FYI.

This story is over 5 years old.

Tech

Die Untersuchung der angeblichen Alien-Architektur wird immer rätselhafter

Wie historische Fotoplatten Licht in die Mysterien um KIC 8462852 bringen könnten.
Konzeptionelle Zeichnung von KIC 8462852. Bild: NASA/JPL-Caltech

Der Stern KIC 8462852 hält Weltraumnerds weiterhin in Atem: Seit seiner Entdeckung vor einem Vierteljahr spekulieren Forscher und Alien-Fans über den Grund seiner unerklärlichen und extremen Lichtschwankungen, die vielleicht (oder vielleicht auch nicht) von einer dort errichteten Alien-Architektur stammen könnten. Nun hat der Astrophysiker Bradley Schaefer neue Analysen in einem Paper veröffentlicht—und seine Beobachtungen machen das Mysterium nur noch rätselhafter.

Anzeige

Bereits in den vergangenen Monaten haben Astrophysiker vom SETI-Institut den Planeten auf ungewöhnliche Radio- und Lichtsignale hin gescannt, die von technologisch fortschrittlichen Zivilisationen ausgesendet worden sein könnten—und nichts gefunden. Das schließt die Theorie rund um extraterrestrische Aktivitäten nicht aus, stützt sie aber auch nicht gerade.

Eine von Astronomen ins Spiel gebrachte natürliche Erklärung für das seltsame Verhalten von KIC 8462852 lautet, dass der Stern zeitweise von einem riesigen Kometencluster verdeckt wird, welches die Sicht um bis zu 20 Prozent verdunkelt. Dieser These widerspricht Schaefers neue Untersuchung jedoch.

Die Untersuchung von Schaefer könnte nun vor allem wegen ihrer interessanten Forschungsmethode Licht ins Dunkel bringen: Der renommierte Astrophysik-Professor konnte die Geschichte von KIC 8462852 und seiner auffälligen Lichtfluktuationen rekonstruieren, in dem er historische Fotoplatten des Harvard-Observatoriums analysierte. So konnte er die Entwicklung des Sterns bis ins Erdenjahr 1890 zurück nachvollziehen.

Das Observatorium am Harvard College auf einem Bild vom Ende des 19. Jahrhunderts. Bild Harvard College Observatory; Wikimedia

„Für einige wissenschaftliche Untersuchungen ist es wichtig, die langfristige Entwicklung eines Sterns zu kennen. Das können wir analysieren, wenn wir uns die Helligkeit eines Sterns auf historischen Bildern anschauen", erklärte Schaefer Motherboard per E-Mail. „Unser Ziel ist es, eine sogenannte Light-Curve zu erschaffen, die die Geschichte der Leuchtkraft eines Sterns darstellt."

Anzeige

Um hochauflösende Bilder vom Nachthimmel zu bekommen, haben Astronomen in den vergangenen Jahrzehnten meist auf CCD-Sensoren zurückgegriffen. Auch die erste Untersuchung zu KIC 8462852, die den Stern zu einem solch prominenten Untersuchungsgegenstand machte, basierte auf CCD-Daten, die vom Kepler Weltraumteleskop aufgezeichnet wurden. Für langfristig angelegte Analysen stellarer Leuchtstärken sind Fotoplatten jedoch nach wie vor das Medium der Wahl. Im Fall von KIC 8462852 waren „1.232 hochwertige Fotoplatten" die beste Quelle, die Schaefer zur Verfügung stand.

Schaefer konnte zeigen, dass auf KIC 8462852 nicht nur, wie bisher bekannt, extreme kurzfristige Lichtfluktuationen auftreten, sondern dass sich die empfangbaren Lichtsignale auch über einen langen Zeitraum erstaunlich stark verändern. Tatsächlich weist die von Schaefer ermittelte Lichtkurve auf eine kontinuierliche Abdunklung oder Verdunklung des Sterns hin.

Der Lichtabfall ist dabei so stark, dass es einen gigantischen Schwarm von 648.000 massiven Kometen mit einem Durchmesser von mindestens 200 Kilometern bräuchte, um das Licht des Sterns so stark abzudunkeln. Ein solches Szenario erscheint fast so unwahrscheinlich wie die Thesen von einer auf dem Stern errichteten Alien-Großbaustelle. Schaefers Beobachtung widerspricht damit jenen von Astronomen ins Spiel gebrachten Modellen, die die Lichtfluktuationen mit vorbeiziehenden Kometen in Verbindung bringen wollten.

Anzeige

Bleibt immer noch die Frage, was zur Hölle auf KIC 8462852 denn jetzt los ist? Die einzige Möglichkeit, das Rätsel aufzuklären werden wohl weitere Beobachtungsmissionen sein—insbesondere gilt es, den Stern während einer seiner berüchtigten Verdunklungsperioden zu vermessen.

KIC 8462852 in einer Infrarot- und einer Ultraviolet-Aufnahme Bild: IPAC/NASA/STScI

„Die größte Chance haben wir, wenn wir eine Spektralaufnahme während einer Dunkelheitsphase machen", erklärte mir Schaefer. „Aus den Beobachtungen könnten wir herauslesen, ob es Spektrallinien gibt, die auf die Absorption eines Gases hinweisen, das mit der Abdunklung in Verbindung steht. Vielleicht entdecken wir eine Rötung in der Verdunklung, was darauf hinweisen könnte, dass die Lichtfluktuationen durch Staub bedingt werden—oder wir sehen eine farblich neutrale Verdunklung, was bedeuten könnte, dass ein fester Körper dafür verantwortlich ist."

Allerdings könnte es noch dauern, bis neue Daten den Spekulationen ein Ende setzen. „Die Verdunklungen in der Lichtkurve von KIC 8462852 sind ungewöhnliche, seltene Ereignisse; wir müssen uns also bis zum nächsten großen Lichtabfall gedulden", fügte Schaefer hinzu.

Die Verfasser des ursprünglichen Papers, das die Spekulationen ausgelöst hatte, sind ebenfalls an der Sache dran. Die Astronomin Tabby Boyajian leitet ein Forscherteam der American Association of Variable Star Observers (AAVSO), dass es sich zur Aufgabe gemacht hat, jeden Move des Sterns zu beobachten und zu analysieren.

Bis dahin bleibt uns nur die Faszination angesichts der Einzigartigkeit von KIC 8462852—ein eigentümlicher Stern, der über viele Monate die Forscher-Community in Atem hält und sich mit unserem bisherigen irdischen Wissen einfach nicht erklären lässt.