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Diese Unterwasserstadt soll uns vor dem steigenden Meeresspiegel retten

Wenn die unterirdischen Städte von morgen halten, was diese japanische Baufirma verspricht, dann wäre das Unterwasser-Leben durchaus eine Überlegung wert. Wir sehen uns dann in 15 Jahren, wenn Shimizu alles fertiggestellt hat.
​Der Teil der Ocean Spiral, in dem Menschen leben sollen. Alle Bilder: ​Shimizu

​Anfang des Jahres hat der Enkel des berühmten Meeresforschers Jacques Cousteau, Fabian, ​ein paar Interviews über die Zukunft des menschlichen Unterwasser-Daseins gegeben: „Mein Großvater glaubte", so sagte der jüngere Cousteau, „dass wir, sobald die Erde überbevölkert ist, anfangen, unter Wasser zu leben. Das wäre doch eine Möglichkeit."

Recht hat er—immer diese Dystopien! Wir müssen doch ​nicht gleich unseren Planeten verlassen, bloß weil wir die ​Erdoberfläche langsam aber sicher vollständig zerstören. Ein optimistische Alternative wäre es, wenn wir unseren Lebensmittelpunkt einfach eine Etage tiefer verlagern. Die japanische Konstruktionsfirma Shimizu Corporation hat nun eine solche fröhliche Anti-Apokalypse-Vision präsentiert: Die Lösung der drohenden Erderwärmung und Klimakatastrophen sieht die Firma in einer ungefähr 26 Milliarden Dollar teuren, kugelförmigen, futuristischen Unterwasserstadt. Um das ganze—wie zuversichtlich geplant—in 15 Jahren fertigzustellen, fehlen aktuell nur noch ein paar Investoren.

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Die Ocean Spiral ist eine nachhaltige Meereskleinstadt für 5000 Menschen, die ihre Energie aus dem Meeresboden bezieht—und außerdem ist sie „ein echtes Ziel, kein Wolkenkuckucksheim. Astro Boy hatte auch schon lange ein Mobiltelefon, bevor es die Geräte tatsächlich zu kaufen gab", gab der Unternehmenssprecher Himeo Imamura zu Protokoll. Will meinen: Er meint es todernst mit dem Entwurf.

Der Glaube an die Realisierbarkeit futuristischer Utopien überrascht nicht besonders, denn unter den ambitionierteren Projekten der japanischen Baufirma finden sich auch noch der Luna Ring—ein Energieband um den Mond, die fruchtbare Erschließung von dürrer Wüstengegenden durch das Einsetzen von Seen, schwimmende botanische Gärten und Weltraumhotels.

Und auch die Obayashi Corporation hat sich mit ihrem Weltraumaufzug ein eher sportliches Ziel für die nahe Konstruktionszukunft gesteckt.

Christian Dimmer, der am Department for Urban Engineering der Universität Tokyo unterrichtet, kennt das Phänomen, wie er dem Guardian berichtete:

„Wir hatten das schon mal in den 1980ern hier in Japan, als dieselben Unternehmen schwimmende Städte und Behausungen im Untergrund und auf kilometerhohen Türmen vorschlugen. Damals war der nationale Bauboom der Wirtschaftsblase gerade auf einem Höhepunkt war. Es ist ja schon gut, wenn sich kreative Köpfe überlegen, wie wir als Gesellschaft mit dem Klimawandel oder dem steigenden Meeresspiegel klarkommen könnten, aber ich hoffe, dass wir dabei nicht vergessen, an eine moderne und demokratischere urbane Zukunft zu denken, die Bürger aktiv mitgestalten können, statt nur Beifahrer in der Meeresutopie eines Unternehmens zu sein."

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In der diesjährigen Meeresutopie von Shimizu fristen wir jedenfalls unser Dasein in kugelförmigen, ziemlich spektakulär aussehenden Städten, die mit 500 Metern Durchmesser im Meer schwimmen. In wenigen Jahren, so lässt das Unternehmen zuversichtlich verlauten, könne die Ocean Spiral startklar sein.

Vorerst gibt es allerdings nur eine ausführliche ​Reisebroschüre, die Investoren anlocken soll.

Die Stadt soll 5000 Menschen fassen und aus drei Teilen bestehen: Der Pod, in dem Wohnanlagen, Geschäfte, Büros und Hotels untergebracht sind, schwebt nah unter der Wasseroberfläche. Er ist verbunden mit einer 15 Kilometer langen Spirale.


Auf dem unteren Level ist diese Spirale mit einer Fabrik verbunden, die im Meeresboden verankert ist. Diese benutzt Mikroorganismen, um Kohlendioxin in Methan umzuwandeln. Generatoren, die entlang der Spirale verteilt sind und die zu der eigentlichen Stadt führen, sollen zusätzliche Energie durch das thermale Gefälle in den Wasserschichten erzeugen und den Elektrizitäts- und Wärmebedarf der Stadt decken. Zu Essen gäbe es wohl hauptsächlich Fisch, der in Farmen rund um die Struktur gezüchtet würden.

Die Wasserversorgung geschieht über hydraulische Pressen, die als Entsalzungsanlagen fungieren, über die Abwasserentsorgung dagegen schweigt sich die Broschüre bislang noch höflich aus.

Dann bleibt nur zu hoffen, dass du deine Mitmenschen dort unten auch sympathisch findest—so schnell kommst du hier nämlich nicht mehr weg, und möglicherweise wird auch Fische zählen irgendwann langweilig.

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Doch die Idee, das Leben ins Meer zu verlagern, findet Anklang im Inselstaat Japan—eine Nation, die seit jeher mit der ständigen Bedrohung von Tsunamis und Erdbeben lebt.

Noch ist allerdings die ein oder andere kleine physikalische Hürde zu nehmen, unter anderem der Druckausgleich, Materialfragen und die genaue Funktionsweise des Meereswärmekraftwerks, das sich das Temperaturgefälle zwischen den oberen und tiefer liegenden Schichten des Ozeans zunutze macht. Auch die Verankerung am Meeresboden klingt erstmal eher abenteuerlich, wen man daran denkt, wie Erdbeben und Taifune entstehen.

Probleme gäbe es dann eher wieder bei der Rückkehr ins Trockene, so der Forschernachkomme Fabian Cousteau: „Wir können nicht einfach auftauchen, der Körper ist gesättigt mit Stickstoff."

Coustaeu hält sein Entdeckerdrang trotzdem nicht an Land. Nachdem er einen Monat in einer Unterwasserstation verbracht hat und dabei ​seinen Körper an stundenlange Tauchgänge gewöhnte, würden wir ihn jetzt höflich darum bitten, uns einen Bericht bei Tripadvisor zu hinterlassen, damit wir uns für den nächsten Traumurlaub unter Wasser rüsten können.