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TV-Hacking is not a Crime

Auch wenn die Behörden umgehend versuchten den Täter des Max Headroom Hacks aufzuspüren, blieb die Suche nach dem mysteriösen Cyber-Moderators vergeblich, während andere Video-Piraten geschnappt wurden.

Ein Nachrichtenbeitrag am Tag nach der temporären Übernahme der Sendefreuquenzen durch die mysteriöse Max Headroom Figur.

Die Behörden versuchten umgehend auf die verwirrenden Vorfälle von Videopiraterie zu reagieren, und machten sich daran den satirischen Abklatsch eines Cybermoderators aufzuspüren. Als erste Ermittlungsmaßnahme ließ die FCC, die dafür verantwortlich ist, den Funkverkehr innerhalb der USA zu regulieren, erst einmal verlautbaren, dass die mysteriösen Täter zur Verantwortung gezogen würden: „Ich möchte jedem davon abraten, sich in eine derartige Sache zu verstricken, denn die vorgesehene Strafe beträgt 100.000 Dollar, ein Jahr im Gefängnis oder beides,“ sagte Phil Bradford, ein FCC Sprecher, einem Reporter am folgenden Tag. Selbst Mitarbeiter des FBI Hauptquartiers in Chicago wurden zur Untersuchung des Falls herangezogen.

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„Sicherlich gibt es Menschen, die das Ganze komisch finden,“ sagte Anders Yocom, ein Sprecher des Senders WTTW. „Aber es handelt sich hier um eine sehr ernste Angelegenheit, weil die Unterbrechung eines Übertragungssignals einen Verstoß gegen das Bundesrecht darstellt.“ Dieses damals neue Gesetz war entstanden, um Kommunikationsexperten und Strafverfolgungsbehörden bessere legale Handlungsinstrumente an die Hand zu geben. Zu der Zeit des Headroom-Hacks, waren Übernahmen von Übertragungssignalen ein seltenes Phänomen, dass sich auf kleine Sender mit schwacher Sendestärke beschränkte. Zudem setzten die Aktionen Expertenwissen voraus und konnten nur durch spezielles, sehr kostspieliges, Equipment in die Tat umgesetzt werden konnte.

Doch die Bedrohung durch eine neue Form des Rowdytums, des Protestes, oder sogar des Terrorismus wurde bereits ein halbes Jahr vorher spürbar. Am 27. April 1986 während HBO gerade den Film The Falcon and the Snowman übertrug kam es zu einem ersten überregional wirksamen Zwischenfall von Signalintrusion. Der 1985 erschienene Film von John Schlesinger basiert auf einer wahren Geschichte und dreht sich um einen amerikanischen Geheimdienstler, der Informationen an die Sowjets verkauft. Ungefähr einunddreißig Minuten nach Mitternacht wurden auf einmal ein Störbild eingeblendet, das von folgenden Worten überlagert wurde:

*> "GOODEVENING HBO" <* *> "FROM CAPTAIN MIDNIGHT" <* *> "$12.95/A MONTH?" *< *> "NO WAY"<*

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*> [SHOWTIME/MOVIE CHANNEL BEWARE!] <*

Viereinhalb Minuten lang war die Nachricht von Captain Midnight durch seine Signalintrusion zu sehen. HBO Vertreter verweigerten jegliche öffentliche Stellungnahme zu diesem Protest gegen die kürzlichen Preiserhöhungen des Senders. Experten fürchteten, dass dieser Angriff eine dunkle Zukunft für TV-Sender, die Satelliteninfrastruktur des Landes und für das Fernsehpublikum bedeuten könnte. „In den falschen Händen könnten diese Störaktionen ihren amüsanten Charakter bald verlieren,“ stimmte ein ABC Report in die verschüchtert-panische Reaktion mit ein.

Innerhalb weniger Tage fanden die FCC Ermittler den Eindringling. Captain Midnight war ein Satellitentechniker Namens John MacDougall, der den Fehler begangen hatte, ein relativ unbekanntes Texteingabeprogramm verwendet zu haben, um seine Botschaft auf die Bildschirme zu übertragen. Dieser Hinweis führte die Ermittler zu MacDoughalls Arbeitgeber, Central Florida Teleport, einer Firma in Ocala, Florida, die Satellitenverbindungen verwaltet.

