In nur 15 Jahren wird sich die Welt, wie wir sie heute kennen, vollständig verändert haben und das Zeitalter von Gas, Kohle und Atomenergie der Vergangenheit angehören. Auf der Grundlage sauberer Energiequellen und smarter Autos wird diese neue Epoche die Struktur unserer auf fossilen Treibstoffen basierenden Wirtschaft grundlegender und dauerhafter verändert haben, als es sich sogar die starrsinnigsten Fürsprecher grüner Energie heute vorzustellen wagen.
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Diese Thesen sind keine luftigen Hippie-Wünsche sondern das kühne Urteil von Tony Seba, welches er in seinem neuen Buch Clean Disruption of Energy and Transportation ausführt. Seba arbeitet als Dozent in Stanford, wo er Vorträge zu Themen wie Unternehmertum, innovative Technologien, saubere Energie hält. Er selbst hat verschiedene Silicon Valley Start-ups im Bereich Zukunftstechnologien und Energie mitbegründet.Sebas Karriere begann 1993 bei Cisco Systems, wo er innerhalb des US-Unternehmens die vom Internet befeuerte Smartphone-Revolution prognostizierte, während nicht wenige Telekommunikationsexperten noch am Aufbau einer Internetsstruktur für die gesamten USA zweifelten. Heute sieht er den nächsten unvermeidbaren technologisch befeuerten Wandel voraus: Die Revolution des Systems erneuerbarer Energien.In seinem neuen Buch erläutert Seba ausführlich, warum im Jahr 2030 „das industrielle Zeitalter im Energie- und Transportsektor vorbei sein wird"—ersetzt durch „sich exponentiell verbessernde Technologien wie Solar- und Elektroautos und automatisierte, sich selbst steuernde Fahrzeuge."Sebas Prognosen werden von einigen der renommiertesten Finanzinstitutionen und Energie- und Technologiefirmen der Welt ernst genommen. So hat Seba bei der jährlichen Global Technology Konferenz von JP Morgan eine Keynote zu dem, was er „clean disruption" nennt, gehalten. In seinem Vortrag in Hong Kong konzentrierte sich Seba vor allem auf die Zukunft des Verbrennungsmotors: Laut seiner Prognose wird ab 2017 und 2018 ein massenhafter Übergang von Autos mit Benzin- und Dieselmotoren zu Elektroautos einsetzen, wobei die E-Autos spätestens 2030 den Markt vollständig dominieren werden.Unsere PKWs werden laut Seba bis dahin außerdem zu autonomen Fahrzeugen geworden sein. Dieser grundlegende Wandel findet vor allem auf Grund revolutionärer Kostenrückgänge bei den Informationstechnologien statt und, weil Elektroautos 90 Prozent günstiger zu warten und betreiben sind als konventionelle PKWs.
Motoren des Wandels
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Das größte Hindernis in der Durchsetzung von Elektroautos für den Massenmarkt liegt in den Batteriekosten, die aktuell bei rund 400 Euro pro Kilowattstunde liegen. Innerhalb des nächsten Jahrzehnts werden diese Kosten jedoch drastisch zurückgehen. Bereits 2017 könnte mit rund 280 Euro pro Kilowattstunde eine magische Marke erreicht werden—der Batteriepreis ab dem E-Autos auch preislich mit Benzinern mithalten können.Seba rechnet damit, dass zwischen 2024 und 2025 ein Wert von 80 Euro erreicht sein wird. Und spätestens im Jahr 2030 werden „Benzinautos die Pferdekutschen des 21. Jahrhunderts sein."
Auch die globale Investmentfirma Baron Funds unterstützt in ihrem aktuellen Vierteljahresbericht Sebas Thesen: „Wir glauben, dass BMW sich innerhalb der nächsten zehn Jahre aus dem Geschäft mit Verbrennungsmotoren zurückgezogen haben wird." (Ihre Konkurrenten setzen auf eine ähnliche Entwicklung und investieren bei Tesla.)Zwei Tage nach seinem Vortrag bei der JP Morgan Veranstaltung sprach Seba vor dem diesjährigen Global Leaders Forum in Südkorea. Bei der vom koreanischen Wissenschafts- und Technologieministerium geförderten Konferenz referierte er über seine Ansichten zur anstehenden Energierevolution. In nur 15 Jahren rechnet er damit, dass Solar- und Windenergie in entsprechend umkämpften Märkten 100 Prozent zur Stromgewinnung beitragen werden ohne, dass dafür staatliche Subventionen notwendig seien.Solarpaneele sind heute 154 mal günstiger als 1970.
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Die Ökonomie der Erneuerbaren Energien
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Die Leistungsfähigkeit der global installierten Solaranlagen ist von 1,4 GW im Jahr 2000 auf 141 GW 2013 angestiegen. Das ist ein Anstieg um 43 Prozent. Die Kosten für Solarpaneele sind heute gleichzeitig 154 mal günstiger als 1970—ein Rückgang von 80 Euro pro Watt auf rund 50 Cent pro Watt.„Wenn wir diese Daten miteinander verbinden, dann werden wir feststellen, dass sich die Kostenbasis für Solarenergie im Vergleich zu Öl seit 1970 um das 5.355-fache verbessert hat. Konventionelle Energiequellen können da einfach nicht mithalten."
Die große Selbsttäuschung?
