Iconoclast, das ist eine stolze 240 Minuten lange Dokumentation. Trotzdem reicht die Zeit gerade mal aus, um dir alle Neigungen eines Blake Boyd Rice nahe zu bringen—des „gefährlichsten Künstlers der Welt“. Boyd ist sein richtiger Name, das solltest du zu allererst einmal wissen. Sein Vater war sein ganzes Leben lang frustriert, einen Mädchennamen tragen zu müssen (Beverly) und gab ihm den männlichsten Namen überhaupt. Schon das verrät viel über seinen zukünftigen Charakter. Trotzdem unterliegt er in seiner Teenagerzeit in Südkalifornien zuerst Trends wie Glam Rock, gekämmtem Haar und Plateauschuhen. Seine Helden sind die New York Dolls. Er hat sich schon in seinen geistigen Bunker verkrochen, als es an das Abschlussprojekt des Schuljahres geht: Während seine Mitschüler Tische oder Regale bauen, bringt Boyd riesige Bretter mit in den Unterricht. Er will das Kreuz Jesu herstellen. Hart
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Alles bewegt sich dem Ende der Doku entgegen: die Vampir-Ästhetik („Ich schlafe in einem Sarg“) und akademischen Tagungen (!), Exorzismus und gnostische Diskussionen mit Bob Larson, Tour-Späße mit Douglas Pearce, Dwid Hellion, die Buße von Rozz Williams, die Gestaltung der Bar Tiki Boyd’s in Denver (um seine exotischen Triebe zu befriedigen) und die Gründung der Kunstbewegung UNPOP (dem Symbol einer Nazifantasie in der Gegenkulturbewegung). Sex, Drogen und der Heilige Gral fehlen komischerweise in diesem Film. Wir sollten die Liebesbriefe an Giddle lesen (mit dem er ein Album mit französischen Coversongs der 60er Jahre unterzeichnete …). Boyd—Genie oder groteske Figur? Der Dokumentarfilm ist dennoch irgendwie amüsant (für vier verhältnismäßig belanglose Stunden). Dies ist wiedermal einem kitschigen Format geschuldet: Ein Drop Down-Menü, viele, viele Fotos und Schnitte, ein obsessiver Soundtrack. Larry Wessel muss bei der Produktion großen Spaß gehabt haben. Und wir auch beim Zusehen—verdammte Scheiße.