Am Ende seiner Schicht, nach der Übertragung von Pee.wee´s Big Adventures für den heute nicht mehr existierenden Sender People´s Choice, drehte MacDougall die Satellitenschüssel in Richtung des HBO Satelliten, Galaxy 1, und übermittelte seine Botschaft durch die Überlagerung der HBO-Frequenz mit seinem stärkeren Signal. Er berichtete den Ermittlern von seiner Frustration über die steigenden Preisen von HBO, und dass diese seine anderen geschäftlichen Unternehmungen beeinträchtigten, – er verkaufte neben seinem Job auch noch TV-Satellitenequipment. Nachdem er sich des angeklagten Verstoßes gegen das Bundesgesetzt durch das widerrechtliche Übertragen von Funksignalen, schuldig bekannt hatte, wurde er zu einer Geldstrafe von 3600 Euro und einem Jahr auf Bewährung verurteilt.

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Der Fall wurde aber begleitete von einigen juristischen Ungereimtheiten. Speziell ging es dabei um die Anklagepunkte nach dem Paragraphen 47 USC 301, der das „Funken ohne Lizenz“ verbietet. Es ist fraglich, ob dieser Paragraph überhaupt auf MacDougall angewendet werden konnte, denn MacDougall hatte ja eine Lizenz. Um die Sache ein für alle mal klarzustellen verabschiedete der Kongress im darauffolgenden Jahr 18 USC 1367: ein Gesetzt, dass die Übernahme eines Satelliten zu einem Kapitalverbrechen erklärt. Ein Jahr später und zwei Monate vor dem Max Headroom-Hackangriff durchlief dieses Gesetzt seine Bewährungsprobe bei einem ähnlichen Fall.

Im September des Jahres 1987 wurde Playboy TV gekapert. Kurze Zeit später konnten verblüffte Onanisten auf ihren heimischen Bildschirmen lesen, dass sie ihre Sünden bereuen und zu Jesus zurückfinden sollten. Das FBI identifizierte den Hacker als Thomas Haynie, ein Techniker, der beim Christian Broadcasting Network angestellt war. Haynie wurde geschnappt und unter dem neuen Satellitengesetz zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Der FBI Bericht zum Headroom-Vorfall, den ich durch den Freedom of Information Act einsehen konnte, wurde von Dr. Michael Marcus, dem damaligen stellvertretenden Bürochef der FCC Operationszentrale in Chicago und dem Hauptermittler im Fall Headroom, verfasst. Als Experte für TV-Hacking und Übertragungstechnologien begann Marcus 1979 seine Karriere bei der FCC und wurde zu einem Vorreiter der Entwicklung und Implementierung fortschrittlicher Funktechnologien. Noch vor seiner Pensionierung im Jahr 2004 forderte er die Gegner der Elektronikindustrie dazu auf, der FCC dabei zu helfen, progressive Technologien wie Wi-Fi und Bluetooth auf dem kommerziellen Markt einzuführen.

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Er war ebenfalls eine Schlüsselfigur bei der Verhaftung von Captain Midnight und des Playboy-TV Hackers. Beides Ereignisse, an die er sich gleichermaßen mit Genuss und Ekel erinnert, zum einen wegen der bürokratischen Herausforderungen und zum anderen wegen den „wahnwitzigen“ Übeltätern, die involviert waren. Für Marcus, der mittlerweile eine Beratungsfirma für Telekommunikation in Washington führt, ist der Headroom-Hacker nach wie vor ein „Bad Guy“ und einer, „der durch´s Netzt geschlüpft ist.“

Dr. Michael Marcus betont aber, dass es nicht sein Fehler war: „Der damalige Hauptverantwortliche in Chicago“ – ein FCC Ermittler, den Marcus nicht nennen wollte – „hat mir gesagt, ,was soll ich schon machen?' und ich sagte, ,Sie haben doch das Video – gehen sie zu dem Ort, von dem sie denken, dass es dort gefilmt wurde!'“

Um einen „Signalpiraten“ zu finden, muss man mit dem physischen Ort anfangen, von dem die Kaperung ausging; das wiederum erfordert, dass man weiß, welche Richtung das ursprüngliche Signal einschlug, als es entführt wurde. Um ihre Signale im Stadtgebiet zu verteilen, übermitteln TV-Sender ihre Signale zunächst an leistungsstarke Transmitter auf den Dächern hoher Gebäude. Die Verbindung vom TV-Sender zum Transmitter bezeichnet man auch als den sogenannten „Studio Transmitter Link“ oder STL.

