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Rauchen, Fressen, Vögeln: Bud Spencer war zu sehr Genussmensch für eine sportliche Weltkarriere

Als junger Mann hat Bud Spencer die nationale Konkurrenz in Grund und Boden geschwommen. Internationale Erfolge blieben aus. Schuld daran war zu viel Dolce Vita.
Foto: Imago

Unser aller Kindheitsidol Bud Spencer ist jetzt schon ein Jahr tot. Bud Spencer – der mit bürgerlichem Namen Carlo Pedersoli hieß und stolzer Neapolitaner war („Neapel ist eben Neapel. Was Italien sein soll, weiß man nicht") – verstarb am 27. Juni 2016 in einem Römer Krankenhaus im Alter von 86 Jahren. Der mürrisch-sympathische Fettsack stand – oft an der Seite von Terence Hill – in unzähligen Abenteuer- und Western-Komödien (u.a. „Vier Fäuste für ein Halleluja", „Zwei wie Pech und Schwefel" oder „Vier Fäuste gegen Rio") vor der Kamera und brachte dort in humoristisch aufgezogenen Prügelszenen Millionen Kino- und Fernsehzuschauer auf der ganzen Welt zum Lachen.

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Wie du bestimmt schon weißt, war Bud Spencers größte sportliche Leistung nicht die beidhändige Doppelbackpfeife oder der senkrechte Faustschlag auf den Kopf seiner Widersacher, sondern eine beachtliche Karriere als Profischwimmer. Ein Jahrzehnt lang dominierte Bud Spencer, damals noch als Carlo Pedersoli, die italienische Schwimmszene. Seine erste Meisterschaft holte er mit gerade mal 13 Jahren. Drei Jahre hintereinander wurde er Meister im Brustschwimmen, im Freistil waren es sogar sieben. Und anno 1950 knackte er als erster Italiener überhaupt die 100 Meter in unter einer Minute. Wenn er nicht gerade schwimmen war, spielte er Wasserball (übrigens auch in der Nationalmannschaft), Rugby oder boxte.

Falls du dich wunderst, dass derselbe Mensch, der in seiner Jugend so athletisch war, als späteres Markenzeichen eine XXL-Plauze vor sich herschob, sei dir gesagt: Auch als Sportler war Bud Spencer schon kein Kostverächter. In einem ausführlichen Tagesspiegel-Interview gab der Filmstar zu, dass man es im Italien der 40er- und 50er-Jahre nicht so ernst mit dem Leistungssport nahm, auch deswegen, weil man ganz andere – existenzielle – Sorgen hatte. Es gab weder (gute) Trainingsstätten – Schwimmwettkämpfe wurden häufig im Hafen ausgetragen – noch irgendwelche Ernährungspläne. Alles war unfassbar rudimentär und behelfsmäßig.

Einen ausgeprägten Appetit hatte er schon als Sportler, sein wuchtiger Körperbau wurde ihm vor allem bei längeren Distanzen zum Verhängnis. Als er später dann das regelmäßige Training einstellte, war eine deutliche Gewichtszunahme nur eine Frage der Zeit. Dazu kam noch, dass Rom Ende der 50er, Anfang der 60er das Zentrum der Dolce-Vita-Epoche war. Die schlimmsten Kriegsfolgen waren überwunden, die Wirtschaft boomte, viele Römer genossen das Leben. Oder wie es seine Frau auf den Punkt brachte, als ein Regisseur Mitte der 60er anrief und wissen wollte, ob er noch immer so sportlich aussehen würde wie zu seinen Schwimmerzeiten: „Nein, viel dicker. Er frisst nur noch und macht keinen Sport mehr." Sein Glück war, dass der Regisseur, Giuseppe Colizzi, für den Film „Gott vergibt… Django nie!" genau einen solchen Charakter für eine Rolle suchte. Der Film war gleichzeitig der Beginn des Komikerduos Bud Spencer und Terence Hill, auch wenn der Western deutlich gewalttätiger ausfiel als ihre späteren Filme.

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Doch zurück zum sportlichen Bud Spencer, Carlo Pedersoli. Der holte zwar italienische Meisterschaften wie am Fließband, das hieß aber noch lange nicht, dass er ein Trainingsmonster war oder ansonsten besonders gesund gelebt hätte. Während seiner gesamten Schwimmerzeit gab er beispielsweise nie das Rauchen auf. „Ich habe immer geraucht, seitdem ich 14 Jahre alt war. Das hat niemanden interessiert. (…) Wir mussten Zeiten schwimmen, mit denen wir es mindestens ins Halbfinale schaffen würden, dann wurden wir zu den Olympischen Spielen mitgenommen", erzählte er gegenüber dem Tagesspiegel. Bei insgesamt zwei Olympischen Spielen (1952 in Helsinki und 1956 in Melbourne) vertrat Bud Spencer sein Heimatland Italien.

Zu internationalen Erfolgen als Sportler sollte es aber nicht reichen. Dass ihm dabei – neben dem Umzug seiner Eltern nach Brasilien, wo er zwischen 18 und 21 Jahren nach eigenen Angaben gar nicht geschwommen ist – vor allem sein Lebenswandel im Weg stand, da machte Bud Spencer nie einen Hehl draus. „Dass ich ohne zu rauchen Weltmeister hätte werden können, das habe ich damals nicht verstanden." Aber wer denkt, dass er im Nachhinein etwas anders gemacht hätte, wird enttäuscht. Warum auch? In Italien war er ein Star und dominierte auch mit nur einer Stunde Training pro Tag die nationale Konkurrenz nach Belieben. Er war ein gefeierter Frauenheld, der das Leben genoss.

Genau das war auch seine Botschaft an den japanischen Schwimmweltmeister Tsuyoshi Yamanaka, als dieser voller Stolz das Geheimnis hinter seinem Erfolg erklärte: „Ich rauche nicht, ich trinke nicht, ich lasse die Finger von den Frauen." „Und wozu lebst du dann?", fragte ihn Bud Spencer.

Dass Bud Spencer ohne allzu große Anstrengungen Außergewöhnliches erreichen konnte, war eine Eigenschaft, die sich auch auf andere Lebensbereiche als das Schwimmen erstreckte. Auf dem Gymnasium übersprang er gleich zwei Klassen, schon mit 15 begann er, Chemie zu studieren. Später studierte er auch noch Jura und Soziologie, abgeschlossen hat er aber keinen der Studiengänge. Irgendwas kam immer dazwischen. Wie eben der Anruf von Regisseur Colizzi. Im Gegensatz zu Terence Hill hatte Bud Spencer übrigens nie eine formale schauspielerische Ausbildung genossen. Er vertraute einfach auf sein Naturtalent – so wie schon beim Schwimmen.