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Geheimes Agentenwissen: Die besten Outdoor-Survival-Tipps

Was man bei einer Spionagetätigkeit im freien Feld so alles beachten sollte.
Bild: Wikipedia | Imperial War Museums | Public Domain

Als sich der Zweite Weltkrieg zuspitzte und immer mehr Staaten in den Krieg zogen, entwickelte sich auch die Spionage hinter der feindlichen Frontlinie zu einem erbitterten Wettkampf und einer eigenen militärischen Wissenschaft. Im Zuge dessen entstand ein internationales Netzwerk geheimer Trainingscamps der Alliierten, in denen zukünftige Agenten ausgebildet wurden. Da nicht jeder Soldat einer ausführlichen Schulung mit eigenem Survival-Training unterzogen werden konnte, fasste man die wichtigsten Fertigkeiten auch in einer Art Gebrauchsanweisung für Spione zusammen. Das Handbuch diente außerdem als Hilfestellung, wenn die Spione mal ein paar Tricks nachschlagen wollen.

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Die Originaldokumente veröffentlichte Denis Rigden für jedermann zugänglich in seinem Buch „How To Be A Spy". Vorher wurden diese ursprünglich geheimen Unterlagen von den den britischen National Archives in ihrer Reihe „Secret History Files" mit Einführungen und Hintergrundanalysen von Experten freigegeben. Rigden war 30 Jahre lang in diese historische Recherche eingebunden.

Verglichen mit heutigen Methoden bieten die Strategien eher niedliche Überlebenstipps als knallhartes modernes Agentenwissen. Dennoch wartet das Handbuch nicht nur mit einigen Grundlagen für heutige Militärpraktiken auf freiem Feld auf, sondern eignet sich auch für Hobby-Spione und Naturliebhaber: Tatsächlich finden sich zahlreiche nachvollziehbare Tipps, die auch beim nächsten Wanderausflug oder einer etwas extremeren Campingreise zum Einsatz kommen könnten.

Da der Frühling sich bereits in voller Pracht zeigt und der Wald ruft, haben wir euch eine kleine Zusammenstellung der besten Outdoor-Praktiken notiert—erprobt von amerikanischen und britischen Spionen der Special Operations Executive (SOW) in den 1940er Jahren.

Bild: Wikipedia | Imperial War Museums | Public Domain

Das richtige Gepäck

Weniger ist mehr—so lautet auch das Motto für die perfekte Outdoorerfahrung. Sortiere alles aus, was du nicht unbedingt benötigst, alles andere verursacht nur unnötiges Gepäck, Gewicht und Geräusche. Laut den Naturburschen unter den Soldaten sind für deinen Ausflug ins Grüne folgende Dinge wichtig:

  • Ein Messer. Ein klassisches Taschen- oder Klappmesser wertet deine Ausrüstung enorm auf und sollte auf der Prioritätenliste ganz oben stehen. Es ist ein praktisches Werkzeug, genauso wie auch eine Waffe, die bei Gefahr auf kurzer Distanz Leben retten kann. Versierte Spione und Abenteurer schärfen zusätzlich noch die Rückseite ihrer Klinge, um in jeder Situation und Position schnell reagieren zu können.
  • Eine volle Streichholzschachtel. Sollten nur noch wenige Zündhölzer in der Box sein, fülle den Leerraum mit Gras oder einem anderen Material, um ein Klappern zu verhindern.
  • Geld. Im Idealfall Papiergeld, da Münzen…. na klar, klimpern.
  • Ein mindestens vier Meter langes kräftiges Seil. Dieses ist vielseitig zu gebrauchen: mit einem ordentlichen Strick lässt sich ein Mensch fesseln, eine Stolperfalle bauen oder einfach mal etwas festbinden.
  • Eine Armbanduhr. Diese sollte so am Handgelenk getragen werden, dass sie weder stört, noch beim Kriechen zerkratzt wird.
  • Ein Kompass. Hänge dir den Kompass um den Hals, lasse ihn aber auf dem Rücken ruhen. So kommt er dir nicht in die Quere und stört dich mit seinem Gebaumel nicht beim Kriechen.
  • Erste Hilfe-Ausrüstung. Möglichst klein, fest verpackt und geräuscharm.

