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Datenanalyse zeigt: Schleswig-Holsteiner Beamte schauten Pornos und 9Gag auf Arbeit

Ob auch Polizisten beteiligt waren, ist unklar.
Foto: Screenshot von HD18.de via web.archive.org

Ein Forum für Sexkontakte namens trier-diskret.de, die mittlerweile offline gegangene Pornoplattform Hd18.de und die englischsprachige Meme-Schleuder 9gag.com: Die Liste von Webseiten, die von Arbeitscomputern des schleswig-holsteinischen Innenministeriums aus aufgerufen wurden, ist bunt.

Öffentlich gemacht hatte die Websites, zu denen auch gewöhnliche Unterhaltungsangebote wie Spotify, Maxdome oder Sport1.de gehören, Patrick Breyer von der Piratenpartei. Der ehemalige schleswig-holsteinische Landtagsabgeordnete hatte am vergangenen Donnerstag eine entsprechende Pressemitteilung per E-Mail verschickt.

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Heute Nachmittag bestätigte nun auch das schleswig-holsteinische Innenministerium gegenüber Motherboard, dass alle neun von Breyer genannten Webseiten tatsächlich bei internen Analysen des Online-Verkehrs von Rechnern des Innenministeriums aufgefallen waren. Neben den bereits genannten Internetseiten befinden sich auch die Webauftritte von Pro7/Sat1, Copernicus.eu und Teleskipp.de unter den aufgerufenen Seiten.

Die routinemäßige und anonymisierte Überprüfung des gesamten Online-Verkehrs der Behörde werde regelmäßig nach einem von den "Hauptpersonalräten der Polizei und des Innenministeriums abgestimmten Verfahren" durchgeführt, erklärte der Pressesprecher des Innenministeriums, Dirk Hundertmark.

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Dass es seit Monaten eine offizielle Analyse des Netzwerkverkehrs gibt, geht auch aus einem internen Schreiben an die Mitarbeiter des Innenministeriums vom 29. März hervor, das Patrick Breyer zusammen mit seiner Pressemitteilung veröffentlichte. In dem Dokument heißt es, es seien "sowohl sehr hohe Datenumfänge als auch die Nutzung von Seiten mit nichtjugendfreien Inhalten protokolliert worden, die nicht unmittelbar ein dienstliches Interesse erkennen lassen und die ggf. auch zu einem Schaden des Ansehens in der Öffentlichkeit führen könnten". Die Echtheit des Dokuments bestätigte Hundertmark uns ebenfalls.

Nachdem die Auffälligkeiten im behördlichen Internetverkehr bereits im März festgestellt wurden, leitete man im Innenministerium weitere Untersuchungen hinsichtlich des Surf-Verhaltens der Beamten ein. Die Ergebnisse dieser zweiten Untersuchung, die den Mitarbeitern des Innenministeriums in dem Schreiben angekündigt wurde, würden laut Hundertmark derzeit ausgewertet.

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Im Laufe der vergangenen Tage hatten mehrere Medien, darunter Bento und ntv, den Fall aufgegriffen. Die Schlagzeile von Bento, nach der "die Kieler Polizei zu oft auf Spotify und Pornoseiten unterwegs war", ist dabei allerdings reine Spekulation.

Klar ist lediglich: Die auffälligen Rechner gehören zum Netz des Innenministeriums. Zwar gehören auch die Dienststellen der Landespolizei zum Inventar des Innenministerium, allerdings erfolgte die Überprüfung des gesamten Internetverkehrs bis Ende März anonymisiert, wie Hundertmark erklärt. Der festgestellte Datenverkehr ließe sich nicht einer einzelnen Dienststelle zurechnen, geschweige denn einzelnen Mitarbeitern. Erst in der zweiten Untersuchungsrunde hätte man die IP-Adressen der Rechner protokolliert.

Tatsächlich ist es Angestellten des Innenministeriums zwar gestattet, den Dienstrechner eine Stunde pro Woche auch für nicht-dienstliche Zwecke zu nutzen, bestimmte Inhalte wie Pornographie oder Glücksspiel sind von dieser Regelung aber ausgeschlossen.

Der Pressesprecher erklärt weiter, dass die "auffällige Datennutzung", auf die das Innenministerium seine Mitarbeiter mit dem Schreiben hinweist, möglicherweise auch aus dienstlichen Ermittlungen resultieren könnte, zum Beispiel im Bereich "Internetkriminalität".

Wie es in dem Schreiben weiter heißt und wie auch Hundertmark erklärt, wurde der Zugang zu allen Websites, die eine auffällige Nutzung vorwiesen, ab dem 3. April für insgesamt drei Monate überprüft. Derzeit bereite man die personalisiert erhobenen Daten auf, um sie anschließend auszuwerten. Erst wenn diese Auswertung erfolgt ist, wird man möglicherweise "Pflichtverstöße" oder "schwerwiegende Pflichtverletzungen" einzelner Beamten feststellen können. Allerdings ist es wohl eher unwahrscheinlich, dass ein Beamter auch nach einer vorher angekündigten Überwachung noch "verbotene" Internetseiten auf seiner Dienststelle aufruft.

Welche Beamten genau sich also massenhaft Memes auf 9gag.com reingezogen haben, werden wir wohl nie erfahren.