Screenshot Dner
Die Optik erinnert an ein übliches Vlog des Influencers von der Laden – doch dann sind da noch die Menschen in Uniform | Bild: Screenshot | YouTube | Bundespolizei Karriere | Bearbeitung: Motherboard

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Das waren die teuersten Influencer-Kampagnen der Bundesregierung

123.400 Euro haben Bundespolizei und Bundeswehr in Werbung mit Social-Media-Stars gepumpt. Unsere exklusive Auswertung zeigt, welche Influencer-Kampagnen von welchen Behörden bezahlt wurden.

Die Stars von YouTube und Instagram preisen vor ihrem jugendlichen Publikum nicht nur Bademode oder Limonade an. Sie werben auch im Auftrag der Bundesregierung – natürlich gegen Bezahlung. Mehrere Hunderttausend Euro hat der Staat inzwischen ausgegeben, um Botschaften mithilfe von Influencern zu verbreiten.

Keine Influencer-Kampagne der Bundesregierung war offenbar so teuer wie "VeroSelvie", eine Aktion für faire Mode aus dem Jahr 2017, in die rund 84.600 Euro geflossen sind. Die Regierung hat auch Internet-Stars bezahlt, um Nachwuchs für Bundespolizei und Bundeswehr zu gewinnen: 71.400 Euro für künftige Polizistinnen und Polizisten, 52.000 Euro für künftige Soldatinnen und Soldaten.

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All diese Zahlen stammen aus einer bisher unveröffentlichten Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Jan Korte, die Motherboard vorliegt. Darin aufgelistet sind sämtliche Ausgaben der Bundesregierung für Social Media. Motherboard hat die dazugehörigen YouTube-Videos, Instagram-Posts und Blogeinträge recherchiert und ausgewertet. Alle Artikel unseres Themen-Specials findet ihr hier. Am Ende dieses Textes haben wir die Namen aller Influencer aufgelistet, die je für die Regierung gearbeitet haben, und welche Behörden oder Ministerien in ihre Kampagne investiert haben.

Die vier teuersten, staatlich finanzierten Influencer-Kampagnen der Bundesregierung
Die Graphik zeigt, welche Ministerium am meisten Geld in Influencer-Marketing investiert haben. Ganz vorne: Das Entwicklungsministerium, dicht gefolgt vom Innenministerium.

Es ist bisher einmalig, dass Bundesbehörden so detailliert verraten, wo und wie sie online werben. Social-Media-Kampagnen sind extrem flüchtig und schwer zu recherchieren.

Während sich etwa Blogeinträge gut mithilfe von Google finden lassen, ist es deutlich schwerer, gezielt Instagram-Posts, Livestreams, Tweets und YouTube-Videos anhand bestimmter Stichworte zu suchen. Die internen Suchmaschinen der Plattformen funktionieren einfach nicht so gut. Wer überprüfen will, was der Staat im Netz genau tut, ist also auf dessen Auskünfte angewiesen.

Instagram-Bilder aus der Fashion-Kampagne.

Die 84.600-Euro-Kampagne hat diese Spuren auf Instagram hinterlassen | Foto: Instagram | Screenshot

Bei der auffällig teuren Mode-Kampagne warben vor allem Fashion-Influencerinnen für die Aktion "Vero & Selvie" des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Es ging dabei um faire Löhne für Näherinnen und umweltfreundliche Stoffe. Mehr als 15 Influencerinnen waren laut Bundesregierung mit ihren Blogs und Social-Media-Kanälen beteiligt.

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Insgesamt sind auf Instagram aber nur rund 60 Posts mit dem Hashtag #veroselvie zu finden – nicht gerade ein Social-Media-Erfolg. Wie aus den Fotos hervorgeht, gab es auch eine Diskussionveranstaltung mit den Influencern. Unklar ist, wie viel Geld genau für die jeweiligen Instagram-Posts geflossen ist.

Felix von der Laden bei der Bundespolizei: 41.650 Euro

Screenshot des YouTube-Videos von Felix von der Laden mit der Bundespolizei

Ein YouTuber mit inzwischen 3,2 Millionen Abonnenten lässt sich von der Polizei durch den Berliner Hauptbahnhof führen | Bild: Screenshot | YouTube | Bundespolizei Karriere

Auffällig kostspielig war ein Video des YouTube-Stars Felix von der Laden, früher bekannt als Dner. "Ich wurde eingeladen vom Bundespolizeipräsidenten, heute einen kompletten Tag in Berlin mit der Bundespolizei zu verbringen", erklärt der YouTuber in seinem Video, das derzeit rund 422.000 Aufrufe hat.