Wie ich schon sagte: dies sollte eine der Sachen sein, die theoretisch nicht funktionieren. Aber es geht dann irgendwie doch. Willkommen auf unserer Erde, wo alles, was du weißt, falsch ist."

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Die Theorie im Fall der Max Headroom TV-Hacks lautet folgendermaßen: ein Hacker hatte es geschafft, das Mikrowellensignal der STL Verbindung mit seinem eigenen Signal zu überlagern. Das wäre nicht schwierig gewesen, bedenkt man, dass die Studiosignale, die vom John Hancock Building zum Sears Tower geschickt wurden, auf einer Frequenz liefen, die leicht zu finden war.

Die Eindringlinge hätten einfach nur Ihr Sendeequipment von einem erhöhten Funkplatz, zum Beispiel von einem hochliegenden Apartment oder von einem Dach, zwischen den zwei Studios und ihren zwei Radiotransmittern im Zentrum der Stadt irgendwo von nord-nordwestlicher Richtung aus anwerfen müssen. Von dieser Position aus hätten sie die Radiotransmitter der Wolkenkratzer mit ihren eigenen leistungsstärkeren Signalen bestrahlen können, um so die eigentlichen Studiosignale zu überlagern und um ihre Botschaften an die empfangenden Haushalte auszusenden. „Ich glaube der Übeltäter hat sich nur nah genug an die Radiotransmitter der Wolkenkratzer angeschlichen und dann sein eigenes Signal mit einer höheren Stärke als die des Ursprungssignals an den Empfänger geschickt,“ sagt Marcus.

Signalrichtungen: Die Richtungen der TV Signale lassen erahnen, wo die Entführer sich positioniert haben könnten. Karte von Alex Pasternack / Scribblemaps.

Marcus glaubt nicht, dass der Täter kostspieliges oder ausgefeiltes Equipment benutzten oder dass die Geräte groß waren, wie einige es behauptet haben. „Ich glaube nicht, dass es teuer sein müsste,“ sagte er. „Neu? Nun, das Equipment hätte vielleicht um die zehn Tausend Dollar gekostet, aber es wäre auch gebraucht auf dem Amateurradiomarkt zu bekommen gewesen. Gerätschaften mit solchen Eigenschaften gibt es im Überfluss. Ich glaube also nicht, dass der Täter Koffer voller Geld gebraucht hätte,“ sagte er.

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„Ich will nicht sagen, die hätten das mit einer kleine Tischantenne hingekriegt,“ sagte Marcus, „aber wenn sie nur nah genug an die STL Transmitterantenne herangekommen wären, dann hätte auch eine gewöhnliche Fernsehantenne ausgereicht.“

Während Marcus und weitere FCC Agenten nun daran arbeiteten, das wahrscheinlichste technische Szenario zu entwickeln und den Hinweisen in der nord-nordwestlichen Gebieten der Stadt, dem vermeintlichen Ursprungsort der Attacke, nachgingen, untersuchte das FBI die Videoaufnahme und machten dabei photografische Abdrücke, etwas was die FCC damals noch nicht machen konnte.

FBI Analysten vergrößerten die Bilder des Vorfalls, die mit einem U-Matic Videorekorder in Echtzeit aufgenommen wurden. Das FBI zog sich sechs Silberabdrucke von dem Videofilm, vermerkt ein Bericht der technischen Abteilung des FBIs, aber es wurde auch angemerkt, dass eine Analyse der Ursprungskopie entscheidend zur besseren Untersuchung des Bildes beigetragen hätte. Das FBI hat ebenfalls versucht, die obere rechte Ecke des Bildausschnitts zu vergrößern, um ein besseres Bild von Max sexy Komplizin zu bekommen.

