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Großbritannien legalisiert Genmodifikation an Embryonen—wie geht's jetzt weiter?

Eine Entscheidung in der Grauzone von medizinischem Fortschritt und Retortenbabys.
DNA. Bild: Pixabay, CC0

Großbritannien hat gestern die genetische Modifikation von menschlichen Embryonen zu Forschungszwecken genehmigt. In ihrer Entscheidung über den Einsatz des Genediting-Tools CRISPR macht die britische Kontrollbehörde Human Fertilisation and Embryology Authority (HEFA) den Weg frei für die Molekularbiologen des Francis Crick Institutes in London, die bereits angekündigt haben, im Rahmen eines Forschungsprojekts mit dem Gen-Editing-Tool CRISPR menschliches Erbgut verändern zu wollen.

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Damit hat die HEFA einen ebenso revolutionären wie umstrittenen Beschluss gefasst, bei dem zum ersten Mal offiziell mittels eines Copy-And-Paste-Verfahrens in das menschliche Erbgut eingegriffen werden darf. Die transgenen Embryonen, die in der Petrischale modifiziert werden, sollen neue Erkenntnisse über die Eindämmung von Mutationen und Erkrankungen in der Schwangerschaft bringen und somit Fehlgeburten vorbeugen.

CRISPR kann sogar den Menschen genetisch rapide verändern—aber ist das gut?

Bevor die erste menschliche DNA verändert werden darf, hat die HEFA allerdings noch einen Vorbehalt eingelegt und lässt den Beschluss noch einmal von einem Ethik-Gremium prüfen. Das Ergebnis wird im März erwartet. Dennoch zeigte sich das Forscherteam um die Molekularbiologin Kathy Niakan bereits „hocherfreut" über die Genehmigung des Lizenzantrags.

„Dr. Niakans geplante Forschung ist wichtig für das Verständnis darüber, wie sich ein gesunder Embryo entwickelt und wird die Erfolgsraten der In-Vitro-Befruchtung erhöhen, indem sie sich auf die frühesten Stadien der menschlichen Entwicklung konzentriert", erklärte Paul Nurse, Direktor des Francis Crick Instituts in einer Presseerklärung.

Die Molekularbiologen hoffen weiterhin, dass dank ihrer Forschung bald auch genetische Eingriffe in die menschliche Keimbahn per Gesetz zugelassen werden. Durch den zellularen Entwicklungsprozess der Keimbahn werden die jeweiligen Charakteristika eines Individuums weitergegeben. Das Besondere ist, dass hier eingefügte Mutationen tatsächlich in den Genpool eines Menschen geraten und damit auch potentiell an Nachfahren vererbt werden können. So könnten Krankheiten und wie auch die Tendenz zu schütterem Haarwuchs praktisch ausradiert und aus der Erblinie entfernt werden.

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„Das hier ist der erste Schritt zur Erstellung von Gen-Babys und der Zukunft einer Consumer-Eugenik."

Der Eingriffe an einem Embryo sind zunächst nur in einem engen Zeitfenster und unter bestimmten Auflagen erlaubt: Die Veränderung der DNA darf nur in den ersten sieben Tagen nach der Befruchtung durchgeführt werden, das Einsetzen in die Gebärmutter ist verboten und die In-Vitro-Embryonen dürfen auch nur zwölf Tage am Leben gehalten werden.

Während sich Reproduktionsmediziner von der Legalisierung große Fortschritte für eine genetische Behandlung von Krankheiten erhoffen, weisen Bioethiker auf die Gefahr hin, dass eine Genmanipulation an Embryonen zu medizinischen Zwecken auch die Tür zur Zucht von DNA-optimierten Wunschkindern aufstoßen könnte. Solcherlei Forschungsvorhaben sind von den britischen Wissenschaftlern zwar nicht vorgesehen, doch Kritiker mahnten bereits, dass der wissenschaftliche Fortschritt hier zu schnell für eine gründliche ethische Debatte voranschreite.

„Diese Forschung ermöglicht es den Wissenschaftlern, ihre Techniken zur Erschaffung genmanipulierter Babys zu verfeinern und die wissenschaftlichen Berater der Regierungen haben bereits entschieden, dass sie dem zustimmen", äußerte sich David King, Leiter der unabhängigen Organisation Human Genetics Alert kritisch. „Das hier ist der erste Schritt zur Erstellung von Gen-Babys und der Zukunft einer Consumer-Eugenik."