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Die Hobby-Raketenbauer der schottischen Highlands

Es gibt nicht viele Orte auf dieser Welt, an denen man gemütlich hunderte von Raketen abfeuern kann. Doch im schottischen Moor treffen sich jährlich die leidenschaftlichsten Amateur-Raketenbauer und tun genau das. Wir waren dabei.
Bild: Victoria Turk

Es gibt nicht viele Orte auf dieser Welt, an denen du gemütlich eine Rakete aus deiner eigenen Werkstatt abfeuern kannst. Doch ein verschlafenes schottisches Moor, erreichbar nur über verschlungene Straßen, die sich um Windkraftturbinen, Vorratsspeicher und eine Menge Schafe kräuseln, ist einer davon.

Jedes Jahr im August treffen sich die Amateuer-Raketenbauer im Fairlie Moor Rocket Site, unweit von Glasgow, um ihre selbstgebauten Shuttles und Raumschiffe in den Himmel zu schießen. Wir befinden uns bei der International Rocket Week.

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Die Action beginnt zunächstmal nahe dem Lapwing Lodge Outdoor Centre, dem Basecamp der Raketenenthusiasten. Hier entwerfen und bauen die Raketenfans ihre neuesten Modelle und reparieren abends alte Lieblinge. Die Geschosse reichen von kleinen Projektilen aus umfunktionierten Keksschachteln bis zu eleganten Raketen, die auf eine Höhe von bis zu 4500 m klettern können.

Alle Bilder: Victoria Turk

Während ein Teilnehmer blaue Glitzerfarbe auf ein gurkengroßes Papprohr aufträgt, untersucht ein anderer die Karbonfaserflossen einer Rakete, von der er behauptet, sie könne die Schallmauer durchbrechen. Und wieder andere beugen sich hochkonzentriert über detaillierte NASA- und Sci-Fi-Replika.

Für perfekte Flugeigenschaften benötigt jede Rakete einige bestimmte Gerätschaften. In einer Ecke des improvisierten Basecamps verkauft das Vater-Sohn-Team Rockets and Things Ersatzteile, von Rakenspitzen und Fallschirmen bis hin zu Motoren in verschiedenen Größen. Um große Motoren zu erwerben, müssen die Raketenenthusiasten diverse Zertifizierungen durchlaufen und damit beweisen, dass sie ihre Geschosse auch sicher fliegen lassen können.

Manche Raketenbauer experimentieren mit Nutzlast. Zum Beispiel werden Schlüsselanhänger-Kameras gern benutzt, um einen Flug aus Raketensicht festzuhalten. Alarmanlagen sind ebenfalls sehr beliebt. Ihr Geräusch hilft dem Konstrukteur beim Lokalisieren der Rakete, wenn sie nach ihrem Weg zurück zur Erde irgendwo im hohen Gras des Moors einschlägt.

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Drüben an der Startrampe sind die Raketen hintereinander in einer Reihe aufgestellt. Nur der Druck auf einen leuchtend roten Knopf trennt sie noch vom Start. John Bonsor, der Organisator der International Rocket Week, ruft die Luftverkehrskontrolle an und gibt dann das nächste Zeitfenster für den Start weiterer Raketen frei.

Während der Woche feuert die Gruppe kollektiv hunderte Raketen ab—doch der Lift-Off-Moment wird niemals langweilig. Sie sausen vom Launchpad, hoffentlich vertikal und werden bald zu kleinen Punkten in der Ferne, die nur eine Spur Rauch hinter sich herziehen.

Doch nicht immer läuft alles nach Plan. Mal öffnen sich die Fallschirme nicht und überlassen die Modelle der Gnade des glücklicherweise weichen Bodens. Oder die Raketen drehen vom Kurs ab und steuern gefährlich nah auf das naheligende Reservoir oder den noch näherliegenden Parkplatz zu. Am Ende der Woche wird ein uralter Thunderbird 3 nach einer ganz besonders brutalen Landung feierlich ins Lagerfeuer geworfen.

Wir haben die 29. Raketenwoche besucht, um einen Einblick in die Expertise und die Leidenschaft der Amateur-Raketenbaugemeinschaft zu erhalten. Die Teilnehmer schilderten uns die Arbeit, die sie in ihre Modelle steckten, während wir ihnen beim Start zusahen. Peter Steward, der 1935 die Lokalgruppe Paisley Rocketeers mitgegründet hat, erzählt uns, wie sich das Raketenwesen über die Jahre verändert hat.

Und John Bonsor erklärte, wie Amateure noch immer eine Rolle in der Raumfahrt spielen können—ob beim Raumschiffdesign für neue Anwendungen oder beim Experimentieren mit Hybridmotoren, wie er uns an hunderten Raketenmodellen in seiner Wohnung erläuterte.

„In all diesen Jahren hab ich sicher schon abertausende Modell- und Amateur-Raketenstarts gesehen, aber ich genieße immer noch jede einzelne", sagte Bonsor. „Sie haben etwas an sich, ich weiß nicht genau was—es ist schwierig zu beschreiben. Es rührt meine Seele auf eine gewisse Art, wirklich."