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Die Menge an Nahrung und Getränken, die du einstecken solltest, richtet sich nach der Länge deines Einsatzes. Aber auch hier gelten natürlich die altbekannten Regeln: es sollte so wenig sein wie möglich, kein Geräusch machen und nicht beim Kriechen stören.

Die Kunst einen Fluß zu überqueren

Solltest du an einen tiefen, langsam fließenden Fluss gelangen, versuche eine seichte Stelle zu finden, an der du das Gewässer durchqueren kannst. Auch eine Biegung ist eine guter Ort für einen unentdeckten Übertritt zum anderen Ufer. An solchen Stellen befindet sich oft Kies oder anderer fester Grund an beiden Seiten des Flussbettes, außerdem wirst du durch die Biegung nicht so schnell entdeckt.

Zur Tarnung eignet sich natürlich das, was in einem Fluss nicht auffällt: Treibholz und andere umherschwimmende Vegetation. Wenn du das Wasser geschützt erfolgreich durchquert hast, versuche in der Nähe von Schilf oder herabhängenden Baumästen anzukommen. So lässt sich das Gewässer ungesehen verlassen, wenn der Abhang ebenfalls nicht zu steil ist (auch das sollte vorher bedacht werden).

Bild: Wikipedia | Imperial War Museums | Public Domain

Kommst du an einem rasch fließenden, unruhigen Strom suche dir ebenfalls eine seichte Stelle, hier sollte das Wasser über kleine Steine plätschern, sehe dich aber vor nicht direkt über einem Wasserfall das Manöver vorzunehmen. „Vermeide große Felsen und springe nie von einem Stein zum anderen, wenn über diese Wasser hinweg fließt. Ein Seil ist ein großer Vorteil und eine gute Sicherheitsvorkehrung." Wer schwimmt, sollte sich so positionieren, dass er sich diagonal mit der Strömung treiben lassen kann, wobei für den Ort der Ankunft die selben Regeln gelten wie beim oben genannten tiefen, ruhigen Fluss.

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Spuren lesen

Willst du deinem Feind oder Forschungsobjekt einen Schritt voraus sein, solltest du immer über seine Wege informiert sein. Mit dem Enträtseln von Spuren lassen sich Tiere und Menschen natürlich auch aufspüren und wunderbar aus dem Versteck beobachten. Dabei gilt: Kleine Ansammlungen lockerer aufgeworfener Erde deuten immer darauf hin, dass hier entweder ein Schuhabsatz oder ein Tatze vorbeigekommen sind. Die Menge der Erde steht damit in direktem Zusammenhang zu der Geschwindigkeit der Kreatur. Je schneller ein Mensch sich fortbewegt, je gerader weisen seine Füße nach vorne und desto enger liegen die Abdrücke von rechtem und linken Schuh zusammen.

Sind die Spuren noch sehr frisch, ist die von ihnen aufgewühlte Erde dunkel und nimmt mit zunehmender Zeit eine hellere Färbung an. Die Kanten sind noch scharf gezeichnet und nicht durch Windeinwirkung und überlagernde Gewächse verwaschen worden. Das beste Training zum Spuren lesen ist, an seinen eigenen Schritten und Abdrücken zu üben. Wie verändern sich diese in welcher Zeitspanne, was passiert bei Regen und wie lange bleibt ein umgeknickter Grashalm liegen (sehr lange).

Bild: Wikipedia | Imperial War Museums | Public Domain

Der Gebrauch des Feldstechers

Auch hier gilt die Regel: Still halten. Ein wackelndes Fernglas erweckt schnell unerwünschte Aufmerksamkeit, während eines, das sich nicht bewegt, kaum wahrgenommen wird. Deswegen achte darauf, dir regelmäßig Pausen zu gönnen, bevor du deine Späh-Haltung nicht mehr wahren kannst. Am besten du stützt dich irgendwo auf und platziert deine Arme oder den Feldstecher auf einer Ablage wie einem Stein oder Ast. Ist das nicht möglich ist, presse das Gerät in deine Augenhöhlen (natürlich nur solange es nicht unangenehm ist), diese Methode gibt etwas mehr Halt. Wer nicht gerade im Stehen observiert, kann mit seinem Ellenbogen auf den Beinen auch ein Stativ bilden.

