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Unge vergleicht Massentierhaltung mit Holocaust und stellt Video offline

Nach der Kampagne #MilchIstGift will sich der YouTube-Star im Kampf gegen Massentierhaltung selbst übertreffen. In einem mittlerweile gelöschten Video macht er einen NS-Vergleich, über den vor Jahren schon Gerichte entscheiden mussten.
Bild: Screenshot | YouTube | unge

Simon Unge eskaliert. Vergangene Woche "triggerte" er das Netz, indem er Milch als Gift bezeichnete. Die Formulierung war bewusst reißerisch und auch nicht korrekt, die Absicht dahinter aber zumindest anständig: Unge wollte auf die messbaren Klimafolgen der Massentierhaltung aufmerksam machen. In seinem Folgevideo vom 9. März entschied sich der YouTuber, der sich für vegane Ernährung stark macht, für eine noch größere Provokation: Er verglich Massentierhaltung mit dem Holocaust.

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"Hör zu, ich möchte die Ereignisse im Zweiten Weltkrieg oder Adolf Hitler auf keinen Fall kleinreden. Das war absoluter Horror. Es wurden systematisch Millionen von Menschen getötet, anders denkende Menschen, Menschen, die nicht in das Weltbild reinpassten", sagt Unge vorab. Sein Video ist eine Antwort an den YouTuber LeFloid, der Unge massiv für seine Milch-ist-Gift-Videos kritisiert hatte. In bester YouTuber-Beef-Manier hatte LeFloid Unge als Veganazi bezeichnet. Vor diesem Hintergrund strickte Unge den NS-Vergleich weiter:

"Nazis: Systematisches Töten von Millionen von Menschen. Massentierhaltung: Systematisches Töten von Tieren. Mehr will ich dazu gar nicht sagen. Aber LeFloid, überleg dir mal, was du sagst, und wen du Nazi nennst, mein Lieber."

Offenbar hat sich wohl auch Unge an der Sache etwas nicht gut überlegt: Nämlich, was ein Vergleich wie dieser eigentlich bedeutet. Der YouTube-Star ist nämlich nicht der erste, der Massentierhaltung mit der systematischen Ermordung von 5,6 bis 6,3 Millionen europäischen Juden in Verbindung bringt.

"Der Holocaust auf ihrem Teller", so titelte eine Werbekampagne der kontroversen Tierschutzorganisation PETA bereits im Jahr 2004. Die Bilder der Plakate zeigen Schlachttiere gegenüber von aufgetürmten Leichen von Häftlingen in Konzentrationslagern. Vom Zentralrat der Juden gab es dafür eine Klage. Die Kampagne würde die Menschenwürde von Juden und ihren ermordeten Angehörigen verletzen. Das Landgericht Berlin gab der Klage im Jahr 2004 Recht.

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Der Fall ging bis in die höchsten Instanzen des deutschen und europäischen Rechts. Zuerst bestätigte im Jahr 2009 das Bundesverfassungsgericht das Urteil: Der Vergleich zwischen "menschlichem, würdenbegabtem Leben" und der Massentierhaltung sei unzulässig. Letztlich urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte 2012 in dem Fall: Die Kampagne verletze die Persönlichkeitsrechte europäischer Juden und der Überlebenden des Holocausts.

Im Gegensatz zum Vergleich zwischen Milch und Gift ist Unges Holocaust-Vergleich möglicherweise keine Bagatelle. Inzwischen ist das Originalvideo nicht mehr verfügbar. Warum der YouTuber es offline genommen hat, ist unklar. Eine Anfrage von Motherboard an Simon Unges Firma, flow.fwd, blieb bisher unbeantwortet. Sehen kann man es aber immer noch. Der YouTuber HerrNewstime hat in einem Livestream über die Kontroverse gesprochen und dabei Unges kompletten Rant gezeigt, um ihn zu kommentieren. In dem Video behauptet Unge übrigens noch viele weitere Dinge, etwa, dass Fleischesser hinter Gitter gehören.

Auf Unges Kanal ist davon aktuell nichts mehr zu sehen, auch auf den Holocaust-Vergleich ist er bisher nicht weiter eingegangen. Stattdessen bezeichnet Unge nun weitere Lebensmittel als Gift. Sein neues Video hat den Titel: "Öl ist Gift".

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