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Das postmortale Update

Die ersten Leichenhäuser bieten jetzt digitale Autopsien an. Die Technik gestaltet die Analyse des Übertritts ins Jenseits sauberer, effektiver und benutzerfreundlicher für alle Beteiligten.

Abbildung via iGene

Die neueste Must-Have Technologie für Dahingeschiedenen ist da: Bevor du dich in deinem Smart Grave zur Ruhe legst und in deinem Nachlaben per Facebook mit dem Rest der Welt verbunden bleibst, kannst du jetzt deine Autopsie digital durchführen lassen—zumindest wenn du dich an das nun eröffnete erste Zentrum zur digitalen Autopsie in Sheffield wendest.

Das Leichenhaus der Stadt wird ausgestattet mit einer neuen Abbildungstechnologie, welche den Korpus untersucht, und den Todesgrund ermittelt, ohne die bisherigen tieferen Eingriffe postmortaler Arbeit vornehmen zu müssen. Statt den Körper aufzuschneiden können Pathologen die Körperschichten digital freilegen und schauen, was unter der Haut vor sich geht. Die Technologie selbst wurde in Malaysia von einer Firma mit dem Namen iGene entwickelt, und Großbritannien ist nun das erste Land, welches ein Netzwerk von Autopsie-Einrichtungen damit ausstatten möchte.

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Ein Handbuch zur Vorstellung der Technologie erklärt, dass der tote Körper von einem CT-Scanner aufgezeichnet und abfotografiert wird. Die aufgenommenen 2D ,Scheiben' werden dann in 3D Bilder umgewandelt, die ein Pathologe auf dem Bildschirm analysieren kann. Die Arbeit bleibt durchaus zupackend, denn ein Touch-Screen-Interface steht für die Untersuchung bereit. Dabei wird der Finger zum Skalpell und das Aufschneiden des Körpers lässt sich digital nachempfinden. Die Pathologen können benutzerfreundlich durch verschiedene Ebenen des Körpers navigieren: „Forensische Pathologen können sich Schicht für Schicht durch den Körper arbeiten von der Haut bis zu den Knochen", führt die Beschreibung aus.

Abbildung via iGene

Das ganze mag durchaus grotesk klingen, aber die Prozedur bietet gewaltige Vorteile gegenüber einer konventionellen Autopsie. Der Verzicht auf das tatsächliche Abkratzen und Aufschneiden könnte aus vielerlei Hinsicht ein Gewinn sein: Sowohl für Pathologen, die sich sonst mit Körpern in den verschiedensten Stadien von Verwesung und Verstümmelung herumschlagen müssen, als auch für die Angehörigen, die eine konventionelle Autopsie vielleicht aus persönlichen oder religiösen Gründen ablehnen. Im Guardian wird berichtet, dass Familien knapp 600€ für die Prozedur zahlen müssen—außer eine solche Behandlung wird gerichtlich angeordnet.

Digitale Autopsien können auch schneller und präziser sein. Die Lokalisierung eines Projektils könnte auf einem Scann einfach zu vollziehen sein, als durch das Herumwühlen in dem Inneren eines Verstorbenen. Und da der Körper nicht aufgeschnitten wird, könnte er auch für eine erneute Untersuchungen in seinem Ausgangszustand bewahrt werden. Ein Pathologe könnte sogar einen Notizzettel auf dem digitalen Modell des Toten hinterlassen—wie ein Post-It auf inneren Organ.

Selbstverständlich kann diese Art des Scannens nicht alle Todesursachen ermitteln und es wird die konventionelle Autopsie sicher nicht vollständig ersetzen. Gutachten der Toxikologie und Biopsie können auch weiterhin nötig sein, beispielsweise wenn ein Verdacht auf eine Vergiftung besteht. Aber alles in allem, erhofft sich der Hersteller das die meisten postmortalen Untersuchungen digital vorgenommen werden könnten: „In Großbritannien werden jährlich ungefähr 550.000 Todesfälle aufgezeichnet, wovon 200.000 einer postmortalen Analyse unterzogen werden. Es wird damit gerechnet, dass in Zukunft digitale Autopsien 70% dieser Fälle übernehmen werden." führt iGene aus.

Für Technikfreaks jedenfalls könnte es ein stilsicherer Übertritt in ihr Nachleben werden.