„Wenn du ein bestimmtes Gebiet absuchst, teile es in Blickfelder auf—lasse deine Augen nicht ziellos umherwandern. Arbeite langsam und lasse sich die Felder überlappen. Verlasse kein unerwartetes oder ungewöhnliches Objekt, ohne herauszufinden was es ist und warum es dort ist. Blicke nicht zu lange auf ein und das selbe Objekt. Wenn du nichts herausfindenn kannst, gönn' deinen Augen eine Pause, schaue woanders hin und sehe schnell wieder zurück. Gebe aber nicht auf, nur weil du es beim ersten Versuch nicht identifizieren konntest."

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Bedenke, dass sich die Lichtverhältnisse ständig ändern. Etwas, das um 11 Uhr deutlich zu erkennen war, kann um 11:05 Uhr nahezu unsichtbar sein. Die beste Sicht hat man aus dem Augenwinkel, lasse also nicht alles nur im Zentrum deines Blicks geschehen. Besonders gut ist die Sicht übrigens nach Regen, wenn die Regentropfen das Licht brechen.

Und vergiss nie: Ein Feldstecher hat immer eine andere Perspektive als das menschliche Auge: Entfernungen erscheinen kleiner, gegenüberliegende Objekte scheinen weiter voneinander entfernt zu sein und der Boden muss gar nicht so flach sein, wie dein Fernglas es dir vorgaukelt.

Die Tarnung

„Was bringt es schon, den anderen auszuspähen, wenn der Feind dich ebenfalls erspähen kann", so das Handbuch der Special Training School 103, die intern auch als Camp X bekannt ist. Hier also einige sinnvolle Tricks, wie sich der Spion unsichtbar verstecken kann.

Der Mensch konzentriert sich in seinen Beobachtungen vor allem auf Dinge, die in seinem Sichtfeld geschehen. Ein Versteck auf einem Baum oder flach auf der Erde beugt dem vor. Haltet ihr dann auch noch still und widersteht jeglichem Bewegungsdrang wertet ihr eure Tarnung noch einmal deutlich auf, denn Bewegung erzeugt Aufmerksamkeit.

Bild: Wikipedia | Imperial War Museums | Public Domain

Der verräterische Kopf

Eine weitere wichtige Grundregel lautet: vergiss nicht deinen Kopf. Auch wenn dein Körper wunderbar vom Flecktarn verhüllt ist und du dich sicher hinter einem Dornenbusch versteckst, ist dein Kopf schnell zu entdecken. Das gute ist jedoch, dass sich eine kleine Gesichtsverkleidung relativ schnell auch mit einfachen Materialien herstellen lässt. Mit ein wenig Erde kann man da einiges zaubern, dann noch einen kleinen Busch vor das Haupt und schon ist der Kopf kaum zu erahnen.

Ein besonders geschicktes Verwirrungsspiel lässt sich kreieren, wenn der Kopf unabhängig vom Körper eine ganz eigene Verkleidung bekommt. „Dieses unterschiedliche Tarnung könnte irgendwas von einem kleinen Busch, über einen moosbewachsenen Stein bis hin zu einem kleinen Eimer oder einem Haufen Pferdekot sein." Am einfachsten ist die Tarnung mit einem Stück Moos, welches auf Baumwurzeln, Steinen und auf dem Waldboden wächst. Ein weiterer Vorteil des weichen Grüns ist, dass sich oft komplette kleine Teppiche abtrennen lassen und ohne so viel eigenem Zutun eine komplette Kopfbedeckung bietet. Zu guter Letzt sollte der erfolgreiche Observateur auch noch an seine Füße denken und diese ebenfalls der Umgebung anpassen.

