fußballer und ihr Leben dem Sport widmen. Denn das haben sich die Athleten verdient. Diese Werbespots lohnen sich aber nur, wenn die Nachwuchsathleten auch mal im Scheinwerferlicht stehen. Dann können die Zuschauer auch eine Beziehung zu den Olympia-Helden von morgen aufbauen.