Der Ort, von dem aus das Ursprungssignal gestört wurde, war eine Sache für sich, aber um herauszufinden, wo das Video aufgenommen wurde, musste das Video sehr genau untersucht werden. Das Video, so Marcus, war unser einziger Anhaltspunkt dafür, wer die Täter gewesen sein könnten. Ganz zu schweigen davon, dass es auch der einzige greifbare Beweis in Händen der Ermittler war.

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Aber für Marcus reichte das völlig aus. Der sich drehende Hintergrund war ein guter Anhaltspunkt.

„Der Hintergrund war vermutlich 2,4 Meter breit und bestand aus Industriemetall, vielleicht handelte es sich dabei um ein Rollladentor zu einem Lagerhaus,“ sagte er. Das hätte die Anzahl der möglichen Orte in der Stadt, wo man das Video hätte aufnehmen können, schon entscheidend eingeschränkt. In diesem Zusammenhang erschien ein Hinweis besonders vielversprechend, sagt Marcus. Es war ein Hinweis, der auf eine bestimmte Person verwies, die für eine Firma arbeitete, der eine Lagerhalle in der Stadt gehörte, also ein Ort, an dem der Videodreh hätte stattfinden können.

Dieser Hinweis war stark, aber die Ermittler hatte nicht genug Beweise und keinen Durchsuchungsbefehl. Das Ganze war nur eine Vermutung. Es herauszufinden, erforderte hinzugehen und herumzufragen, ob jemand etwas Ungewöhnliches gesehen hatte. Vielleicht wäre man so dem Täter oder den Tätern auf die Spur gekommen. „Es musste jemand gewesen sein, der sich mit der technischen Seite auskannte,“ sagt Marcus. „Vielleicht war es ein Techniker, aber es hätte auch jeder andere Technikfreak sein können.“

Aus dem FBI Bericht zu Max Headroom über das „Blockieren von Mikrowellensignalen“..

Aber selbst wenn wir den wahrscheinlichen geografischen Ausgangspunkt des Angriffs ausgemacht hätten, sagt Marcus, wäre es schwer gewesen, die nötigen Ressourcen und Mitarbeiter für die weitere Investigation des Falls bereitzustellen. Er musste auch zurück in das Hauptquartier nach Washington und der FCC Ermittler vor Ort war zu zögerlich, den Fall weiter zu untersuchen.

„Unser Mann in Chicago wollte keine Türen eintreten,“ erinnert sich Marcus mit Verachtung, jedoch ohne Namen zu nennen. „Er hatte sich an die typischen Fälle gewöhnt und wollte keine Sachen machen, die er vorher nie gemacht hat.“

Der Fall verlor an Fahrt: es gab nicht genug Beweise und die Bedrohungslage war diffus. „Wie kann man sich wegen so etwas graue Haare wachsen lassen? Niemand stirbt und es gibt keinen wirklichen Schaden.“ Es gab Befürchtungen, dass jemand, der sich in einen Satelliten reinhackt, wirklichen Schaden für die Infrastruktur anrichten könnte, der in die hunderte Millionen Dollar gehen könnte, aber Befürchtungen bezüglich gewöhnlicher Fernsehübertragungen waren viel geringer. „Max Headroom war keine Bedrohung für die öffentliche Sicherheit oder für kostbare Hightechtechnologie,“ sagt Marcus. „Deswegen waren die verfügbaren Ressourcen für den Fall viel geringer.“

Zwei Tage später erfolgte ein weiterer Headroom-Hack während der zehn Uhr Nachrichten auf Kanal 5, WMAQ-TV. Diesmal war das Ganze aber ein blöder Streich des Sportsprechers Mark Giangreco, der ein Segment des Aufnahme des echten Hackattacke in einem seiner Nachrichtenfilm hineinschnitt. „Haben Sie das gesehen? Die FCC wird sich gleich des Falls annehmen, die Signale analysieren, zur Quelle zurückverfolgen und den Übeltäter aus dem Verkehr ziehen,“ bemerkte der Hauptnachrichtensprecher bissig. „Das sind die gleichen Leute, die zehn Jahre gebraucht haben, um Steve Dahl eine politisch korrekte Ausdrucksweise beizubringen.“

Am Dienstag untersuchen wir im abschließenden dritten Teil einige der unterschiedlichen Theorien über den oder die bis heute unbekannten Urheber der Signalübernahme.