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Erstaunlicherweise ist die perfekte farbliche Anpassung an das Umfeld jedoch weniger entscheidend als die Gestaltung eures Umrisses. Hierbei sollten drei Punkte beachtet werden:

Achte auf deine Kontur

Lasse deine Kanten verschwinden. Sobald deine Form kaum noch zu erkennen ist, ist es besonders schwierig eine Person ausfindig zu machen. Verwirrung stiftet vor allem eine unterbrochene Farbgebung. Diese wird traditionell beim auch Flecktarn oder anderer Outdoor-Camouflage verwendet und nimmt die Farben der Umgebung zwar auf, zerstört diese jedoch durch ein individuelles Muster.

Eine weitere Methode ist die Auflösung der Kontur durch Unregelmäßigkeiten wie Zweige, Blätter oder Gräser. Auch hier sollte jedoch zuvor ein aufmkersames Auge auf die Umgebung geworfen werden. In einer Wildblumenwiese bieten sich bunte Zweige mit Blüten an, während sich in einem Steinbruch eher eine starre Haltung mit angezogenen Armen und Beinen angebracht ist. Ein Baum hingegen lädt den Spion dazu ein, seine Arme als Zweige einzusetzen und in verästelter Manier von sich zu strecken. Ein wenig Flexibilität, Kreativität und optisches Anpassungsvermögen sind also vonnöten.

Bild: Wikipedia | Imperial War Museums | Public Domain

Camouflage im Dunkeln

Auch wenn es tiefste Nacht ist, kleide dich nie zu dunkel. „Wenn du jemanden in der Nacht entdeckst, liegt das daran, dass er noch schwärzer ist als seine Umgebung. Trage nichts, das besonders dunkel oder sehr hell ist." Das gleiche gilt für glänzende Materialien oder solche, die bei Nässe zu glänzen anfangen. Natürlich sollte die Kleidung auch nicht rascheln und die Schuhe nicht quietschen. Auch Hände und Gesicht dürfen mal wieder nicht vergessen werden und sollten verhüllt oder dunkel eingefärbt werden. Denn auch in der tiefsten Dunkelheit gibt es immer die Gefahr einer plötzlich auftauchenden Lichtquelle. Schlecht getarnte Hände und Gesicht verraten dich in einem solchen Fall sofort.

Zusätzlich zu deiner leichten Tagesausrüstung solltest du dir beim Nachteinsatz noch einen Stock, eine kleine Taschenlampe mit Ersatzbatterie, einen beleuchteten Kompass und Hustenbonbons zulegen. Um zu überprüfen, dass auch nichts klappert oder anderweitige Geräusch von sich gibt, hüpfe vor deinem Einsatz ein paar Mal auf und ab und lasse dann alle verräterisch hörbaren Dinge zu Hause oder tausche sie aus.

Fit für die Nachtwanderung

Nun müssen noch die nächtlichen Spionagefähigkeiten gesondert trainiert werden. Da der Mensch sein Sichtvermögen normalerweise nicht vollständig ausnutzt, ist es nun Zeit, deinen Augen ein wenig mehr Beachtung zu schenken. Diese Nachtsicht lässt sich ganz gut auf dem Heimweg aus der Kneipe oder einem Abendspaziergang mit dem Hund üben. Auch die Ohren solltest du öfter mal spitzen, da sich Hindernisse und finstere Gestalten meistens zuerst durch Geräusche verraten.

Das ist natürlich nur eine Auswahl wichtiger Outdoor-Spionagetechniken, die sich vor allem durch Training und eigene Erfahrung enorm ausbauen lassen. Auch ein gutes Erste-Hilfe-Grundwissen ist unabdingbar, für jeden der in gefährlichen Einsätzen unterwegs ist. Die Selbstverteidigungsregel im Zweiten Weltkrieg ist heutzutage jedoch glücklicherweise nicht mehr aktuell, denn sie lautete: „Es ist Krieg, kein Sport. Dein Ziel ist es, den Gegner so schnell wie möglich zu töten. Ein Gefangener ist immer eine Behinderung und Quelle der Gefahr, vor allem wenn du keine Waffen dabei hast.