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Die österreichische Innenministerin will ihr Gesicht nicht auf YouPorn sehen

Die Piratenpartei Oberösterreich wirbt auf YouPorn mit dem Spruch „Johanna möchte dir zuschauen!“ und dem Bild der Innenministerin. Jetzt soll die Anzeige zurückgezogen werden.
Screenshot von MOTHERBOARD

Politik und YouPorn hängen in meinem Kopf in etwa so stark zusammen wie die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Masturbation—also eher gar nicht. Ein ziemlich schlauer Wahlkampf-Move der oberösterreichischen Piratenpartei will das aber jetzt ändern: Wer dieser Tage eine der beliebtesten Porno-Seiten der Welt besucht, bekommt neben den üblichen Penis-Vergrößerungs- und Geschlechtsverkehr-mit-Nachbarinnen-Ads ein Bild der österreichischen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner angezeigt, auf dem der Text „Johanna möchte dir Zuschauen!" zu lesen ist.

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Hintergrund ist das neue Staatsschutzgesetz, das es dem Verfassungsschutz in Österreich erlauben soll, Verdächtige auch ohne richterlichen Beschluss weitreichend zu überwachen. Davon betroffen wären alle Aktivitäten im Internet—also auch der Besuch von Pornoseiten, der ja bei den meisten eher still und heimlich vollzogen wird.

Auf der entsprechenden Webseite zur Wahlwerbung informiert die Piratenpartei Oberösterreich über den politischen Hintergrund der Aktion. Dort kritisiert die Partei, dass schon heute „politische Gegner, wie etwa Tierschützer oder linke Demonstranten, (…) mit voller Härte bekämpft und unabhängig von Gerichtsurteilen in den Ruin getrieben" würden.

„Der Polizeistaat entwickelt sich seit Jahren, diverse Fachmedien und Journalisten wie Glenn Greenwald warnen davor. Dennoch tangiert es die Gesellschaft nicht wirklich, weil noch immer der Irrglaube vorherrscht, dass man eh nichts zu verbergen hat", sagt Claus-Peter Wiesinger, der Spitzenkandidat der Piratenpartei Oberösterreich im Gespräch mit MOTHERBOARD.

„Die Anzeige auf PornHub und die starken medialen Reaktionen darauf zeigen aber, dass die sexuellen Vorlieben doch ein Thema sind, mit dem fast alle Menschen etwas anfangen können und das Privatsphäre in diesem Zusammenhang doch wichtig ist."

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Mikl Leitner sei laut Wiesinger aber nur eine Symbolfigur für eine Tendenz, in die viele westliche Staaten der Welt driften. „Wir werden jetzt schon überwacht. Die NSA hat ein detailliertes Bild unserer Sexualität. Es ist seit den Snowden-Enthüllungen alles andere als eine Neuheit, dass über uns größere Profile angelegt werden, in denen auch die sexuellen Vorlieben eine Rolle spielen."

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Tatsächlich war in den von Edward Snowden und Glenn Greenwald veröffentlichten NSA-Dokumenten auch von privaten Fotos und Nacktbildern die Rede, die unter NSA-Mitarbeitern getauscht würden und auch davon, dass die NSA den Pornokonsum radikaler Muslime ausforsche.

Glenn Greenwald im ausführlichen VICE-Videointerview

„Wir wollen eine sachliche Diskussion über die Auswirkung des Überwachungsstaates", so Wiesinger. Die YouPorn.com-Aktion dürfte das zwar auf gesamtgesellschaftlicher Ebene nicht bewerkstelligen, dennoch könnte die Aktion eine der kosteneffektivsten Wahlwerbungen für die Oberösterreichische Landtagswahl am 27. September sein. Laut Wiesinger liegt das Gesamtbudget in etwa auf dem Niveau eines größeren Werbeplakates einer etablierten Partei. Eine Petition, die das Staatsschutzgesetz erklärt und dieses zu verhindern versucht findet sich außerdem auf der Webseite www.staatsschutz.at.

Wenige Stunden nach Bekanntwerden des Sujets, forderte das Innenministerium von der Piratenpartei, die Werbeanschaltung offline zu nehmen. In Anspielung auf den verwendeten Spruch „Johanna möchte dir Zuschauen!" wandte sich das Innenministerium im Namen von Mikl-Leitner an die Piratenpartei Oberösterreich: „Vorweg die gute Nachricht: Ich darf Ihnen versichern, dass nicht geplant ist, Ihnen bei Ihren besonderen Aktivitäten 'zuzuschauen'. Des Weiteren darf ich Sie ersuchen, von der Verwendung ihres kreativen Sujets Abstand zu nehmen."

Die nicht mehr ganz so augenzwinkernde Aufforderung des Innenministeriums klingt dann in der gleichen Mail an die Piratenpartei so: „Es gibt keine Zustimmung zur Verwendung des Personenbildnisses oder der persönlichen Daten der Innenministerin für die Wahlwerbung Ihrer Partei."

Claus-Peter Wiesinger erklärte gegenüber MOTHERBOARD, dass nicht geplant sei, die Anzeige offline zu nehmen.