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Der Jeep, der Schwangeren in Indien das Leben rettet

Ford hat es sich zur Aufgabe gemacht, werdenden und jungen Müttern in ländlichen Gebieten Indiens mit dem smarten Ford Endeavour Zugang zu medizinischer Versorgung zu ermöglichen.
Illustrator: Hisham Bharoocha

72 Prozent der indischen Bevölkerung, also rund 716 Millionen Menschen, leben noch immer auf dem Land. Und doch ist der Großteil der Ärzte und der medizinischen Ressourcen in städtischen Gebieten zu finden. Es überrascht also nicht, dass viele Leute kaum Zugang zur notwendigen medizinischen Versorgung haben. Vor allem eine Gruppe ist abgeschnitten von der Stadt und den medizinischen Einrichtungen besonders gefährdet: werdende Mütter.

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Das Projekt SUMURR – Sustainable Urban Mobility with Uncompromised Rural Reach – will das Problem in den Griff bekommen. Seit vier Jahren wird es vom Automobilhersteller Ford zusammen mit lokalen Partnern vorangetrieben. Kernstück des Programms ist der Geländewagen Ford Endeavour. Er hilft dabei, schwangere Frauen und junge Mütter mit den dringend notwendigen medizinischen Mitteln zu versorgen, zu denen sie und ihre Kinder zuvor keinen Zugang hatten. Durch eine spezielle Software gelang es zudem auch, bei der Erfassung wichtiger Daten in diesen Regionen zu helfen.

Das Pilotprojekt wurde im südindischen Bundesstaat Tamil-Nadu im Landkreis Kallakurichi durchgeführt, der in der Nähe der Stadt Chennai liegt. „Die Gesundheitsbehörde von Tamil Nadu ermutigte uns, nicht den leichten Weg zu wählen", erklärte Fords technischer Leiter für Innovation, K. Ventakesh Prasad, gegenüber Motherboard. „Wir sollten den schwierigen Weg wählen, und wenn es nicht klappen würde, würden wir zumindest etwas daraus lernen. Wir wollten den Menschen keinesfalls ein bisschen Geld geben, Fotos machen und dann wieder verschwinden, nur um ein halbes Jahr später zurückzukommen, Fotos lächelnder Kinder zu machen und das in unseren Jahresbericht einfließen zu lassen, um uns selbst auf die Schulter klopfen zu können", erklärte Prasad. „Geld zu geben ist einfach, der schwierige Teil ist aber, nachhaltig etwas zu verändern."

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Die nicht immer einfachen Lebensbedingungen in den Dörfern machen besonders werdenden Müttern zu schaffen. Das ist einer der Gründe dafür, dass 50 Prozent aller Schwangeren gefährdet ist, während der Schwangerschaft oder der Geburt Komplikationen zu haben. Von den gefährdeten Frauen werden zwei Prozent entweder selbst an den Folgen der Komplikationen bei der Geburt sterben, oder sie verlieren ihr Kind. Im schlimmsten Fall sterben Mutter und Kind.

Die entlegenen Dörfer Kallakurichis sind schwer zu erreichen. Es ist eine bergige Gegend, in der die Straßen aus Kies gebaut wurden und daher schwer zu befahren sind. So müssen die Krankenpflegerinnen der Dörfer entweder zu Fuß oder auf dem Fahrrad anreisen, und es ist keine Ausnahme, dass Schwangere während der gesamten Schwangerschaft keinerlei medizinische Versorgung erhalten.

In medizinischen Notfällen ist es natürlich entscheidend, diese Frauen schnell versorgen zu können. „Auf solch schwierigem Gelände gelangt der Endeavour an Orte, an die andere Fahrzeuge einfach nicht kommen", sagt Prasad. „Und völlig überraschend haben werdende Mütter begonnen, den Begriff Endeavour gleichbedeutend mit medizinischer Hilfe in Notfällen zu gebrauchen."

Die Lieferung von Arzneiwaren und der Transport von Frauen in Krankenhäuser oder zu Ärzten ist ein sehr wichtiges Element des Projekts SUMURR, um die Gesundheit der Frauen und ihrer Kinder sicherzustellen. Ein weiterer entscheidender Ansatz war aber auch die Verbesserung medizinischer Datenbanken dank neuer mobiler Big-Data-Verfahren.

Durch diese Verbesserung ist es für Ärzte und Pflegerinnen wesentlich einfacher, die eventuell gefährdeten Frauen aufzusuchen und damit deren Chancen auf eine erfolgreiche Geburt zu erhöhen. Zwar hat Indien einen sehr guten Ruf, was die Erstellung von Statistiken angeht, doch die Dorf-Krankenschwestern müssen die Daten oft noch händisch in einem Notizblock aufschreiben. So kommt es dann manchmal, dass sie einen stundenlangen Weg auf sich nehmen, und am vermeintlichen Ziel die Patientinnen nicht vorfinden können.

„Eine Dorf-Krankenschwester besucht die werdende Mutter, begrüßt sie und lernt sie ein wenig kennen. Doch bevor die Schwangere das letzte Drittel der Schwangerschaft erreicht, zieht sie für die Geburt oft in ihr Elternhaus zurück, in dem sie geboren wurde. Das kann bedeuten, dass die Krankenschwester nicht mehr weiß, wo sie ist", erklärte Prasad eine der Schwierigkeiten bei der Erstellung genauer Datenbanken. So war beispielsweise die Datenbank der Frauen in Kallakurichi unvollständig, nicht aktuell und wies fehlerhafte Einträge auf. Da das Team den Endeavour mit einer Cloud-App ausstattete, konnte eine voice-to-text Anwendung eingeführt werden, die die Verarbeitung von Echtzeitdaten ermöglichte. Dadurch konnten sowohl Ärzte als auch Krankenschwestern ihre Patienten erstens besser finden und zweitens ihren Gesundheitszustand und ihre Bedürfnisse besser nachvollziehen.

In den neun Monaten, in denen das Programm SUMURR getestet wurde, wurden 28 Dörfer erreicht, in denen insgesamt 42 Kinder ohne Komplikationen zur Welt gekommen sind—und das nur mit Hilfe eines einzigen Ford Endeavours. Die Reise ist hier aber noch lange nicht zu Ende. Ford möchte die medizinische Versorgung auch in den städtischen Gebieten verbessern. Große Städte wie zum Beispiel Delhi verzeichnen jährlich tausende Verkehrstote. Es gibt aber die sogenannte „Golden Hour"—ein kritisches Zeitfenster von 60 Minuten, in denen es entscheidend sein kann, medizinisch versorgt zu werden. Um die Überlebenschancen zu maximieren, sucht Ford nach Lösungen, um die Opfer schneller ins Krankenhaus transportieren zu können und um die Geschwindigkeit, mit der Ärzte Krankenakten aufrufen können, zu erhöhen. Es gibt noch viele Szenarien, in denen bereits ein smartes Auto etwas zur Verbesserung des Gesundheitswesens beitragen kann.