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Alle jubeln, weil sich endlich Apple-Apps entfernen lassen—zu früh gefreut

Wieso die größte Sensation von der Apple-Keynote leider eine Ente ist.
Haben wir nicht alle einen Apple-Quatsch-Ordner?

Seit dem ersten Tag betteln Apple-Kunden um ein eigentlich so simples Feature: Bitte lasst uns die nervigen vorinstallierten Apps auf den mobilen Geräten löschen!

Solltest du dich als iPhone-Besitzer…

  • rein zufällig nicht für Aktienkurse interessieren
  • auch schon mal gefragt haben, ob irgendwer in der Milchstraße die „Meine Freunde finden"-App jemals benutzt hat
  • nicht für eine Apple Watch entschieden haben
  • in einem gesunden Misstrauens-Verhältnis mit dem Wetterdienst auf deinem Smartphone befinden oder
  • noch nie berufen gefühlt haben, deinen Blutdruck mit Apple zu teilen,

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…bist du also nicht allein.

Umso aufgeregter hacken die Techblogs deshalb seit Montag eine Meldung in die Tasten: Aufmerksame Apple-Jünger hatten bemerkt, dass nach der jüngsten Keynote 23 bei vielen Usern verhasste System-Apps still und heimlich in den App-Store gewandert waren, wo sie nach Gutdünken von Nutzern installiert und deinstalliert werden können. Und tatsächlich: Mit Beta-Version des mobilen Betriebssystems iOS10 lassen sich Nonsens-Apps wie „Tipps" und „Videos" mit einem sanften Druck auf das wackelnde X einfach löschen.

Für viele war diese auf der Bühne nicht angekündigte Nachricht die eigentliche Sensation rund um eine ansonsten eher öde Apple-Keynote. Tausende iPhone-Nutzer haben einen sogenannten „Apple-Quatsch"-Ordner auf der letzten Seite ihres Homescreens begraben, in dem sämtliche ungenutzte, aber nicht löschbare Apple-Apps verstauben.

Endlich!", jubeln internationale Fachmedien von Wired bis zu Fusion.

In Deutschland findet n-TV das „überfällig", Chip gibt sich demütig: „Danke, Apple" (und schiebt gleich ein bisschen Technologie-Panik für den Durchschnittskonsumenten hinterher: „Gelöschte Apps können Smartphone unbrauchbar machen"), Focus schreibt gar: „Apple hat Erbarmen."

Nur: Es stimmt leider nicht.

Die insgesamt 23 Apps, die nun entfernt werden können, verschwinden keineswegs vom Gerät, sondern verstecken sich nur. Beim Löschen werden lediglich eventuelle Nutzerdaten sowie die Verknüpfung auf dem Homescreen entfernt. Wenn man die Apps wieder aus dem App Store lädt, werden genau diese Verknüpfungen wieder neu hergestellt. Platz auf dem Gerät beanspruchen die Apple-Apps aber nach wie vor—und zwar rund 150 MB.

So verschafft das radikale Aufräumen dem Nutzer zwar kurzfristige Befriedigung, der einen schönen Homescreen voller Lieblings-Anwendungen sein eigen nennen kann und sich ein bisschen Autonomie einreden kann; Speicherplatz wird damit aber leider nicht eingespart.

Das hat Apple-Softwarechef Craig Frederighi höchstpersönlich in einem Podcast mit Tech-Autor John Gruber klargestellt. Gruber schreibt auf seinem Blog Daringfireball über Softwareentwicklung und erreicht mit seinem Podcast-Format „The Talk Show" ein großes Publikum—doch dass sich viele Medien über die App-Löschung zu früh gefreut haben, setzt sich nur langsam durch. Sobald die jüngste Episode von Grubers Gesprächsrunde als Video verfügbar sein wird—was in den nächsten Tagen passieren dürfte—sollte sich das ändern.

Apple bestreitet auch gar nicht, dass die Zwangs-Apps nur so tun, als würden sie verschwinden. Ein Support-Artikel vom 13. Juni bestätigt schon in der Überschrift: „Vorinstallierte Apps in iOS10 mit iOS 10 beta vom Homescreen entfernen."

Es kann allerdings gut sein, dass Apple in der finalen Version von iOS 10 seinen Nutzern die Möglichkeit zum Durchkehren letztlich doch einräumt und sich die ungebliebten Apps tatsächlich vom Gerät löschen lassen. Zumindest mit der Öffnung von Siri und iMessages für externe Entwickler geht Apple erste zaghafte Schritte aus dem goldenen Käfig des eigenen Software-Ökoystems, die darauf hindeuten lassen. Ein Apple-Programm, das niemand mag, hat bereits jetzt das Zeitliche gesegnet: Game Center ist als Plattform schon jetzt für immer verschwunden.