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Die älteste je entdeckte Galaxie stellt die Entstehung des Universums auf den Kopf

Ein weiteres Mysterium unseres Weltalls hat sich der Astrophysik aufgetan.
In den Untiefen des Weltraums befindet sich auch EGS8p7. Bild:Wikipedia, ESO | CC BY 4.0

Das Universum hat uns dieser Tage mal wieder etwas offenbart, das nach unseren bisherigen Annahmen über die Entstehung des Alls gar nicht existieren dürfte. Die Wissenschaftler um Adi Zitrin vom California Institute of Technology (Caltech) fanden die entfernteste und gleichzeitig älteste Galaxie, die jemals entdeckt wurde—und sie sieht ganz anders aus, als sie das laut bisherigen Theorien über die Entstehung des Universums eigentlich tun dürfte.

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Die stellare Entdeckung mit dem Namen EGS8p7 ist ganze 13,2 Milliarden Jahre alt—das Alter unseres Universums selbst beträgt 13,8 Milliarden Jahre. EGS8p7 existierte also bereits schlappe 600 Millionen Jahre nach dem Urknall und ist somit ganze 100 Millionen Jahre älter als der bisherige Galaxien-Methusalem.

Die Galaxie EGS8p7 durch das Hubble- und das Spitzer-Weltraumteleskop. Bild: I. Labbé (Leiden University), NASA/ESA/JPL-Caltech

Nachdem die Astrophysiker die Galaxie mit dem Hubble-Teleskop entdeckt hatten, bestimmten sie ihr Alter anhand der Rotverschiebung. Diese verhält sich ähnlich wie der Doppler-Effekt, der sich nicht nur bei vorbeifahrenden Polizeisirenen und deren Tonverschiebungen beobachten lässt, sondern ebenso auf luminarer Ebene anwendbar ist.

Weil sich das Universum permanent ausdehnt, wird das Licht der Objekte bei ihrer Reise durch den Raum in die Länge gezogen und somit röter. Je weiter eine Galaxie oder ein Stern also entfernt ist, desto ausgeprägter ist der Rotstich, welcher nicht nur Informationen über die Entfernung, sondern auch über das Alter der Galaxie enthält. Laut der spektographischen Analyse hat EGS8p7 eine Rotverschiebung von 8,68 (die bisher älteste Galaxie hat eine Rotverschiebung von 7,73).

Lass uns noch mal über den Urknall reden.

Doch die Freude über diesen Fund gibt den Astrophysikern auch einige Rätsel auf. Jetzt veröffentlichten sie ihre Untersuchungen im Fachmagazin The Astrophysical Journal—inklusive der Frage, ob die Entdeckung ein Update der universellen Entstehungsgeschichte nötig macht.

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380.000 Jahre nach dem Urknall hatte sich der Kosmos genug abgekühlt, um Protonen und Elektronen freizusetzen, welche sich zu neutralen Wasserstoffatomen verbanden und dem Licht somit ermöglichten, durch das All zu reisen. Als das Universum dann eine halbe Milliarde Jahre (oder sogar etwas mehr) auf dem Buckel hatte, bildeten sich die ersten Galaxien aus und ionisierten das neutrale Gas erneut. In diesem ionisierten Zustand befindet es sich übrigens auch heute noch.

Doch in der Zeit ihrer Geburt hätten die neutralen Wasserstoffwolken das Licht von EGS8p7 eigentlich schlucken müssen. Dennoch besitzt der Neuzuwachs eine Lyman-Alpha-Emissionslinie, eine Spektrallinie von Wasserstoff. „Wir erwarten eigentlich, dass die meiste Strahlung dieser Galaxie vom Weltraum hätte absorbiert werden müssen", so Zitrin in einem Statement. „Trotzdem sehen wir bei dieser Galaxie eine Lyman-Alpha-Linie."

Darstellung eines Lyman-Alpha-Emitters, eines Himmelskörpers mit Lyman-Alpha-Emissionslinie. Bild: Wikipedia, Chandra Photo Album | Public Domain

Eine Erklärung für dieses Phänomen könnte sein, dass EGS8p7 bei ihrer Entstehung ungewöhnlich hell war und die umgebenden Wasserstoffwolken somit besonders schnell ionisierte. Ebenfalls wäre es möglich, dass die Ironisierung nicht überall gleich verlief, sondern sich in Form eines ionisierten Fleckenteppichs ausbildete.

„Einige Objekte sind so strahlend, dass sie eine Blase aus ionisiertem Wasserstoff ausbilden. Dieser Prozess ist jedoch nicht in alle Richtungen einheitlich", vermutet Zitrin. So könnte diese Galaxie mit Hilfe der Energie vieler besonders heißer Sterne den Wasserstoff wesentlich eher ionisiert haben als es zu dieser Zeit bei Galaxien üblich war.

Es scheint, als müsste eine Schlüsselfrage über die Entstehung des Universums—und somit auch uns Menschen—noch einmal überdacht werden: Die Geschichte der Re-Ionisation des Kosmos.