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Flüchtlinge willkommen in Österreich!

Warum können geflüchtete Menschen nicht einfach in WGs wohnen statt in menschenverachtenden Massenunterkünften?
Alle Bilder mit freundlicher Genehmigung von Flüchtlinge Willkommen Österreich.

Wir sind mittlerweile im Jahr 2015 angelangt und wenn man Posts auf Social Media—Plattformen und Listicles glaubt, werden wir bahnbrechende Fortschritte in der Krebsforschung erreichen, die schlimmste Ebola-Epidemie aller Zeiten in den Griff bekommen und auch das Hoverboard steckt zumindest in der Kinderschuhen. Trotz all dieser aussichtsreichen globalen Versprechen haben wir in Österreich selbst noch mit Problemen aus dem Mittelalter zu kämpfen, wenn es um Flüchtlinge und Asylwerber geht. Die Unterkünfte für geflüchtete Menschen sind nach wie vor hochgradig menschenverachtend. Schimmel, schlechtes Essen, fehlende Hygienemaßnahmen oder kaputte Heizungen sind da nur die Spitze des metaphorischen Eisberges.

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Dabei scheinen viele unserer Mitmenschen das Gefühl zu haben, Flüchtlinge und Asylwerber sind etwas Schlechtes, ein Problem, um das sich jemand anderer kümmern sollte—was traurigerweise sowohl nationale als auch internationale Entwicklungen zu bestätigen scheinen.

Es ist Angst. Xenophobie. Das Gefühl, dass jemand kommt und einem was wegnimmt. Es ist unbegründeter, irrationaler Bullshit und ein Grund dafür, warum wir so schnell nicht in einer toleranten und offenen Zukunft ankommen werden. Oder gibt es tatsächlich klar denkende Menschen, die das Gefühl haben, sie hätten mehr Recht darauf oder das Bedürfnis danach, in einer schimmeligen Ranzhütte zu hausen? Wohl kaum—es ist traurig, dass eine Hetze und Panikmache dieser Art überhaupt zieht.

Aber was kann man machen, wenn man das Gefühl hat, dass die Regierung deutlich weniger unternimmt, als in ihrer Macht steht? Diese Frage haben sich auch Martina, Stefanie, Otto und David gestellt, die in ihrer Ausbildung, Arbeit oder im privaten Umfeld oft mit dem Thema Flucht und Asyl in Österreich konfrontiert worden sind und die Plattform Flüchtlinge Willkommen Österreich ins Leben gerufen haben.

Dabei ist die Idee, die in Deutschland ihren Ursprung fand und seit einigen Wochen online ist, relativ simpel: Wer ein freies (WG-)Zimmer hat, meldet sich auf der Website an, stellt Kontakt zu den Betreibern her und bekommt einen geflüchteten Menschen vermittelt. Laut Martina wird versucht, dass der bürokratische Teil so gering wie möglich gehalten wird, um den ganzen Ablauf für beide Seiten so reibungslos wie möglich zu gestalten—im Prinzip braucht man nicht viel mehr als bereitschaftsfreudige Menschen und einen Untermietervertrag. Wer selbst kein Zimmer zur Verfügung hat, das Projekt aber fördern möchte, der kann beteiligte WGs auch finanziell unterstützen. Das ist vor allem deshalb wichtig, weil Flüchtlinge und Asylwerber zwar ein Budget zur Verfügung gestellt bekommen, dieses aber extrem begrenzt ist und für eine Unterkunft dieser Art im Normalfall nicht ausreichen würde.

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In Deutschland gibt es bereits geflüchtete Menschen, die so zu einer Unterkunft gekommen sind und über 200 Anmeldungen sind derzeit in Bearbeitung. In Österreich rechnet man allein gemessen an der Bevölkerungszahl natürlich nicht mit einer derartigen Beteiligung, nach zirka 10 Tagen hat man aber immerhin über 20 WG-Anmeldungen und zahlreiche Anmeldungen für finanzielle Unterstützung.

Auch „Buddys" haben sich schon zahlreich angemeldet. Ein Buddy-System hat den Vorteil, dass Flüchtlinge nicht einfach nur ihr Dasein in einem Aufenthalts-Limbo fristen, sondern man sich gegenseitig sprachlich und kulturell bereichert und damit ganz nebenbei Menschen hilft, die aus einer Notsituation heraus aus ihrem Heimatland fliehen mussten. Wie wichtig (und erfolgreich) solche Projekte sind, zeigt das Projekt connecting people der Asylkoordination Österreich.

Die Zukunft des Unterfangens steht noch in den Sternen. Was es aber eindeutig zeigt, ist, dass unsere Regierungen viel weniger unternehmen als nötig wäre. Man könnte meinen, dass das schon Anstoß genug sein müsste, mehr Projekte wie dieses ins Leben zu rufen und zu unterstützen.

Im Endeffekt hängt es aber zum größten Teil von der Beteiligung der Menschen ab. Und damit meine ich UNS! Wir haben die Verantwortung, solche Projekte mit offenen Armen zu empfangen und zu unterstützen, denn wenn wir es nicht tun, wer dann? Wir haben die Macht, etwas zu ändern, auf der ganzen Welt ein Vorbild und Vorreiter zu sein und dem Elend zumindest ein wenig entgegenzuwirken. Integration ist keine Angelegenheit, die man mit Kampagnen und bunten Plakaten und Slogans verbessert. Integration passiert da, wo man Menschen Vertrauen und Freundschaft bietet. Der Rest klappt dann ganz von selbst.

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Verbessert mit Adrian die Welt auf Twitter: @doktorSanchez