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Forscher fotografieren gerade erstmals das Innere eines Schwarzen Loches

Bisher weiß niemand ganz sicher, was auf den Aufnahmen zu sehen sein wird.
Titelbild: D. Psaltis and A. Broderick

Kaum ein anderer Himmelskörper übt eine solche Faszination wie Schwarze Löcher aus: jene bizarren Gebilde, hinter deren „Ereignishorizont" weder Licht noch Radiosignale entweichen können. Mit seiner unvorstellbaren Gravitationskraft krümmt es die Raumzeit so stark, dass ganze Sonnensysteme verzerrt erscheinen, Zeit keine Rolle mehr spielt und die Relativitätstheorie an ihre Grenzen gelangt. Schwarze Löcher sind der Stoff, aus dem Science-Fiction-Geschichten gemacht sind. In Event Horizon ist es der Eingang zur Hölle, in Interstellar der zu einer höheren Dimension. Tatsächlich zu Gesicht bekommen haben wir ein schwarzes Loch noch nie. Das könnte sich allerdings bald ändern.

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In den nächsten neun Tagen schaut ein Netzwerk aus acht weltweit verteilten Radioteleskopen gemeinsam in den Abgrund unserer Galaxie, dem Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße, um das allererste Foto zu schießen. Sagittarius A* ist 4 Millionen mal schwerer als unsere Sonne und 26.000 Lichtjahre entfernt. Ganz so einfach und lässig wie ein Polaroidbild zu schütteln, wird das Unterfangen also nicht.

Die komplizierteste „Fotokamera" der Welt

Die Dunkelheit eines Schwarzen Lochs ist dabei aber gar nicht das Problem, sondern eher die Helligkeit des Materials, welches am Ereignishorizont entlang saust. Durch die immense Gravitation werden die eingefangenen Sterne und Planeten extrem beschleunigt, reiben aneinander und produzieren dabei eine intensive Strahlung, die den Blick auf das, was hinter dem Horizont liegt, verbirgt. Hier kommt das Event Horizon Telescope (EHT) ins Spiel.

Acht Radioteleskope bilden dabei ein riesiges virtuelles Teleskop, das Aufnahmen in einer bisher unerreichten Auflösung ermöglicht, die 2000 Mal stärker ist als die des Hubble Weltraumteleskops. Die Auflösung entspricht der Größe eines Tennisballs auf der Oberfläche des Mondes. Die teilnehmenden Teleskope sind dabei über den gesamten Globus verteilt – vom Südpol über Chile bis Spanien und Frankreich. Alle mussten zuvor mit einer entsprechenden Software und Hardware ausgestattet werden, um überhaupt die schiere Menge an Daten verarbeiten zu können. Durch neuste technologische Entwicklungen ist es nun erstmals möglich, die Technik der Very-long-baseline Interferometry (VLBI) voll auszuschöpfen, welche die Leistung von untereinander verbundener Teleskope nutzt.

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Bild: APEX, IRAM, G. Narayanan, J. McMahon, JCMT/JAC, S. Hostler, D. Harvey, ESO/C. Malin

Das EHT wird bis zum 14. April auf Sagittarius A* und ein weiteres Schwarzes Loch in der Galaxie M87 gerichtet und misst eine Strahlung von 1,3 Millimeter Wellenlänge, die nur in der Umgebung von Schwarzen Löchern vorkommt. Danach werden die Datenpakete von mehreren Petabyte an zwei Supercomputer gesendet: An einen im Haystack Radio Observatory in Massachusetts und einen im Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn. Wie die Forscher in Bonn auf ihrer Website schreiben, werden die Daten in dem sogenannten Korrelator, dem Rechenzentrum, verarbeitet. Die Algorithmen könnten aus dem Datenmaterial eine unzählbare Menge an potenziellen Bildern generieren. Am Ende wird aber das zum Sieger gekürt, welches aus physikalischer Sicht am meisten Sinn ergibt. Dabei können Monate vergehen und sogar noch ein weiterer Beobachtungsdurchlauf notwendig sein, wie Gizmodo schreibt.

Wie könnte das Schwarze Loch aussehen?

So weit entfernt von der Vision in Christopher Nolans Interstellar dürfte ein echtes Schwarzes Loch gar nicht entfernt sein, wie Astrophysiker Dr. Grant Tremblay gegenüber Gizmodo bestätigt: „Wenn du eine verdammt gute Sonnenbrille und eine Sonnencreme mit Schutzfaktor Eine Trillion hast und ein magisches Raumschiff, dann könnte ein Schwarzes Loch so ähnlich wie das von Interstellar aussehen." Also eine Art schwarze Kugel, an deren Rändern Lichtstrahlen extrem verzerrt werden.

Sollte sich das bestätigen, haben wir einen weiteren Teil von Einsteins Relativitätstheorie bewiesen. Denn diese sagt Ähnliches vorher: Eine Art runder „Schatten", an dessen Rändern Licht und Materie gebrochen wird. Von den Ergebnissen erhoffen sich die Wissenschaftler Einblicke darüber, wie sich Materie am Rand Schwarzer Löcher ansammelt und wie das extrem schnelle Gas entsteht, dass immer wieder herausgeschleudert wird.