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Verbrechen

Ein 68-Jähriger begeht den vielleicht traurigsten Banküberfall des Jahres

Der Mann aus Kassel nannte auf Nachfrage eines Angestellten seinen Vor- und Nachnamen.
Zwei Lego-Männchen in einem Banküberfall Graffiti auf einem Kiosk
Foto: imago | Norbert Schmidt

Gäbe es ein Tutorial für Banküberfälle, würden darin wahrscheinlich folgende Hinweise stehen: Versteckt euren Personalausweis zu Hause in eurer Unterwäscheschublade. Sorgt dafür, dass der Fluchtwagen aufgetankt ist. Und nennt niemals, unter keinen Umständen, euren vollen Namen. Auch nicht, wenn euch ein Bankangestellter danach fragt. Klingt nach einer überflüssigen Regel? Nicht unbedingt: Denn ein Räuber aus Kassel war am Montag so auskunftsfreudig, dass es ihm zum Verhängnis wurde.

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Wie das Polizeipräsidium Nordhessen in einer Pressemitteilung schreibt, hat der Mann am Nachmittag eine Bankfiliale in der Gemeinde Bad Zwesten betreten. Dort teilte er einem Angestellten mit, dass es sich bei seinem Besuch um einen Überfall handelt. Doch statt sich panisch unter seinen Schreibtisch zu retten, habe dieser dem Räuber der Polizei zufolge "nur eingeschränkte Beachtung" geschenkt. Und ihn nach seinem Namen gefragt.

"Reflexartig" habe der Verbrecher seinen Vor- und Nachnamen genannt, so die Polizei weiter. Daraufhin habe der Bankangestellte dem Mann erklärt, er könne ohne Konto auch kein Geld bei der Bank abheben. Womöglich aus Verzweiflung darüber, dass er nicht ernst genommen wird, hat der Räuber in seine Jacke gegriffen und so getan, als ziehe er eine Waffe aus der Tasche. Allerdings brachte ihm auch dieser Gangster-Move keinen Erfolg ein.


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Denn auch eine andere Angestellte der Bank hatte offensichtlich nicht vor, den Räuber mit gebündelten Scheinen zu bewerfen. Die Bad Zwestener Bank sei eine bargeldlose Filiale, sagte die Mitarbeiterin. Und brachte den Kriminellen damit offenbar dazu, seine Pläne endgültig über Bord zu werfen. "Nach dieser entmutigenden Aussage ist der Täter ohne Beute von dannen gezogen", schreibt die Polizei.

Die Polizei nahm den 68-jährigen Räuber bereits am nächsten Tag fest.

Viel Zeit, sich von seinem niederschmetternden Erlebnis zu erholen, blieb dem Räuber nicht. Anhand seines Namens und der Bilder der Überwachungskamera konnten die Beamten und Beamtinnen den 68-jährigen Mann aus Kassel ausfindig machen, heißt es in der Mitteilung. Bereits am Dienstag wurde der Mann festgenommen und anschließend der Haftrichterin am Amtsgericht Fritzlar präsentiert. Diese schickte ihn in Untersuchungshaft.

Noch ist nicht bekannt, ob der Mann seinen Coup wegen seiner flatternden Nerven vermasselte oder einfach nur zu gute Manieren hat. Wie ein Sprecher der Polizei gegenüber VICE erklärte, seien ihm keine psychischen Erkrankungen des 68-Jährigen bekannt. Er könne aber nicht sagen, welche Gutachten in anderen Verfahren festgestellt wurden. Der Täter habe überdies keinen festen Wohnsitz und sei nicht mit einer Adresse gemeldet. Es handele sich bei dem Räuber aber nicht um einen Obdachlosen. Sollte der Mann vor Gericht schuldig gesprochen werden, wäre zumindest seine Wohnsituation längerfristig geklärt. Mit seinem Slapstick-Banküberfall geht der 68-Jährige ziemlich sicher in die Geschichte der ungewöhnlichsten Kriminellen des Jahres ein.

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