Der YouTuber lässt sich etwa von einer Beamtin durch den Berliner Hauptbahnhof führen und fliegt im Polizeihubschrauber. Mit dem Video will die Bundespolizei offenbar Nachwuchs anwerben: Unter dem Video hat von der Laden einen Link zur Website komm-zur-bundespolizei.de platziert. Wert dort drauf klickt, bekommt zu lesen: "Bewirb dich jetzt". Kostenpunkt für das ganze: 41.650 Euro.

Gewiss fallen darunter auch Produktionskosten und sonstige Abrechnungen. Genauer aufgefächert hat die Bundesregierung das nicht. Dasselbe Video ist nicht nur auf dem Kanal von Felix von der Laden zu sehen, es wurde auch auf dem YouTube-Kanal "Bundespolizei Karriere" gepostet; dort hat es derzeit rund 34.000 Aufrufe. Direkt unter das Video schrieb die Bundespolizei: "Eine Einladung des Bundespolizei-Präsidenten nach Berlin? Die konnte Felix von der Laden einfach nicht ausschlagen." Wie viel Geld dabei im Spiel war, erwähnt die Bundespolizei natürlich nicht.

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Für eine vergleichbare Aktion zur Gewinnung von Nachwuchs hat die Bundespolizei im Jahr zuvor die YouTuber Joey's Jungle und Lara Sophie Laurent eingeladen, für insgesamt 29.750 Euro.

Es ist davon auszugehen, dass die Influencer jeweils auch einen Teil der hohen Geldbeträge behalten konnten. Denn in nur einem Fall weist die Bundesregierung ausdrücklich darauf hin, dass das nicht so ist, und dass die genannten Kosten ausschließlich für die Produktion verwendet wurden: beim Kanzlerinnen-Interview des YouTubers Florian Mundt, bekannt als LeFloid, im Jahr 2015. Bei allen anderen staatlichen Ausgaben für Influencer gibt es einen solchen Hinweis nicht.

Wenn YouTube-Stars wollen, dass du zur Bundeswehr gehst

Auch die am Budget gemessen drittgrößte Influencer-Kampagne handelte von Nachwuchs. Das Verteidigungsministerium hat laut Bundesregierung 52.000 Euro ausgegeben, um Influencer auf der Spielemesse Gamescom unter dem Motto "Digitale Kräfte" für sich werben zu lassen.

"Die Bundeswehr ist in Köln mit Spähfahrzeug Fennek, Mini-Panzer Wiesel und jeder Menge Karrieremöglichkeiten am Start", schrieben die Streitkräfte auf ihrem Facebook-Account über diese Aktion. Laut Antwort der Bundesregierung waren die YouTuber BradeTv, ChrisHalb12, Julez und C-bas – bekannt vom Kanal Bullshit TV – vor Ort, um für den Dienst an der Waffe zu werben.


Ebenfalls auf Motherboard: Für ein wenig Internet-Ruhm isst Shoenice22 alles

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Platzierte Kampagne für rund 10.000 Euro

Die vom Budget her viertgrößte Kampagne hat das Bundesministerum für Ernährung und Landwirtschaft gestartet, sie handelte von gesundem Essen an Schulen. Unter dem Wortwitz-Motto "Check das Mahl" sollten sich Schülerinnen und Schüler bewerben, um einen Besuch von YouTubern an ihrer Schule zu gewinnen.

Insgesamt 47.362 Euro hat das Ministerium dafür ausgegeben. Davon gingen 27.370 Euro an die Kampagne für die YouTuberin Barbielovelipsticks, 17.255 Euro an die des YouTubers Mirko Drotschmann, bekannt als MrWissen2Go. Für Drotschmann verbucht sind allein 9.520 Euro für die "Platzierung der Kampagne in einem YouTube Video" auf seinem Kanal, heißt es in der Antwort der Bundesregierung.

