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Deutsche Rüstungsfirmen entwickeln Laserwaffen gegen Drohnen und Weltraumschrott

Der Laser-Effektor „bietet ein sehr vorteilhaftes Kosten-Tötungsverhältnis“, wirbt Rheinmetall Defence.
Bild: MDBA Systems

Deutschland ist weltweit Spitze bei der Forschung an Laserwaffen, so zumindest der Konsens einer Konferenz, die in der vergangenen Woche deutsche Rüstungsprofis in Bonn zusammenbrachte. Damit das auch so bleibt, soll die Forschung weiter gefördert werden—dafür setzten sich die von der Rüstungslobby dominierten Teilnehmerverbände bei der Veranstaltung ein. Eines der überzeugendsten Argumente auf der Tagung mit dem schönen Titel „Angewandte Forschung für Verteidigung und Sicherheit in Deutschland" sollte die Vorstellung des aktuellen Entwicklungsstands der extrem starken Laserwaffen sein, wie Heise berichtet.

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Deutschland hat sich stetig zum Land der Laserwaffenideen entwickelt: Schon im Juli 2015 wurde bekannt, dass die Bundeswehr für die Forschung an Laserwaffen in den vergangenen zehn Jahren 80 Millionen Euro Steuergelder ausgegeben haben soll—und zwar heimlich. Damals überging die Bundeswehr das Parlament und den Verteidigungsausschuss mit einem Trick: Das Unterfangen wurde in Einzelprojekte aufgeteilt, die für sich genommen jeweils unter der Kostengrenze von 25 Millionen Euro lagen und damit nicht mehr meldepflichtig sind.

Der Laser-Effektor „bietet ein sehr vorteilhaftes Kosten-Tötungsverhältnis", wirbt Rheinmetall Defence.

So konnten die Streitkräfte ohne Überwachung durch den Haushaltsberichterstatter Rüstungsfirmen freie Hand bei der Forschung an lasergestützten Waffensystemen lassen. Die Düsseldorfer Waffenfirma Rheinmetall Defence etwa konnte Laserkanonen so zum Testen auf Panzer montieren—obwohl die Bundeswehr zwölf Monate zuvor noch die Forschung an Laserpanzern abgestritten hatte.

Ein Problem bereitet den Streitkräften heutzutage vor allem eine Gruppe von Flugobjekten: Die LSS. Die Abkürzung steht für Low, Slow and Small, also kleine Drohnen, Octocopter und Granaten. Rheinmetall Defence forscht schon länger an sogenannten „HEL (High Energy Laser)-Effektoren", die vor allem zum Abschuss von solchen Drohnen verwendet werden können. Auch mobile Systeme sind bereits entwickelt. Ein dramatisches Firmenvideo über solche Laserkanonen auf Rädern wartet neben Hollywood-Musik mit dem unsterblichen Satz „…bietet ein sehr vorteilhaftes Kosten-Tötungs-Verhältnis" auf.

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Rheinmetall hat bereits stationäre Hochleistungslaser mit 30 kW Leistung und weiteren zuschaltbaren 20 kW im Angebot. Der Konzern arbeitet zudem an Laserwaffen für die Marine. Einen Hochenergielaser-Effektor mit zehn Kilowatt Leistung testete man erst vor einigen Tagen auf einem Kriegsschiff. Dabei wurden vor allem kleine Drohnen und Fahrzeuge mit dem Strahl vom Wasser aus angepeilt und getrackt.

Bild: Rheinmetall Defence

Daneben richten sich Hochenergielaser gegen Granaten. Ein 30 Kilowatt-Modell von Rheinmetall konnte bei Tests bereits fünf 82 Millimeter-Mörsergranaten im Anflug auf eine Entfernung von 1000 Metern binnen vier Sekunden unschädlich machen, die Technik heißt Deflagration. Und auch für die Minenräumung kann Laserwaffentechnik zum Einsatz kommen: Dabei wird wie beim Einsatz gegen Granaten der Laser auf eine Mine gerichtet, bis der Sprengstoff verbrennt, statt zu explodieren.

Doris Haarmann vom Rüstungskonzern MDBA schätzte auf der Wehrtechnik-Konferenz im Februar die Zeit bis zur Produktreife auf fünf Jahre. Einige technische Probleme gibt es noch: Eine Herausforderung liegt in der schnellen Ausrichtung des Strahls auf das bewegliche Ziel; ein anderes ist die Leistung des Lasers.

Vorteil Faserlaser

Der Hochleistungslaser von MDBA funktioniert durch die Bündelung mehrerer Faserlaser durch Spiegel zu einem Strahl, man nennt das geometrische Kopplung. Faserlaser sind in ihrer Leistung bei ca. 10 Kilowatt jedoch begrenzt. Will man damit Granaten zerstören, müssen mehrere Laser nebeneinander gestellt werden, um eine Zerstörungskraft von rund 120 bis 200 Kilowatt zu erreichen.

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Möchte man schneiden und schweißen, sind sehr starke Laser in der Industrie schon heute die Waffe der Wahl. Doch das Problem für die militärische Anwendung liegt in den Distanzen: Die meisten Laser sind nur auf wenige Zentimeter effektiv und können ihre Strahlungsenergie nicht über große Distanzen transportieren.

Ansätze, die Laserwaffen noch stärker zu machen, werden mit einem Verfahren namens Scheibenoszillation beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt auf einer 130 Meter langen Teststrecke erprobt; stehen aber ebenfalls noch ganz am Anfang. Dabei ist der Laser-Träger eine Kristallscheibe, die von hinten gekühlt wird.

Für die Flugabwehr ist deshalb die Forschung an Festkörperlasern sehr interessant. „Da wäre ein Laser-Effektor durchaus imstande so ein Ziel über drei Kilometer zu bekämpfen.", sagte Peter Heilmeier von MBDA der ARD in einem Bericht über die Laserwaffen-Ambitionen der Bundeswehr.

Mit wenig Leistung gegen den Weltraumschrott

Bild: Rheinmetall Defence

Bild: Rheinmetall Defence

Die auch „Silent Killers" genannten Waffen sind kosteneffizient: Ein Laser-Effektor braucht keine Munition. In wenigen Jahren können Rheinmetall Defence und MBDA die Projekte an die Bundeswehr übergeben. Die will Laserwaffen vor allem in defensiven Anwendungsbereichen einsetzen, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums dem SPIEGEL im vergangenen Juli.

Irgendwann möchte auch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt gern mit Lasern arbeiten, um den um die Erde kreisenden Weltraumschrott zu vermessen (dafür ist nur eine sehr geringe Leistung der Laser nötig) und im ferner Zukunft auch Trümmerteile abzuschießen. Von einem solchen Hochleistungslaser, der das könnte, sind wir jedoch noch Lichtjahre entfernt.