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Die Geschwindigkeit des Wandels
Seba verweist auf die Faustregel der positiven Feedback-Schleife, bei der sich die Expansion im Markt wesentlich beschleunigt sobald eine kritische Masse erreicht wurde, die historisch als ein Marktanteil von 15 bis 20 Prozent definiert wird. „In den USA gibt es momentan beispielsweise 300.000 installierte Solaranlagen. Bis 2022 werden es allein dort 20 Millionen sein", sagt Seba voraus. In hunderten Märkten auf der Welt ist auch nicht subventionierte Solarenergie bereits heute billiger als die staatlich subventionierte Kohle oder Atomenergie. Erst kürzlich machte ein neuer Bericht der Deutschen Bank Schlagzeilen. Darin rechnete das Unternehmen vor, dass die USA weiterhin auf einem guten Weg dahin seien, bis 2016 genauso günstig Solarenergie gewinnen zu können, wie mit der Stromerzeugung auf Grundlage fossiler Energieträger. Möglicherweise wir die Solarkraft sogar günstiger sein.Das Einzige was die Entwicklungen aufhalten könnte, sind staatliche Subventionen für Kohle, Öl, Gas oder Atomkraft—selbst wenn dies auf Kosten der Konsumenten geht.
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Seba widersprach auch den häufig im Zusammenhang mit Solarenergie geäußerten Sorgen einer gefährdeten Grundversorgung. Dazu verwies er mich beispielhaft auf die neue Solarreserveanlage, die mit einer Grundlast von 110 MW in der Wüste Nevadas läuft. Sie funktioniert auf der Grundlage geschmolzener Salzvorräte, mit denen Las Vegas auch bei Nacht mit Strom versorgt wird.Gleichzeitig steigt die Effizienz der Anlagen weiter, während die Kosten für Lithium-Ionen-Akkumulatoren soweit gefallen sind, dass nächtliche Speicheranlagen für Wind- und Sonnenkraftanlagen schon heute kosteneffizient betrieben werden können. Und da der Preis für Batterien pro Jahr um rund 14 bis 16 Prozent fällt, glauben einige Experten, dass die Kosten dieser li-on Anlagen bei 160 bis 200 kWh liegen werden. Laut Seba bedeutet das, dass „ein Betreiber mit rund zwölf Euro im Monat jeden Tag für acht Stunden eine Speicheranlage für seine Solarpaneele betreiben könnte—somit also die hohen Preisausschläge vermeiden und sich gleichzeitig an Programmen zur temporären Bedarfsdeckung beteiligen könnte.
Der jüngste Tag
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„Sollte die Solarenergie ihr exponentielles Wachstum aufrecht erhalten können, dann wird unser Energiesystem bis 2030 auf 100 Prozent Solarstrom basieren", erklärt Seba. „Das Einzige, was die Entwicklungen aufhalten könnte, sind Regierungen, die konventionelle Kohle, Öl, Gas oder Atomkraft schützen oder subventionieren—selbst wenn dies auf Kosten der Konsumenten geht."Auch wenn die Solarenergie schon heute Netzparität erreicht hat, so rechnet Seba damit, dass in fünf Jahren die „göttliche Parität" erreicht ist, wie er es nennt: Wenn die Stromproduktion mit Dachsolarpaneelen günstiger sein wird als die Kosten der Stromumwandlung und Einspeisung. Spätestens dann ist das ökonomische Ende fossiler Stromgewinnung vorprogrammiert. Denn selbst wenn diese vollkommen ohne Kosten (was unmöglich ist) Strom erzeugen, dann können sie niemals mit kleinen Solaranlagen mithalten. Nach dieser Rechnung müsste die konventionelle Energiewirtschaft spätestens nach 2020 langsam aber sicher dem bankrott entgegensteuern.Auch die Kosten für Windkraft, die Solarenergie bei Nacht und im Winter ersetzt, fallen. Auch andere Energiequellen (außer der Sonnenenergie) werden laut Sebas Analyse die fossile Energie in einem vergleichbaren Zeitraum abgehängt haben.„Wir stehen unmittelbar vor dem grundlegendsten Wandel von Industrie und Gesellschaft seit der industriellen Revolution. Das Modell großer, zentralisierter und von oben nach unten distribuierter Energieproduktion wird von modularen, gleichmäßiger verteilten, wissensbasierten und einer entlang der Konsumenten organisierten Stromgewinnung ersetzt werden. Der Wandel hat schon begonnen und die Revolution wird rasch von Statten gehen. Fossile Energiequellen sind schon heute obsolet bzw. werden es bald sein."Für Gilding, wie auch für Trainer, wird der Wandel zu sauberer Energie auch das ökonomische Wachstum wie wir es kennen verändern: „Letztlich müssen wir uns eingestehen, dass das Konzept eines endlosen ökonomischen Wachstums scheitern muss. Sogar mit billiger CO2-freier Energie können wir das gesellschaftliche Wachstum und den Fortschritt der Menschheit nicht anhand von Konsum definieren."Eines ist sicher: Aus den Ruinen der veralteten Energieparadigmen entstehen endlos viele Möglichkeiten einer post-industriellen Gesellschaft—und das passiert schon heute schneller, als wir es uns je vorzustellen vermochten. Denn: Immer mehr ist nicht genug für unseren Wohlstand.