Die Graphik zeigt, auf welchen Netzwerken die meisten staatlich finanzierten Influencer-Kampagnen in den Jahren 2014 - 2017 veröffentlicht wurden. An der Spitze steht YouTube, mit einigem Abstand folgen Instagram und Facebook

Inzwischen arbeitet Drotschmann auch für das öffentlich-rechtliche Angebot Funk – damals tat er das noch nicht. Offenbar ist er ein Influencer, von dem sich die Bundesregierung gerne repräsentieren ließ. Insgesamt hat der Staat seit 2016 nämlich drei Mal mit ihm gearbeitet, heißt es in dem Dokument. Die YouTuberinnen Barbielovelipsticks und Lara Sophie Laurent, ehemals bekannt als ItsColeslaw, erhielten demnach jeweils zwei Aufträge.

Ein Influencer, drei Fotos, 4.867 Euro

Auch für Kampagnen auf anderen sozialen Netzwerken hat die Bundesregierung hohe Beträge locker gemacht, etwa auf Instagram. Für den Fotowettbewerb "Du bist die Stadt" verzeichnet das Bundesministerium für Umwelt zum Beispiel 4.867,10 Euro, allein für die Zusammenarbeit mit dem Fotografen Jörg Nicht.

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Im Jahr 2016 sind die Ausgaben der Regierung für Influencer-Kampagnen sprunghaft angestiegen, wie diese Graphik zeigt.

Welche Leistungen der Betrag genau umfasst, geht nicht aus der Antwort der Bundesregierung hervor. Dem Blogeintrag einer zuständigen Werbeagentur zufolge hat Nicht insgesamt drei Instagram-Fotos beigesteuert. Demnach hätte das Ministerium für einen einzelnen Instagram-Post rund 1.622 Euro gezahlt.

Screenshot der Kampagne #checkdasmahl auf Instagram

Müder Wortwitz: Sechs Posts mit dem Hashtag #checkdasmahl | Bild: Screenshot | Instagram

Bemerkenswert ist auch das Ergebnis der Instagram-Kampagne #checkdasmahl für gesundes Essen an der Schule. Zu dem entsprechenden Hashtag sind auf Instagram insgesamt nur sechs Beiträge zu finden. Dafür wurden drei Influencer bezahlt: MrWissen2Go für 1.785 Euro (verbucht unter "Instagram + Crossmotion"), barbielovelipsticks für 7.140 Euro und die YouTuber-Gruppe Grischistudios für 2.737 Euro, macht zusammen: 11.662 Euro.

***

Übersicht: Mit diesen Influencern hat die Bundesregierung 2015 - 2017 zusammengearbeitet

Bundeskanzleramt:

  • Marspet
  • Lisa Sophie Laurent (früher ItsColeslaw)
  • Clement Davis
  • Flavio Simonetti
  • Hatice Schmidt

Bundespresseamt:

  • LeFloid

Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft:

  • BarbaraSofie (früher barbielovelipsticks)
  • MrWissen2Go
  • Grischistudios
  • Benatzki
  • Einfach Inka
  • Klein aber lecker
  • Duygo
  • Mit Vergnügen
  • Krautkopf

Familienministerium:

  • Lisa Sophie Laurent
  • Tarik Tesfu

Gesundheitsministerium:

  • KranCrafter
  • Gamze & more
  • LetsDenk
  • manniac
  • FloVloggt
  • darkviktory
  • Rayk Anders
  • Techtastisch
  • ooobacht
  • tenseapplewar
  • einfach inka
  • Sofia Martinez
  • snukieful
  • grasreh91
  • Anne Wünsche
  • MrWissen2go
  • LukasMusicRecords

Innenministerium:

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  • Herr Faham
  • Joey's Jungle
  • Lisa Sophie Laurent (früher ItsColeslaw)
  • Felix von der Laden

Umweltministerium:

  • Zukar
  • Jörg Nicht

Verteidigungsministerium:

  • BradeTv
  • ChrisTezz
  • ChrisHalb12
  • C-Bas
  • Julez

Entwicklungsministerium:

  • ViertelVorMag
  • Fabian Hart
  • Stil in Berlin
  • Kira Aurelie
  • Blogfabrik
  • Wana Limar
  • Marieke Fischer
  • Jenny Mustard
  • Noveux Mag
  • Daria Daria
  • Julia Wulf
  • Bonnie Strange
  • Femtastics
  • Indie Magazine/Material Girl
  • Dandy Diary
  • Trust the Girls
  • Folkdays

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